BU-Versicherung: Ein Trend mit Fragezeichen

18.03.2019

Hendrik Scherer, Geschäftsführer PremiumCircle Deutschland GmbH / Foto: © PremiumCircle Deutschland GmbH

Was taugen die temporären Leistungen?

Aktuell zeichnet sich ein Trend ab innerhalb der BU-Bedingungen bei bestimmten definierten Ereignissen oder Erkrankungen Leistungen für einen begrenzten Zeitraum mit anscheinend vereinfachten Nachweisen zu implementieren, ohne das die bedingungsgemäße Definition einer Berufsunfähigkeit geprüft wird.

Die AXA hat beispielsweise in ihren Versicherungsbedingungen für die selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung (Druckstück D_1350_21013262_12.18_C) folgende Regelungen für Leistungen bei speziellen Beeinträchtigungen (Punkt 1.2.10 bis 1.2.11) aufgenommen (Auszug):

Ist die versicherte Person weder berufsunfähig noch berufsunfähig infolge Pflegebedürftigkeit oder Demenz, tritt bei ihr während der Versicherungsdauer aber eine spezielle Beeinträchtigung im Sinne des nachfolgenden Absatzes ein, erbringen wir folgende Leistungen - längstens für 24 Monate:

-Eine spezielle Beeinträchtigung im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person aufgrund einer ärztlich nachgewiesenen Gesundheitsstörung

- voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen bei der Fortbewegung ständig auf einen Rollstuhl angewiesen oder dies bereits sechs Monate ununterbrochen gewesen ist; in diesem Fall liegt eine spezielle Beeinträchtigung bereits von Beginn der Sechs-Monats-Frist an vor.

- die Hörfähigkeit beider Ohren vollständig verloren hat und der Hörverlust und dessen Ausmaß nicht durch zumutbare Hilfsmittel (z. B. Hörgerät) gebessert werden kann (der Hörverlust für gesprochene Wörter (500 Hz - 3 kHz) muss auf beiden Ohren jeweils mindestens 80 Dezibel betragen);

- die Sehfähigkeit beider Augen vollständig verloren hat und der Sehverlust und dessen Ausmaß nicht durch zumutbare Hilfsmittel (z. B. Brille/Kontaktlinsen) gebessert werden kann (Alternative 1: Das Restsehvermögen (Restsehschärfe/Visus) beträgt insgesamt nicht mehr als 0,05 oder 3/60; Alternative 2: Das Gesichtsfeld für die Schwarz- Weiß-Wahrnehmung ist auf weniger als 15 Grad Abstand vom Zentrum in alle Richtungen eingeschränkt).

Auf den ersten Blick suggeriert eine solche Formulierung, dass bei einer der genannten Beeinträchtigungen eine Leistung bis zu 24 Monaten erbracht wird, ohne das ein langwieriges Prüfungsverfahren erforderlich ist. Schaut man sich die Formulierungen genauer an, stellt man fest, dass eine derartige Regelung  im Ansatz zwar gut gedacht, aber handwerklich schlecht gemacht ist. Die Definition des Nachweises lautet: ….aufgrund einer ärztlich nachgewiesenen Gesundheitsstörung.

Es fehlt die Konkretisierung, was damit gemeint ist. Wie soll der Nachweis geführt werden? Welcher Arzt soll dies bescheinigen? Gelten die bedingungsgemäßen Pflichten und Nachweise im Leistungsfall auch für die speziellen Beeinträchtigungen? Aufgrund der fehlenden Konkretisierung und nicht vorhandenen klaren Differenzierung gegenüber den Pflichten und Nachweisen im Leistungsfall bleiben leider einige Hintertüren offen, um im Leistungsfall eine Leistung möglicherweise ablehnen zu können. Einige andere Anbieter arbeiten ebenfalls bereits mit Regelungen bei speziellen Beeinträchtigungen. Da derartige Regelungen von den Anbietern als effektive Mehrwerte vermarktet werden, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, ist davon auszugehen, dass etliche Anbieter nachziehen werden.

Solange die Fülle der unverbindlichen Formulierungen und unbestimmten Begriffe nicht soweit wie möglich in den AVB  beseitigt werden, bringen solche „Innovationen“ nicht den Mehrwert, den Sie bringen könnten und sind zunächst nichts weiter als gut gemachtes Marketing.

Kolumne von Hendrik Scherer, Geschäftsführer PremiumCircle Deutschland GmbH