Weit entfernt von früherem Glanz

08.12.2014

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Einst das Vorzeigemodell des nachhaltigen Investments ist es um Photovoltaik (PV)-Anlagen still geworden. Die politische Bereitschaft, die Energiewende durch öffentliche Mittel oder einen Erneuerbare-Energien-Zuschlag zu sozialisieren, ist geschwunden.

Die Förderung wurde in Deutschland und anderen europäischen Staaten drastisch reduziert. Damit sinkt die Rentabilität der Investitionen und der Ausbau der Kapazitäten verlangsamt sich beträchtlich.

Investitionen in Photovoltaik-Anlagen haben auch unter den negativen Schlagzeilen zu Kapitaleinsammlern wie PROKON zu leiden. Die Pleiten von Windwärts und anderen Projektentwicklern oder einstigen Hoffnungsträgern der Solarbranchewie Sunways, Solon oder Conergy tun ein Übriges, zumal sich die Insolvenzen-Liste mit Photon Europe, PerfectSolar, Solibra, Solarwatt und Q-Cells weiter fortsetzen lässt.

Als Hürde hat sich auch für die Anbieter von Solarparks die Regulierung der Beteiligungsbranche durch das neue Kapitalanlagegesetz (KAGB) erwiesen. Lange war nicht klar, ob auch sie unter den Geltungsbereich fallen und die stark veränderten Vorgaben für die neue Produktwelt und deren Management erfüllen müssen. Alles zusammen hat das Image komplett umgekrempelt. „Wer früher auf sein Photovoltaik-Investment stolz war, wird jetzt als Solarstrom-Schmarotzer diffamiert", beschreibt Daniel Kellermann, geschäftsführender Gesellschafter greenValue GmbH, den Stimmungswechsel: „Das ist zwar faktisch falsch, trotzdem glaubt die breite Bevölkerung: Da verdient sich wer auf Gemeinkosten eine goldene Nase."

Mittlerweile gibt es die ersten neuen Produkte, zumal klar ist, dass Anbieter von operativ tätigen Solaranlagen nicht unter die strengen Bestimmungen des KAGB fallen, das den grauen Kapitalmarkt trockenlegen soll – und bereits defacto durch endlos lange Genehmigungsverfahren die Branche dezimiert hat. Trotzdem sind die im Sonnenlicht blau leuchtenden Photovoltaikflächen in der Investorengunst weit entfernt von ihrem früheren Glanz.

Aktuelle Photovoltaik-Investments

Aktuell sind, wie das Online-Portal www.greenvalue.de ausweist, nur vier direkte Investments in Photovoltaik-Anlagen auf dem Markt. Der Rest sind zahlreiche festverzinsliche Papiere, die das Kapital direkt an PV-Anlagen weiterreichen, z. B.:

• Enerparc Solarpark Walddrehna

• Prime Energy Invest AG

• Solarfestzins oder solarcomplex Genussrechte

oder über mehrere Kraftwerke und unterschiedliche Erneuerbare-Energie-Quellen streuen, z. B.:

• Green Energy GE3000 Anleihe I

• Green City Energy Kraftwerkspark II (Tranche A / B)

