Zucker: Risiko für Gesellschaft und Nahrungsmittelindustrie
23.03.2020
Solange Le Jeune, Senior ESG Analyst (li.) und Wim Van Hyfte, Global Head of ESG Investments and Research, Candriam (re.) / Foto: © Candriam
Zucker verursacht Kosten in Höhe von ein bis zwei Prozent des Welt-BIP
Die gesellschaftlichen Kosten werden untragbar hoch. Schätzungen zufolge belaufen sich die Gesundheitsausgaben infolge schlechter Ernährung auf ein bis zwei Prozent des Welt-Bruttoinlandsprodukts (BIP). Frankreich beziffert die jährlichen Aufwendungen für die Behandlung von schwergewichtigen Personen beispielsweise mit 20 Milliarden Euro. Nicht nur deshalb fordert die WHO schon seit längerem, den Zuckergehalt in Lebensmitteln und Getränken spürbar zu senken. Im Jahr 2015 aktualisierte sie ihre Empfehlung für den Zuckerkonsum: Sie empfiehlt nach wie vor, dass sowohl Erwachsene als auch Kinder ihren Konsum von freiem Zucker auf weniger als zehn Prozent der gesamten Energiezufuhr reduzieren sollten. Um die Gesundheit noch stärker zu schützen, rät sie allerdings zu einer weiteren Reduzierung auf unter fünf Prozent.
Verbraucher und Politik erhöhen Druck auf Nahrungsmittelbranche
Vor allem aufgrund neuer staatlicher Regulierungen und weil die Verbraucher gesunde Nahrungsmittel und mehr Transparenz einfordern, bemühen sich Nahrungsmittelhersteller seit einiger Zeit vermehrt um neue Rezepturen und eine bessere Kennzeichnung. Die Entwicklung neuer Rezepte – die den Kunden so schmecken, dass sie auch nicht abwandern – ist eine kostspielige Herausforderung für die Industrie.
Im Großen und Ganzen lässt sich hier jedoch eine begrüßenswerte Tendenz hin zu gesünderen Produkten beobachten. Dabei wird viel Wert auf einen niedrigeren Zuckeranteil gelegt. Und zwar nicht nur, weil es sich der Verbraucher ausdrücklich wünscht, sondern auch weil immer mehr Staaten weltweit sogenannte Zuckersteuern einführen. Großbritannien etwa erhebt auf Soft Drinks, die mehr als fünf Gramm Zucker pro Liter enthalten, seit 2018 umgerechnet 27 Cent – und erreicht damit Erstaunliches: Im Vereinigten Königreich hat sich das Marktangebot schlagartig verändert.
Die Lebensmittel- und Getränkebranche unterliegt besonders stark Konsumententrends und regulatorischen Bedingungen, die eine Bedrohung für Gewinne und Marktanteile bedeuten können. Dass Unternehmen von staatlichen Zuckerverordnungen getroffen werden, ist dabei weltweit betrachtet jedoch unterschiedlich ausgeprägt. In Regionen wie Nord- und Südamerika, Europa oder Australien besteht beispielsweise ein höheres Risiko – vor allem weil Adipositas dort weiter verbreitet ist und das Bewusstsein für gesündere Ernährung stärker im Vordergrund steht.
Kolumne von Solange Le Jeune, Senior ESG Analyst und Wim Van Hyfte, Ph.D., Global Head of ESG Investments and Research, Candriam