Zum Umfang des Geheimnisschutzes der BaFin übergebene Unterlagen

12.12.2019

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Zeitliche Reichweite des Geheimnisschutzes

Geschäftsgeheimnisse sind nach einem Zeitraum von fünf Jahren typischerweise nicht mehr aktuell und deshalb nicht mehr vertraulich. Danach muss die Partei, die sich auf die Vertraulichkeit der Informationen beruft, nachweisen, dass die betreffenden Informationen trotz ihres Alters immer noch wesentlich für die wirtschaftliche Stellung des beaufsichtigten Unternehmens oder eines Dritten sind. Damit trifft die BaFin, aber auch das überwachte Unternehmen nach Ablauf von 5 Jahren die Pflicht, zu beweisen, dass die vom Informationsgesuch erfassten Unterlagen weiterhin geheim sind.

Schützenswerte Unterlagen selbst bei nachweislich betrügerisch oder strafrechtlich relevant handelnden Unternehmen

Laut BVerwG ist aber eine Offenbarung der streitigen Unterlagen nicht bereits deswegen zulässig, weil es um einen Fall geht, der unter das Strafrecht fällt (Art. 54 Abs. 3 RL 2004/39/EG). Auch diese Feststellung des BVerwG ist bemerkenswert.

Kein Erfordernis einer „konkreten Gefahr“ der Beeinträchtigung des Berufsgeheimnisses

Bei der Prüfung des Berufsgeheimnisses der Finanzaufsichtsbehörde ist nach dem Urteil des BVerwG kein Nachweis einer „konkreten Gefahr für die Beeinträchtigung“ des Schutzgutes bzw. des geschützten Interesses oder ein „ernsthafter Nachteil“ für das Schutzgut zu fordern. So reicht für die Bejahung eines Geheimnisschutzes bereits die Feststellung aus, dass eine Offenlegung einer Information, die sich auf nicht allgemein bekannte aufsichtsrechtliche Vorgehensweisen bezieht, generell geeignet ist, die effektive Ausübung der Finanzmarktaufsicht zu behindern. Ein auf die konkrete Situation bezogener Kausalzusammenhang ist demgegenüber nicht näher aufzuzeigen; die betreffenden Informationen tragen die Geheimhaltungsbedürftigkeit laut BVerwG in sich. So werden insbesondere allgemeine Überwachungsmethoden und -strategien, sofern nicht bekannt, dem Geheimnisschutz unterliegen, aber auch die Korrespondenz mit einem beaufsichtigten Unternehmen, wenn sich darin diese Strategie widerspiegelt.

Als Fazit ist festzuhalten, dass das Urteil des BVerwG aus Sicht des überwachten Unternehmens zwar Schatten, aber auch Licht hat. Denn das BVerwG hat zwar zahlreichen Argumenten der BaFin, die faktisch zu einer gerichtlich kaum überprüfbaren, kompletten Verweigerung von Informationen zu überwachten Unternehmen im Bereich der Finanzaufsicht führen, eine deutliche Absage erteilt. Wenn es zudem um Informationen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen eines Unternehmens geht und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits mehr als fünf Jahre verstrichen sind, so wie hier der Fall, wird vermutet, dass diese nicht mehr wirtschaftlich relevant sind.

Praxistipp Das BVerwG erleichtert den Nachweis an einen weiter fortbestehenden Geheimnisschutz ganz erheblich.

Jedoch steckt der „Teufel im Detail“. Die sehr niedrigen Voraussetzungen, um von einer Gefährdung des Geheimnisschutzes auch nach längerem Zeitablauf als fünf Jahre ausgehen zu können, werden faktisch dazu führen, dass ein überwachtes Finanzunternehmen nur unter sehr engen Voraussetzungen die Herausgabe von Unterlagen an Dritte durch die BaFin befürchten muss. Insgesamt ist eher zu erwarten, dass der Bürger im Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts eine Gewährung von Informationszugang durch die BaFin nach den Normen des IFG weiterhin nicht erreichen und auch nicht mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen kann. Auf alle Fälle wird dies dem Informationssuchenden nicht in einem überschaubaren Zeitraum gelingen. Abzuwarten bleibt gleichwohl, wie es im konkreten Fall nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an den Hessischen VGH, Az. 6 A 1293/13 weitergeht.

Peter A. Gundermann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht TILP Rechtsanwaltsges. mbH