• UDI Sprint Festzins I

• my green invest GmbH Genussrecht

• PT Erneuerbare Energien - PT Grünzins

• Solarart - Festzinsanlage

All diese Papiere machen Investoren allerdings – vornehmlich über Genussscheine oder Nachrangdarlehen – nur zu Gläubigern, nicht zu Mit-Eigentümern. Das bieten nur vier Beteiligungen an. Ein der Menge nach im Vergleich zu früheren Jahren kümmerliches Angebot. „Mit einem Volumen von einer halben Million Euro beispielsweise beim IBC Solar ist man auch weit entfernt von Großprojekten wie dem „Solarpark 180" der Commerz Real (49,4 Mio. Euro)", sagt Kellermann. Der greenValue-Gründer weist aber darauf hin, dass auch „LCF Photovoltaik Deutschland" (5,39 Mio. Euro) und das gemischt Wind- und Sonnenenergie nutzende „MAP – Multi Asset Portfolio Green" (10 Mio. Euro) die Lücke bei weitem nicht schließen. Zudem gibt es noch ein viertes Einzelobjekt: Ab 5.375 Euro kann man sich auch am Solar Art „BürgerSolarPark Steinwalde" in der Mecklenburgischen Seenplatte beteiligen. Es baut auf einer ehemaligen Müllhalde eine Solaranlage mit 1.810 kW Spitzenleistung. Durch deren Betrieb sollen zugleich die Kosten für die Überwachung der Deponie gesenkt werden, eine etwas zwiespältige Aussage.

An prächtigen Parade-Objekten ist jedoch auch andernorts derzeit wenig zu denken. „Wir sehen durchaus Eintrittschancen in den Photovoltaik-Markt für institutionelle Anleger", erklärt Hermann Klughardt von Voigt & Collegen, deren Erneuerbare-Energien-Projekte jährlich 105.000 MWh grünen Strom liefern. Für Privatanleger sei die Zeit aber noch nicht reif. Zum einen sei der Vertrieb erheblich problematischer einzuschätzen. Klughardt: „Man weiß nicht mehr, wie lange es dauert, das nötige Eigenkapital einzuwerben." Zudem sei nicht vollständig klar, wie man eine PV-Anlage unter das Dach des KAGB bringen könne, „das viele Banken und große Vermittler heute zur Voraussetzung für ihr Vertriebsengagement machen." Zum anderen hätten nur die wenigsten Endkunden realisiert, dass durch das Nullzins-Niveau – bei gleichem Rendite-Abstand – ein (in ausgesuchten Regionen) vergleichsweise sicheres Investment keine 7 oder 8, sondern nur mehr 4 bis 5 % einbringen könne.

Bescheidenheit ist europaweit als neue Tugend angesagt. Das gilt auch für Deutschland als Konjunktur-Lokomotive und früheren EE-Musterknaben. Private Anleger haben maßgeblich dazu beigetragen, dass Ende 2013 hierzulande bereits 1,4 Millionen Anlagen bereitstanden, die übers Jahr 29,7 Terrawatt-Stunden umweltfreundlichen Solarstrom erzeugten. Das Lamento um die Belastung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat dem Ausbau ein abruptes Ende gemacht. Die Situation (nicht nur in Deutschland) zeigt Rödl & Partner in seiner Studie „Vermarktung von Erneuerbaren Energien im nationalen und internationalen Umfeld" detailliert auf. Das Grundproblem: „Die Industrie wird entlastet, während die Haushalte letztendlich die Hauptlast der Refinanzierung der Erneuerbare-Energien-Förderung tragen."

Die steigenden Strompreise begünstigten lange einen anderen Trend: Eigenverbrauch selbsterzeugten PV-Stroms. Mit einem Sonnen-Kraftwerk auf dem Dach erreicht der Eigentümer eines typischen Einfamilienhauses einen Autarkiegrad von bis zu 30 %. Dieser wird sich laut Rödl & Partner verdoppeln, wenn die Speicherpreise für Lithium-Ionen- und Blei-Akkus weiterhin sinken. „Photovoltaik wird sich in Deutschland von einer Kapitalanlage-Investition zu einer Effizienztechnologie entwickeln", urteilte die Fachwelt. Das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz der großen Koalition machte einen Strich durch die Rechnung. Es brummt Eigenverbrauchern nun ebenfalls die EEG-Umlage auf. Nur Privathaushalte mit weniger als 10 kW Spitzenleistung und maximal 10 MWh Jahresproduktion sind weiter von der EEG-Umlage befreit.

