MiFID II als Kooperationskatalysator

17.01.2018

Sebastian Hasenack, Gründer und Geschäftsführer von investify / Foto: © investify

Digital, kostengünstig und individuell

Eine mögliche Lösung finden klassische Finanzinstitute in der digitalen Welt: beim Robo Advisor. Die Fintech-Plattformen könnten sich in naher Zukunft zu wichtigen Kooperationspartnern der Banken entwickeln, etwa wenn es darum geht, die individuelle Anlagenberatung weiterhin zu erhalten. Denn auch die automatisierte Geldanlage hat sich weiterentwickelt. Die jüngste Generation der Robo Advisor bietet Kunden nicht mehr nur standardisierte ETF-Portfolios an, sondern eine individuelle und voll digitale Vermögensanlage.

Das ist nur scheinbar ein Gegensatz. Zwar wird in der Anlagewelt Individualität noch häufig mit persönlicher Beratung gleichgesetzt. In anderen Bereichen der Wirtschaft allerdings hat sich längst die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Digitalisierung Individualität in einem ganz neuen Ausmaß ermöglicht. Das äußert sich in der Co-Creation verschiedenster Produkte vom Fruchtgummi bis zum Auto, aber auch in immer besser auf Kunden zugeschnittenen E-Commerce-Angeboten.

In die Welt der Geldanlage lässt sich diese Entwicklung etwa mit branchen- und themenbasierten Investmentstrategien übersetzen, die in unterschiedliche Bereiche wie zum Beispiel Cybersecurity, Robotik oder ethische Produkte investieren. Die Themenanlagen im Portfolio der Kunden ergänzen eine breit diversifizierte Basisanlage aus kostengünstigen Aktien- und Anleihe-ETFs, die sich nach der jeweiligen Risikoneigung des Anlegers zusammensetzt. Auf diese Weise ermöglichen digitale Vermögensverwalter eine Anlagestrategie, mit der sich Anleger identifizieren können und die den persönlichen Bedürfnissen entspricht. Gleichzeitig erhöht das die emotionale Bindung des Anlegers an sein individuell zusammengestelltes Portfolio. Die Zusammensetzung des Portfolios ergibt sich aus einer Auswertung des Anlageprofils, das zuvor digital über die Robo-Advisory-Plattform erstellt wurde. Dazu zählt neben der Risikoneigung unter anderem auch die bereits vorhandene Investmenterfahrung sowie die Risikotragfähigkeit des Kunden, also wie viel Vermögen vorhanden ist und wie gut er mit möglichen Verlusten umgehen kann.

Weniger Bürokratie dank Robo Advisor

Der Vorteil der digitalen Vermögensverwaltung liegt für den Kunden vor allem in den geringen Kosten. Denn die digitalen Vermögensverwalter setzen vorwiegend auf kostengünstige, passive Anlageprodukte wie ETFs. Das ermöglicht Anlegern eine Vermögensverwaltung bereits mit geringen Beträgen. Denn die klassische aktiv gemanagte Vermögensverwaltung der Finanzinstitute richtet sich in der Regel aufgrund des zeit- und kostenintensiven Service an besonders vermögende Privatanleger, die Beträge im mittleren sechsstelligen Bereich in ihre Geldanlage stecken. Beim Robo Advisor hingegen sind die Serviceleistungen mit einer geringen Pauschalgebühr abgedeckt. Für das Monitoring des Depots und das Management der Anlagestrategien fallen also keine zusätzlichen Kosten an. Ein weiterer Pluspunkt: ein hohes Maß an Flexibilität. Beim digitalen Vermögensverwalter haben die Kunden zu jeder Zeit und von überall Zugriff auf ihr Depot und können ihre Einzahlungen an ihre jeweilige Lebenssituation anpassen. Vorteile, von denen auch Banken im Rahmen einer Kooperation profitieren könnten. Denn dank der transparenten und digitalen Vermögensverwaltung lässt sich der für die Finanzhäuser durch MiFID II entstandene Verwaltungs- und Bürokratieaufwand eindämmen.

Vertrieb über neues Hybrid-Modell

Wie solch eine Kooperation aussehen kann, zeigt die Zusammenarbeit des Fintechs investify mit der Hamburger Sparkasse (Haspa). Kunden der Haspa bekommen dadurch die Möglichkeit, das digitale Angebot von investify zu nutzen. Die Haspa agiert dabei als Vermittler, investify stellt die Plattform, die IT sowie alle regulatorischen Rahmenbedingungen zur Verfügung. Die Anlageprodukte, die Haspa-Kunden beim digitalen Vermögensverwalter auswählen können, werden auf Wunsch des Kooperationspartners angepasst. Vertrieben wird der investify-Service über ein bislang einzigartiges Hybrid-Modell: Kunde werden können Anleger sowohl online über die investify-Webseite als auch in ihrer Haspa-Filiale vor Ort. Dort haben sie die Möglichkeit, mit einem Berater die verschiedenen Investmentideen durchzusprechen und gemeinsam ein Depot zu eröffnen.

Wo sich also derzeit noch Banken den Problemen und Herausforderungen der neuen Regulatorik stellen, entstehen anderorts vielversprechende Kooperationen, welche den Anlagemarkt auf Dauer revolutionieren können – und sowohl den Kunden als auch den Beratern das Geschäft in Zukunft erleichtern können.

Gastbeitrag von Sebastian Hasenack, Gründer und Geschäftsführer von investify