Wie lösen Sie Probleme mit der Vermögensschaden-Haftpflicht?

25.07.2013

**„Klagewelle geschlossene Fonds“

Die Krise der geschlossenen Fonds betrifft viele Finanzdienstleister. Je erfolgreicher man geschlossene Fonds vermittelt hat, desto größer die statistische Chance von Anlegeranwälten, künftig vermehrt in Anspruch genommen zu werden.**

Was den Versicherungsschutz anbelangt, erlebt so mancher Berater oder Vermittler dabei sein blaues Wunder. Ein Expertengespräch mit Daniel Blazek (BEMT Rechtsanwälte) und Ralf W. Barth, Geschäftsführer CONAV Consulting GmbH & Co. KG.

finanzwelt: Herr Blazek, Herr Barth, über Ihre Schreibtische wandern viele Fälle von behaupteter Falschberatung in Zusammenhang mit geschlossenen Fonds, in denen die Haftpflichtversicherer involviert sind. Können sich die Finanzdienstleister auf ihre Versicherer verlassen?

Blazek: Das Zusammenspiel läuft nicht immer gut. Nach meiner Erfahrung liegt dies aber oft daran, dass der Berater seine eigenen Versicherungsbedingungen nicht kennt und sich hinterher wundert, wenn die Versicherung Klauseln, die zugegebenermaßen teilweise verwundern können, anders auslegt, als er es sich wünscht.

Barth: Beim Abschluss einer Vermögensschaden-Haftpflicht (VSH) liegt der Fokus der Vermittler häufig auf der Prämie für die VSH-Police. Dass deutliche Unterschiede in den Prämien auch deutliche Unterschiede in den Leistungen beinhalten können, stellen manche Vermittler mit Schrecken erst im Schadensfall fest. Denn das Wesentliche steht im Kleingedruckten. Wenn etwas nicht oder unzureichend gedeckt ist oder Klauseln die Deckung einschränken, dann ist ein ablehnendes Verhalten der VSH-Versicherer formal korrekt, wenn auch sehr ärgerlich für die betroffenen Vermittler.

finanzwelt: Welches sind denn die häufigsten Auslegungsprobleme?

Blazek: In unserer Tätigkeit geht es häufig um schwammig formulierte Kategorien und die richtige Einordnung in diese Kategorien durch den jeweiligen Sachbearbeiter. Einige geschlossene Fonds beschreiben zwar eine bestimmte Zieltätigkeit, z. B. Factoring oder die Realisierung von Immobilienprojekten, stellen aber in der ersten oder zweiten Ordnung tatsächlich nichts anderes dar als eine Unternehmensbeteiligung, weil sich der Fonds lediglich an einer anderen Gesellschaft beteiligt, die dann vielleicht Gewinnmacht oder sich wiederum an einer anderen Gesellschaft beteiligt. Der Sache nach ist das also eher der Bereich des Private Equity, aber nicht des Factorings oder Leasings oder was auch immer. Der jeweilige Sachbearbeiter sieht das häufig nicht so.

Barth: Neben der Zuordnungsproblematik, wie Herr Blazek sie richtigerweise geschildert hat, gibt es immer wieder die Problematik, wie denn der Anspruch zwecks Regulierung des geforderten Schadens formuliert ist. Wenn z. B. Ansprüche so formuliert werden, dass nicht versicherte Umstände wie Renditeversprechen oder Totalverlust einer Kapitalanlage als Vorwurf genannt werden, obwohl eine klassische Falschberatung zugrunde liegt, dann ist durchaus nachvollziehbar, wenn der VSH-Versicherer den Schaden bedingungsgemäß ablehnt, weil für derartige Risiken eben kein Versicherungsschutz geboten und gewährt wird.

finanzwelt: Herr Blazek, wird Ihrer Erfahrung nach Versicherungsschutz auch häufig verwehrt, weil der Finanzdienstleister seinen Pflichten nicht nachkommt?

