"Kapital ist ein scheues Reh"

12.12.2023

Martin Baart ist CEO von ecoligo - Foto: © ecoligo

Wer investiert, will mit seinem Geld etwas bewirken. Solarenergie aus Schwellenländern ist da eine nachhaltige Möglichkeit, die die Crowdinvesting-Plattform ecoligo 2016 auf den Markt gebracht hat. Im Gespräch mit finanzwelt erklärt CEO Martin Baart, wie das Unternehmen durch konsequente Transparenz und Innovationsgeist heraussticht.

finanzwelt: Herr Baart, wie kam es zur strategischen Entscheidung, sich mit Ihrer Crowdinvesting-Plattform ecoligo auf Schwellenländer zu konzentrieren?

Martin Baart: Zum einen waren das die Märkte, mit denen wir – mein Mitgründer Markus Schwaninger und ich – uns auskannten. Zum zweiten, weil in diesen Märkten Stromkosten für unsere Kundengruppe – nämlich Unternehmen – extrem hoch sind. Teilweise bis zu fünfmal so hoch wie im europäischen Kontext. Daher ist die Rentabilität einer Solaranlage einfach gegeben. Ich kann den Strom vor Ort an diese Kunden günstiger als den Strom aus dem Netz verkaufen, die Kunden sparen Energiekosten. Gleichzeitig ist der Preis aber so, dass ich für die Privatinvestoren aus Deutschland die Rendite, aber auch die Tilgung leisten kann. Dann haben wir den Vorteil, dass in den Ländern, in denen wir aktiv sind, die Sonneneinstrahlung einfach sehr hoch ist. Der Ertrag der Solaranlage ist bis zu zweimal so hoch wie in Deutschland. Das macht es wirtschaftlich attraktiv. Persönlich hatte ich die Motivation, etwas in Märkten zu bewegen, in denen nicht zahlreiche Firmen mit gleichen Konzepten unterwegs sind. In diesen Märkten gilt das ecoligo-Konzept als Novum.

finanzwelt: Gerade im Social-Media-Bereich ist oft von Crowdfunding die Rede. Wo liegen die Unterschiede zu Crowdinvesting?

Baart: Crowdfunding ist das Überthema. Man spricht davon, wenn eine große Anzahl von Menschen kleinere Beträge an konkrete Projekte geben. Ich sage bewusst geben, weil man beim Crowdfunding eine Spende leistet und für das Kapital, was man gibt, eine materielle Gegenleistung erhält. Typischerweise ein Geschenk oder eine andere Anerkennung. Im Crowdinvesting geht es wirklich um eine Investition mit der Prämisse, dass man Rendite erzielt. Es gibt auch Crowdinvesting-Plattformen mit dem Fokus der unternehmerischen Finanzierung, also Start-ups. Auf dem deutschen Markt ist da Companisto der größte Player. Dann gibt es Immobilien-Player, die Immobilienprojekte finanzieren. Bei ecoligo geht es um Impact und Impact bedeutet für uns CO2-Emissionen, die vermieden werden.

finanzwelt: Und wo steht die Crowdinvesting-Branche momentan?

Baart: Die Branche ist definitiv eine Wachstumsbranche. Der Trend ist klar: Wir haben zum Beispiel Daten von den Anfängen 2017, da wurden im Crowdfunding-Bereich 200 Mio. Euro eingesammelt. Zwei Jahre später waren es bereits 417 Mio. Euro. Diese Verdopplung ist imposant – vor allem, wenn man sich anschaut: Wie bekannt ist Crowdinvesting in der Bevölkerung? Eine Studie von Crowdinvesting.de hat gezeigt, dass 68 % Crowdinvesting kennen, aber nur 11,4 % tatsächlich investiert sind. Der Anteil hat definitiv noch Luft nach oben, aber es ist ein extremes Marktwachstum da. 2020 waren 40 Mrd. Euro in nachhaltige Investitionen angelegt, im Jahr darauf dann 130 Mrd. Das sind immense Summen und der Crowdinvesting-Markt macht nur einen kleinen Teil davon aus. ecoligo Invest wächst von Jahr zu Jahr ca. 60 %, was das Volumen durch private Investoren angeht.

finanzwelt: Aus Ihrer Sicht: Wo sind die Fallstricke, und wo die Chancen im Crowdinvesting-Markt?

Baart: Die Regulierung ist abhängig davon, was die Plattform als Finanzprodukt anbietet. In Deutschland ist Crowdinvesting über die entsprechenden Schwarmfinanzierungsparagrafen im Vermögensanlagengesetz definiert. Seit 2015 auch durch das Kleinanlegerschutzgesetz, was speziell auf die Privatinvestoren abzielt. Was der Markt anbieten kann, sind verschiedene Finanzprodukte, wie etwa partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen oder auch Genussrechte. Je nach Volumen der Emission, die man im Markt anbietet, muss man Anlageinformationsblätter oder Prospekte bereitstellen. Für Volumen eines Emittenten bis zu 6 Mio. Euro in einem Zeitraum von zwölf Monaten sind dies dreiseitige Vermögensanlagen-Informationsblätter und darüberhinaus gilt die Prospektpflicht. Die BaFin als Kontrollinstanz muss diese Dokumente gestatten. Das schafft sowohl Rechtsgrundlage als auch Risikominimierung für die Privatanleger. Seit knapp einem Jahr gibt es das European Crowdfunding Service Provider Regime (ECSP). Der Gedanke dahinter ist, die Regulierung innerhalb der Europäischen Union zu harmonisieren. Die deutsche Politik war jedoch in der deutschen Umsetzung des ECSP erst einmal in puncto Haftung über das Ziel hinausgeschossen. Wenn man unter der ECSP-Regulierung Finanzprodukte auf den Markt bringen will, können aktuell auf Basis des Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz, welches die ECSP-Implementierung in Deutschland regelt, Mitglieder der Leitungs- und Aufsichtsorgane, die das Produkt emittieren, persönlich in Haftung genommen werden, bereits bei ‚einfacher Fahrlässigkeit‘.  Dieses von kapitalmarktrechtlichen Standards abweichende Haftungsregime hat sowohl Plattformen als auch Emittenten davon abgeschreckt, die ECSP-Regulierung in Deutschland zu nutzen. Dieses Zuviel an Regulierung soll nun durch das überarbeitete Zukunftsfinanzierungsgesetz zurückgenommen werden und mit den Haftungsregelungen im restlichen Kapitalmarkt vereinheitlicht werden.

finanzwelt: Wenn es nun also zu einheitlichen Regelungen kommen sollte, welche Vorteile ergeben sich durch Crowdinvesting?

Baart: Einer der Vorteile ist, dass man volle Transparenz hat und konkretes Verständnis, was mit dem Geld passiert. Bei ecoligo hat jedes Projekt auf der Plattform schon einen unterzeichneten Endabnehmer des Stroms sowie einen Bauvertrag. Wir kennen jedes Detail des Projektes, wie etwa Baukosten oder Emissionseinsparungen. Bei anderen Finanzprodukten – wie Fonds oder ETFs – ist es oft intransparent oder es ist eine gewisse Komplexität dabei. Dann wäre da das Thema ESG und der ein oder andere Fall von deutschen Anbietern, die in den USA Strafzahlungen aufgrund von Greenwashing leisten mussten. Bei Crowdinvesting ist das anders. 

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