In dieser Leistungsgröße geht die Rechnung für Investoren noch auf: Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sind zinsgünstig, laufen bis zu 20 Jahre und bieten bis zu 3 Jahren Tilgungsaufschub. Zugleich muss der Bauherr kein Eigenkapital aufwenden, bis zu 100 % der Investitionskosten werden finanziert. Wer kein eigenes Hausdach besitzt, kann über ein festverzinsliches Produkt partizipieren: Der „UDI Solar Sprint Festzins I" (ab 5.000 Euro) finanziert ebenfalls Solarstromanlagen auf Hausdächern. Die Zinsen (4 bis 6 %) stammen aus dem Nutzungsentgelt. Die 2017 anstehende Rückzahlung des Nachrangdarlehens soll durch den Verkauf an einen institutionellen Investor organisiert werden.

Als Alternative mit direkten Eigentumsrechten ist BadenInvest zu nennen. Das Unternehmen vertreibt neue und gebrauchte Kleinanlagen. „Selektive Dachanlagen, die neu gebaut werden oder aus dem Bestand heraus verkauft werden", wie Kellermann erläutert. Hier komme man aktuell ab etwa 45.000 Euro zum Zuge, die sich ebenfalls komplett finanzieren lassen. Das ist ein lukratives Gegenmodell, seit der Markt für großflächige PV-Beteiligungen kollabiert ist. Gehandelt werden in Deutschland fast nur noch bestehende Anlagen, in die vornehmlich institutionelle Anleger investieren. „Hier werden aber teilweise abenteuerliche Preise aufgerufen", beobachtet Holger Götze. Für den Geschäftsführer der CHORUS-Gruppe, deren Photovoltaik- und Windkraftanlagen pro Jahr rd. 320.000 MWh Strom erzeugen, ist mit Einkaufsrenditen unter 8 % der Bogen überspannt. „Unsere Parks haben wir üblicherweise als Zehn- oder Elf-Prozenter eingekauft", sagt er. Zudem seien auch die Pachten teurer geworden. Unterm Strich lasse sich mit solchen Vorgaben kein zuverlässiger Publikumsfonds mehr strukturieren. Auch im institutionellen Bereich werde man nur sehr selektiv fündig, obwohl dort aufgrund besserer Kostenstrukturen geringere Renditen ausreichen. Auch Rödl & Partner rät zu restriktiver Auswahl: „Bei neuen Anlagen und solchen aus dem Zweitmarkt werden zum Teil sehr hohe Kaufpreise für die Betreibergesellschaften aufgerufen, welche einer detaillierten Prüfung kaum standhalten", warnt das Beratungsunternehmen.

Frankreich, Slowakei und Tschechien. Etwas zuversichtlicher ist das Nachbarland Frankreich zu sehen, falls man, wie Götze sagt, durch den Einsatz von innovativen Technologien höhere Renditen erzielen kann. In kleineren Staaten wie der Slowakei oder Tschechien dagegen halten sich die Investoren zurück. Auch Portugal sehen Erneuerbare-Energien-Profis eher als Windenergie-Land. Die Slowakei fördert nur noch Mini-E-Werke bis maximal 10 kW. Weiteres Handicap: „Solche Märkte sind in sich zu klein", urteilt der CHORUS-Geschäftsführer. Laut Götze macht sich die intensive Einarbeitung in die dortigen Rahmenbedingungen und potenzielle Investitionshemmnisse nicht bezahlt, bleibe aber aus Sicht seines Unternehmens trotzdem unverzichtbar. Zudem habe gerade Tschechien politisch übel nach-tarockt: „Über eine Solarabgabe hat man dort 2010 rückwirkend die Förderung um 26 bis 28 % reduziert", sagt Götze. In diesem Jahr wurde die Zusatz-Abgabe auf 10 % gesenkt, aber unbefristet fällig, und der Abnahmepreis gedeckelt. „In Sachen Investorenvertrauen und finanzieller Stabilität könnte diese Entscheidung auch dem Drehbuch eines Horrorfilms entstammen", schimpfte entsprechend Georg Hotar, CEO und Mitbegründer der tschechischen Photon Energy. Deren Parks bringen seither dadurch jährlich 1,25 Mio. Euro weniger ein.

