Haftet der Makler wegen befristeten Anerkenntnissen?

17.07.2017

Björn Thorben M. Jöhnke / Foto: © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Der Versicherer ist wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach – und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Objektiv treuwidrig handelt der Versicherer, der bei naheliegender Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung seiner Leistungspflicht durch das Angebot einer befristeten Kulanzleistung hinausschiebt und so das nach Sachlage gebotene Anerkenntnis unterläuft. Derartige Vereinbarungen fordern vor ihrem Abschluss klare, unmissverständliche und konkrete Hinweise des Versicherers darauf, wie sich die vertragliche Rechtsposition des Versicherungsnehmers darstellt und in welcher Weise diese durch den Abschluss der Vereinbarung verändert oder eingeschränkt wird. Die Beklagte durfte somit auf Basis der vorliegenden Vereinbarung weitere Leistungen für den Zeitraum von Januar bis Oktober 2012 nicht ablehnen. Erst danach entfiel bedingungsgemäß die Leistungsverpflichtung.

Der Beklagten war es zum Zeitpunkt der Vereinbarung unbenommen, die Klägerin selbst durch einen Sachverständigen untersuchen zu lassen. Jedoch sprach zum Zeitpunkt der Vereinbarung bereits viel für eine bereits gegebene Leistungspflicht der Beklagten. Nach den besonderen Bedingungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung muss der Versicherungsnehmer nur eine – auch nur voraussichtlich – ein halbes Jahr andauernde, den bedingungsgemäßen gerad erreichende Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit belegen. Der hier vorliegende Nachweis des so geregelten Versicherungsfalles lag auf der Grundlage des für die Bundesagentur für Arbeit erstellten, der Beklagten auch vorliegenden, medizinischen Gutachtens nahe. Auch war die Klägerin bereits Anfang des Jahres 2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Damit war im Ergebnis die Befristung des Versicherers als treuwidrig zu werten.

Woraus sollte in der Praxis geachtet werden?

Die Entscheidung des BGH ist folgerichtig und begrüßenswert. Bei Befristungen der Berufsunfähigkeitsleistungen durch Versicherer darf nicht die überlegene Sach- und Rechtskenntnis des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer vergessen werden. Vor diesem Hintergrund sind hohe Ansprüche an die Belehrungen der Versicherer in derartigen Vereinbarungen gesetzt. Auch hat der Versicherer die ihm vorliegenden medizinischen Unterlagen in der Gesamtheit zu bewerten und notfalls eigene Erhebungen mittels weiterer medizinischer Begutachtung einzuholen, bevor er über seine Leistungspflicht entscheidet. Sich einer weiteren Leistungsverpflichtung zu entziehen und den Versicherungsnehmer weiterhin auf den Status des Erstprüfungsverfahrens zu verweisen, war damit als treuwidrig einzustufen. Der Unterschied von dem Erstprüfungs– zu dem Nachprüfungsverfahren ist für den Versicherungsnehmer entscheidend: im Nachprüfungsverfahren dreht sich nämlich die Beweislast zulasten des Versicherers. Vor diesem Hintergrund sollten Versicherungsmakler auf Haftungsgründen derartige „Kulanz-Angebote“ nicht ungeprüft von den Kunden unterzeichnen lassen und stets juristische Unterstützung in Anspruch nehmen, damit im Einzelfall die Rechte und Ansprüche der Versicherungsnehmer gewahrt werden können.

Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Gründer und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

www.joehnke-reichow.de