Blazek: Durchaus. Das ist dann immer besonders bedauerlich. Zum Beispiel gehört das Vorweisen einer Beratungsdokumentation oder das Vorhandensein eines IDW-Gutachtens oft zu den Voraussetzungen für den Versicherungsschutz. Viele Finanzdienstleister haben in den letzten Jahren mehrfach ihre Unternehmensanbindung geändert bzw. waren für wechselnde Produktgeber tätig, und scheitern jetzt daran, dass sie ihre Unterlagen nicht mehr herbeischaffen können. Bei Finanzdienstleistern hat man es in aller Regel mit erfolgsorientierten Menschen zu tun und nicht unbedingt mit den besten Buchhaltern.

finanzwelt: Herr Barth, hatten Sie eigentlich in den letzten Wochen vor Ablauf der Übergangsfrist zu § 34f GewO viel zu tun?

Barth: Ja, natürlich. Viele Vermittler mussten sich mit der neuen gesetzlichen Situation erst einmal vertraut machen, um sich innerhalb der neu regulierten Produktkategorien des § 34f Abs. 1 Ziffer 1 bis 3 GewO für ihre persönliche Ausrichtung und die damit verbundene VSH-Versicherung entscheiden zu können. Dadurch hat sich die Anfragemenge in den letzten Wochen deutlich verstärkt. Zudem stellten die Vermittler sehr viele Fragen um die Regulierung und der damit verbundenen neuen Arbeitsweise.

finanzwelt: Dürfen denn überhaupt noch viele Finanzdienstleister in Zusammenhang mit Vermögensanlagen beraten?

Blazek: Zum 15. Juni 2013 haben sich wohl knapp 17.000 Personen für Investmentfonds registrieren lassen bzw. dies beantragt, für geschlossene Fonds waren es wohl knapp 5.000. Ich denke, dass diese Zahlen noch etwas gestiegen sind. Für alle anderen gilt jedoch, dass sie neue gewerberechtliche Erlaubnisse beantragen müssen ohne gewisse Erleichterungen, die noch bis zum 30. Juni 2013 möglich waren. Deren bisherige Erlaubnis zur Anlageberatung nach § 34c Abs. 1 Nr. 2 GewO ist nun erloschen.

finanzwelt: Erlischt damit automatisch auch der Versicherungsschutz?

Barth: Sofern zuvor schon eine VSH-Police bestanden hat, so musste diese ebenfalls bis zum 30.06.2013 angepasst werden. Wer darüber hinaus eine nicht angepasste VSH-Police innehat und einer nicht zugelassenen Tätigkeit nachgeht, kann sicherlich nicht erwarten, dass eine Vermögensschaden-Haftlicht-Versicherung für die daraus resultierenden Schäden aufkommt.

Finanzwelt: Soweit nicht eine weitergehende Erlaubnis nach § 34f GewO mit entsprechender Versicherung besteht, haben es viele Finanzdienstleister mit sogenannten Altfällen zu tun. Was sind denn dort die hauptsächlichen Probleme?

Blazek: Über die sonstigen Probleme hinaus geht es ausmeiner Sicht dabei häufig um die zeitlich begrenzte Nachhaftung. Aber das alles wird noch katalysiert durch zwei weitere Umstände: Den Eifer der Anlegeranwälte sowie dadurch, dass der BGH im Mai bestimmte Ausschlussklauseln von Rechtsschutzversicherern in Zusammenhang mit Prospekthaftungsgrundsätzen und Effekten für unwirksam erklärte. So machte er den Weg frei für noch mehr Anlegerklagen. Letztlich ist die gesamte Branche betroffen: Finanzdienstleister, Rechtschutzversicherer, Haftpflichtversicherer, hoffende Anleger, Anwälte, die sich die Hände reiben, Gerichte, die mit Standardverfahren überzogen werden, und die Steuerzahler, die dafür aufkommen.

Barth: Wie Herr Blazek sehe ich als eines der Hauptprobleme vor allem die Gefahr der Beschneidung von bisherigem Versicherungsschutz durch die Kündigung der VSH-Police. Oft will man sich erst einmal nur die Prämien sparen. Meist fallen aber mit der Aufhebung des Vertrages auch übernommene Haftungszusagen aus Policen weg, die in der Vergangenheit bestanden. Das kann für die Vermittler später sehr unangenehm und vor allem sehr kostspielig werden.

finanzwelt: Wo sehen Sie denn derzeit effektive Lösungsansätze?

