Zukunft für Finanzberater

11.05.2016

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Jede Situation bietet verschiedene Möglichkeiten der Bewertung: Man kann sich auf die positiven oder auf die negativen Aspekte konzentrieren. Die aktuellen Veränderungen in unserer Gesellschaft fordern eine sehr differenzierte Betrachtung, um die Chancen darin zu erkennen.

Am vergangenen Montag war es mal wieder soweit: Zur besten Sendezeit wurde in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ über Sinn und Nutzen der Riester-Rente diskutiert. Die teilnehmenden Diskussionspartner tauschten dabei mehr oder weniger wertvolle Fakten aus. Eine Schelte in Richtung Finanz- und Versicherungsberater durfte hier natürlich auch wieder nicht fehlen. Es war also fast wie immer bei medialen Diskussionen zu Finanzfragen: Der Verbraucher wurde extrem verunsichert und in seiner Skepsis gegenüber Finanzthemen bestärkt. Wer sich mal die Mühe macht, die gesamtökonomische Entwicklung unserer Gesellschaft aus einer strategischen Sicht zu bewerten, muss erkennen, dass solche Verunsicherungen genau das falsche Signal setzen. Wer dem Verbraucher heute rät, nicht mehr zu sparen, unterschätzt ein erhebliches Gefahrenpotenzial für unsere Gesellschaftsordnung und forciert die kommende Altersarmut.

Verspieltes Vertrauen.

In den vergangenen dreißig Jahren wurden leider viele Fehler gemacht: Ermöglicht durch eine viel zu liberale Wirtschaftspolitik hat sich der Bankensektor quasi von der Realwirtschaft entkoppelt und durch immer kreativere Finanzinstrumente seine Gewinne maximiert. Das System überhitzte schließlich und gipfelte in einer noch nie dagewesenen, weltweiten Finanzkrise. Das Vertrauen der Verbraucher in die Beratung durch unsere Banken befindet sich heute nahe dem Nullpunkt. Die Versicherer haben es in der Vergangenheit auch nicht viel besser gemacht: Intransparente und überteuerte Produkte lassen seit Jahren das Vertrauen in die Branche schwinden, da hilft auch die starke Lobbyarbeit nur bedingt. Die „Liste des Schreckens“ mit den Ursachen des verlorenen Verbraucher-Vertrauens ist natürlich beliebig weiterzuführen und wurde von unserer Gilde auch vorangetrieben: Initiatoren-Pleiten, Betrugsfälle oder Luxus-Reisen auf Versichertenkosten sind nur eine kleine Auswahl unerfreulicher Puzzlesteine. Im Ergebnis entsteht daraus jedoch ein unerwünschtes Gesamtbild: Noch nie war das Vertrauen in die Finanzbranche so gering wie heute und es wundert deshalb nicht, dass immer häufiger das Zitat zu hören ist: „Ich lege mein Geld lieber unters Kopfkissen, da weiß ich, wo es ist!“.

Gravierende Folgen.

Lassen wir diesen Gedanken doch einmal zu, dass nicht mehr gespart wird, und bewerten die möglichen Folgen daraus: Die Schere zwischen Arm und Reich wird sich dadurch zwangsläufig weiter vergrößern, denn bereits vorhandenes Vermögen arbeitet nun einmal weiter und die Nachkriegsgeneration hat Vermögen in unbeschreiblicher Höhe angesammelt. Diese Sach- und Substanzwerte werden an die jüngere Generation weitervererbt, während der Großteil unserer Bevölkerung gar nicht mehr oder ganz einfach falsch spart (vorrangig in Geldwerten). Die Kosten für unseren Sozialstaat werden sich massiv erhöhen. Aus heutiger Sicht weist unsere Bevölkerungsentwicklung dafür in eine düstere Zukunft: Wir haben bereits heute nach Japan das zweithöchste Durchschnittsalter weltweit, leisten uns aber einen noch nie dagewesenen Lebensstandard. Unsere Lebenserwartung wird sogar noch weiter steigen, unterstützt durch eine immer bessere gesundheitliche Versorgung. Die zu kalkulierenden Rentenversorgungszeiten werden sich also noch weiter erhöhen. Um die hierdurch entstehenden Mehrkosten zu bewältigen, kann der Staat dann entweder Sozialleistungen kürzen, Abgaben erhöhen oder auch beides zusammen veranlassen. Die Lebenshaltungskosten kennen seit Jahren gefühlt nur eine Richtung: nach oben. Vor allem in Ballungsgebieten kann eine Durchschnittsfamilie heute nur auskömmlich leben, wenn beide Lebenspartner berufstätig sind. Die Folge ist eine geringe Geburtenrate und somit eine geänderte Alters-Architektur unserer Gesellschaft, was eigentlich das Ende des Generationenvertrages zur Folge haben müsste. Natürlich gibt es da in erster Linie eine Menge Aufgaben für die Politik: Arbeit und Engagement sollten sich lohnen in unserem Land, wir brauchen wieder mehr soziale Gerechtigkeit, Eigenvorsorge sollte unterstützt und nicht bestraft werden, u. v. m.