Keine Angst vor Volatilität

12.06.2020

Sarah George, Co-Portfoliomanagerin des Lazard Rathmore Alternative Fund / Foto: © Lazard

Arbitrage in günstigen Bewertungen finden

Die meisten Strategien, die von Convertible-Arbitrage-Fonds umgesetzt werden, beruhen auf der Annahme, dass Wandelanleihen wegen ihrer typischerweise weniger effizienten Kapitalstruktur bei gleichzeitiger Komplexität im Vergleich zu ihrem theoretischen Wert regelmäßig unterbewertet sind. Der Fondsmanager kann diese (mutmaßlich) „günstige“ Bewertung ausnutzen (und sie als solche arbitrieren), indem er die Wandelanleihen eines Unternehmens kauft und gleichzeitig die Aktien des Unternehmens leiht und sie leer verkauft.

Diese Strategie hat eine zutiefst antizyklische Komponente. Der Convertible-Arbitrageur verkauft nämlich die Aktien bei steigenden Märkten leer und kauft die Aktien bei fallenden Märkten (zur Deckung) zurück, während er die Long-Position der Wandelanleihe hält, um die Bewertungsarbitrage zu extrahieren. Dieses Risiko-Ertrags-Set ist gerade dann sehr attraktiv, wenn die Aktie besonders volatil ist, da in solchen Fällen regelmäßig „günstig gekauft“ und „teuer verkauft“ wird. Diese Wertentnahme erfolgt ohne das Eingehen eines direktionalen Aktienrisikos, eben weil sie abgesichert wurde, um die Arbitrage zu gewährleisten.

Von Volatilität profitieren

In Zeiten mit hoher Volatilität kann der Fondsmanager also ein höheres Gewinnpotenzial erwarten als in Phasen niedriger Schwankungen. Zum einen macht ein Anstieg der Aktienvolatilität die Option, die Wandelanleihe in eine Aktie zu wandeln, in der Regel günstiger und damit wertvoller, ähnlich wie eine börsennotierte Put- oder Call-Option, wenn die zugrunde liegende Aktienvolatilität steigt. Die Möglichkeit, einen Mehrwert aus diesem Volatilitätsanstieg zu generieren, sollte zu einer größeren Wertsteigerung über das Abschöpfen der Volatilität führen.

Zudem entsteht häufig ein sekundärer Volatilitätseffekt, wenn bei einem Anstieg der Volatilität extreme Risikobedenken aufkommen. An dieser Schwelle steigen oft nicht abgesicherte Long-only-Anleger aus Wandelanleihen aus, wie es auch in einem fortgeschrittenen „Risk-off“-Umfeld zu erwarten wäre. Dies führt dazu, dass Wandelanleihen nach Abzug der Absicherung oft zu niedrigeren Preisen angeboten werden, trotz der Möglichkeit, höhere Erträge zu erzielen. Die Arbitrage ergibt sich daraus, dass der Emittent der Wandelanleihe diese zu einem deutlich unter dem fairen Marktpreis vergleichbarer börsennotierter Optionen desselben Emittenten verkauft, abzüglich des eingegangenen Kreditrisikos, um diesen Wert zu extrahieren. Der Emittent der Wandelanleihe sollte bereit sein, diese Option auf diesen Niveaus zu verkaufen, denn sie ermöglicht dem Emittenten entweder seine Aktien mit einer Prämie auf den aktuellen Marktpreis zu verkaufen oder seine Anleihen auf deutlich niedrigeren Kupon-Niveaus zu verkaufen, als bei vergleichbaren, nicht wandelbaren Anleihen zu erwarten wäre.

Fazit: Je größer die potenzielle Volatilität der zugrunde liegenden Aktie und je günstiger die Wandelanleihe, die diese Volatilität extrahieren soll (durch ihre Umwandlungsoption, abzüglich des Kreditrisikos der Anleihe), desto größer ist aus unserer Sicht die Chance, die sich daraus ergibt. Bemerkenswert ist dabei, dass die Convertible-Arbitrage-Strategie darauf ausgelegt ist, das Markt-Beta eines Portfolios und damit die Volatilität der Erträge zu verringern. Und obwohl viele Convertible-Arbitrage-Strategien eine geringe Volatilität der Renditen bieten, tendieren sie dazu, sehr wettbewerbsfähige langfristige absolute Renditen zu generieren. Insbesondere in unsicheren Marktphasen, wie wir sie aktuell erleben, ist eine Strategie, die darauf ausgerichtet ist, in steigenden wie in fallenden Märkten positive absolute Renditen zu erzielen, für viele Anleger sinnvoll.