Barth: Vermittler, die sich nicht tiefgreifend mit der Materie VSH auskennen, sollten den bestehenden Vertrag und die weitere Vorgehensweise unbedingt von einem VSH-Profi überprüfen lassen. Vor allem, wenn schon mehrere unterschiedliche VSH-Policen in der Vergangenheit bestanden haben. Denn es ist von existenzieller Bedeutung, dass die Übernahme der Nachhaftung auf die Vorverträge überprüft und – wenn noch möglich – zeitnah sichergestellt wird. Dieser Profi muss aber auch ausgefeilte, auf solche Probleme ausgerichteten VSH-Policen mit speziellen Lösungen anbieten können. Zudem haben die Vermittlermit einem VSH-Makler einen oft in mehrfacher Hinsicht wichtigen „Puffer" zwischen sich und dem VSH-Versicherer. Mitunter muss dieser VSH-Experte auch eine Art Übermittlungs-, Übersetzungs- und Mediationsfunktion für den Vermittler übernehmen, damit dieser zu Beginn zu der richtigen VSH-Police und im Schadensfall zu einer optimalen Schadensregulierung kommt.

Blazek: Die große Menge der bestehenden und künftigen Anlagerklagen stellt das gesamte System auf eine Belastungsprobe. Ausmeiner Sicht ist es auch wichtig, sich gut mit den Haftpflichtversicherern, anderen Betroffenen und auf die Vertretung von Finanzdienstleistern spezialisierten Anwälten zu vernetzen und verbindlich zu kommunizieren. So kann Schaden begrenzt und vernünftiges Vorgehen gewährleistet werden, denn standardisierte Anleger-Vorwürfe sind wahrlich kein Hexenwerk. Aber auf minderem Qualitätsstandard ohne Vernetzung mit potenten Partnern zu arbeiten schadet im Ergebnis nur. Unabhängig von den bereits bestehenden Verbänden erfreut sich gerade die Phalanx Gesellschaft für Finanzanlagenvermittler mbH regen Zulaufs, die nicht nur allgemeine Fragen beantwortet und über gesetzliche Änderungen informiert, sondern auch im konkreten Krisenfall mit strategischen und operativen Maßnahmen hilft.

finanzwelt: Klingt dies bewusst ein wenig kriegerisch?

Blazek: Absolut. Der Vergleich mit der Kriegsführung gegen den Finanzdienstleister ist nicht ganz fernliegend angesichts der Masse an mobilisierten Anlegern, Prozessen, Gebühren und der Internetpropaganda. Und nicht selten geht es auf beiden Seiten um wirtschaftliche Existenzen, einerseits für die Anleger, andererseits – und weit häufiger – für die Finanzdienstleister, die typischerweise in Zusammenhang mit notleidenden Fondsbeteiligungen von Anlegeranwälten häufiger verklagt werden.

Zwei nützliche Adressen bei Problemen mit der Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung

Die CONAV Consulting GmbH & Co. KG ist Spezialistin für Lösungen zur Nachhaftung bei der Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung. Beim Wechsel von VSH-Policen wird überwiegend bestehender Versicherungsschutz aus der Vergangenheit abgeschnitten. Neue VSH-Policen übernehmen selten rückwirkend den Versicherungsschutz über alle Vorverträge. Eine Klausel in den meisten VSH-Verträgen regelt zudem, dass bei Beendigung des Vertrages (z. B. durch Wechsel der Police oder bei Berufsaufgabe) der übernommene Versicherungsschutz aus der Vergangenheit wegfällt. Die CONAV bietet hier Lösungen für Vermittler und Berater. www.conav.de

Die Phalanx Gesellschaft für Finanzanlagenvermittler mbH funktioniert nach dem Prinzip einer wehrhaften Solidargemeinschaft erfolgreicher Vermittler und Berater. Die Leistungen rangieren von der präventiven Prüfung von Anlageprodukten, Prospekten, Protokollen und Zeichnungsunterlagen, Prozessgestaltung durch assoziierte Kapitalmarktanwälte und Strafrechtler mit nachweislich hoher Siegesquote bis zum Bereithalten einer „Kriegskasse" zur Vorfinanzierung von Fällen, in denen die Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung nicht zahlt. Eine Aufnahme neuer Partner erfolgt nur nach sorgfältiger Prüfung. www.phalanx-gmbh.de

(Das Gespräch führte Christoph Sieciechowicz)

Expertengespräch mit Daniel Blazek und Ralf W. Barth - Printausgabe 04/2013

http://finanzwelt.de/wp-content/uploads/Grafik_VSH_Standard_VSAV-Best-Netto.pdf