Unterscheidungsmerkmal bei Nachhaltigkeitsfonds

13.08.2024

Verena Kienel, Leiterin Nachhaltigkeitsresearch ÖKOWORLD AG / Foto: © ÖKOWORLD AG

Nachhaltiges Investieren ist trotz politischem Gegenwind in den USA, teils berechtigter Kritik rund um Greenwashing und einem schwierigem Marktumfeld ein wichtiges Thema bei Anlegern geblieben. Ein einheitliches Verständnis oder eine Definition, was genau einen Nachhaltigkeitsfonds ausmacht, fehlt jedoch trotz vielfältiger regulatorischer Bemühungen noch immer.

Die Unterschiede zwischen Nachhaltigkeitsfonds sind vielfältig. Meist wird sich bei Vergleichen auf Unterschiede in Anlagerichtlinien, Kriterien und Prozessen konzentriert. Der Engagement-Ansatz eines Fonds oder Fondsanbieters kann über die Kriterien hinaus ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Nachhaltigkeitsfonds darstellen.

Die EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, „SFDR“)

Die im Jahr 2021 in Kraft getretene Offenlegungsverordnung sollte es Anlegern erleichtern, zwischen der Vielzahl an Nachhaltigkeitsfonds besser unterscheiden und vergleichen zu können, da diese in standardisierter Form Informationen über ihre Kriterien und Ziele veröffentlichen müssen. Nach dieser Verordnung werden Fonds ohne Nachhaltigkeitsanspruch als Artikel 6 klassifiziert, Fonds mit ökologischen und/oder sozialen Merkmalen bei der Titelauswahl als Artikel 8 und Fonds, die ausschließlich ein nachhaltiges Investitionsziel haben, als Artikel 9. Die Offenlegungsverordnung war nicht als Produktstandard konzipiert, trotzdem ist es Marktpraxis geworden, Artikel-8-Fonds als hellgrün und Artikel-9-Fonds als dunkelgrün zu bezeichnen – anstatt 50 nur noch zwei „Shades of Green“. Jedoch spricht aus Sicht der SFDR nichts dagegen, dass ein „hellgrüner“ Fonds in Unternehmen wie BP, Shell und Total investiert. Solche Investitionen sind in einem Nachhaltigkeitsfonds unpassend und unverständlich aus Sicht eines nachhaltigkeitsbewussten Anlegers. Das heißt, die Frage, wodurch Nachhaltigkeit an einem Fonds fest gemacht werden kann, ist auch mit der SFDR offengeblieben. Abgesehen von einer Betrachtung der Glaubwürdigkeit und Expertise eines Fondsanbieters, führt kaum ein Weg daran vorbei, sich mit einem Fonds und seinen Inhalten zu beschäftigen, um Unterschiede zu Nachhaltigkeitsaspekten darstellen zu können.

Ausschluss- und Positivkriterien als Unterscheidungsmerkmal

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal bei Nachhaltigkeitsfonds sind Ausschlusskriterien; laut Markbericht des FNG ist die Anwendung von Ausschlusskriterien die am häufigsten angewendete Nachhaltigkeitsstrategie. Dazu kommen Positivkriterien, das heißt, in welche Unternehmen und Branchen investiert werden soll. Beide Arten der Kriterien werden von den Fondsanbietern individuell festgelegt und variieren erheblich zwischen den Anbietern in Umfang und Strenge.

Engagement als Unterscheidungsmerkmal

Laut aktuellem Marktbericht des FNG ist das Engagement die am zweithäufigsten angewendete Nachhaltigkeitsstrategie bei Nachhaltigkeitsfonds. Engagement umfasst den teils langfristig angelegten Dialog von Investoren mit Unternehmen, um Verhalten, Prozesse und Geschäftstätigkeiten aus Nachhaltigkeitssicht zu verbessern. Auch die Ausübung von Stimmrechten auf Hauptversammlungen kann als Teil des Engagements genutzt werden, u. a. um die Unternehmenspolitik bezüglich ESG-Kriterien zu beeinflussen. Engagement gehört mittlerweile zum guten Ton des verantwortungsvollen Investierens, scheint bislang jedoch weniger Aufmerksamkeit als Unterscheidungsmerkmal zwischen Nachhaltigkeitsfonds im Vergleich zu den Kriterien zu finden. Zwar beziehen sich zwei der sechs Prinzipien für verantwortungsvolles Investieren der Vereinten Nationen (UNPRI) auf Engagement. Allerdings sollte allein die Unterzeichnung dieser Prinzipien nicht als Unterscheidungsmerkmal zwischen Fondsanbietern genutzt werden, da nahezu jeder Fondsanbieter, unabhängig vom Angebot nachhaltiger Fonds, diese Prinzipien unterzeichnet hat.