Reichlich uninteressant sind die Mittelmeerländer Spanien und Italien geworden – Griechenland ist uninteressant geblieben. Griechenland war schon vor der Euro-Krise aufgrund der unklaren Rechtslage (nicht nur beim Grundstückseigentum) keine Top-Destination gewesen. „Für die nötigen Genehmigungen hätte man keinen sinnvollen Zeitplan aufstellen können", sagt Klughardt. „Zudem ist die Sonneneinstrahlung aufgrund der starken Staubbelastung in Griechenland geringer als in Italien oder Spanien." Weiteres Handicap: Auch in Hellas wurde 2013 rückwirkend die Einspeisevergütung gekürzt und eine Sonderabgabe von 25 bis 48 % fällig. Das trieb viele Anlagenbetreiber in die Pleite, da sie zugleich den abgenommenen Solarstrom oft über Monate nicht vergütet bekamen. Lediglich private Eigennutzer blieben verschont. Kurzum, der erst 2012/13 in Schwung gekommene Markt wurde brutal abgewürgt.

Ordentlich rasiert wurden die Investoren in PV-Anlagen schon zuvor in den anderen Mittelmeerstaaten. Spanien preschte als erster los: Lange Jahre hatte es alternative Energien vehement gepusht und den Ausbau durch Subventionen, Steuervergünstigungen und andere finanzielle Erleichterungen begünstigt. Dann ging die Schere zwischen künstlich niedrig gehaltenen Strompreisen und Herstellungskosten zu weit auf, der Haushalt wies zuletzt 28 Mrd. Euro Defizit aus diesem Thema auf. Hals über Kopf wurden 2010 nur noch 1.250 Produktionsstunden berücksichtigt, 2013 dann die Vergütung für Solarstrom vom Dach bis 20 kW um 5 % und der mit mehr Leistung um 25 % gekürzt. Die Vergütung für große Freiflächen-Anlagen wurde gleich um bis zu 45 % beschnitten. „Wir werden gegen diesen Gesetzesbruch klagen", sagt Klughardt, der sich gute Chancen ausrechnet. Um das Kostenrisiko durch das Verfahren auszuschalten, wird Voigt & Collegen den Anlegern seiner betroffenen „SolEs-Fonds" empfehlen, den Monsterprozess monetär über einen Prozesskostenfinanzierer zu organisieren.

Schmerzhafte Kürzungen gab es auch in Italien, die aber, wie Götze sagt, nicht den Bestand der Anlagen gefährden, sondern nur laufende Ausschüttungen derzeit unmöglich machen. Auch die Regierung in Rom beschloss rückwirkende Kürzungen bei den Einspeisetarifen sowie eine Abgabe für den Eigenverbrauch. Photovoltaik-Anlagen über 200 kW haben bis zum 30. November die Wahl, je nach Größe der Anlage entweder auf 6 bis 8 % der Förderung zu verzichten oder je nach Restlaufzeit auf 17 bis 25 % der Förderung zu verzichten, diese dann aber 24 statt 20 Jahre lang zu erhalten. Alternativ können sie bei 20 Jahren Förderung bleiben, dürfen dann aber ab 2015 für fünf Jahre nur mit reduziertem Tarif einspeisen, was später sukzessive ausgeglichen werden soll. Als Vorzug kommt im zweitgrößten Solarmarkt Europas, der jährlich 18,5 GWh Solarstrom erzeugt, dazu, dass dort die kostendeckende Produktion, Grid-Parity genannt, bereits erreicht ist. Der Strom aus neu errichteten Anlagen kann also auch unsubventioniert zu Marktpreisen hergestellt und verkauft werden. Von lokalen Abweichungen abgesehen steht dies zumindest im Süden mit hoher Sonneneinstrahlung außer Zweifel. _(lr)

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Photovoltaik – Printausgabe 06/2014