Die Zukunft hat begonnen

13.12.2019

Foto: © denisismagilov - stock.adobe.com

Im Februar 1996 schlug der Schachcomputer Deep Blue den amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparow – und verhalf Künstlicher Intelligenz (KI) damit zum Durchbruch. Auch in der Geldanlage spielt die Zukunftstechnik mittlerweile eine Rolle – sowohl auf Berater- als auch auf Produktseite.

Die Geburtsstunde der KI als akademisches Fachgebiet schlug, als Computer noch so groß waren wie ganze Räume: Im Sommer 1956 wurde am amerikanischen Dartmouth College ein Seminar zu dem Thema durchgeführt. Über 60 Jahre später legte ACATIS Investment den weltweit ersten Publikumsfonds auf, dessen Aktienauswahl und Portfoliozusammensetzung durch KI erfolgt. Nachdem zunächst Programme zur Textanalyse genutzt wurden, arbeitet das Investmenthaus heute hauptsächlich mit Deep Learning Modellen – mit positiven Resultaten: „Tatsächlich sind unsere KI-unterstützten Portfolios besser als frühere Portfolien“, berichtet Dr. Hendrik Leber, geschäftsführender Gesellschafter der ACATIS Investment KVG mbH, die mittlerweile für drei Fonds KI nutzt. Dennoch erfolgt die Portfoliozusammenstellung des Frankfurter Investmenthauses nicht vollständig ohne menschliche Intelligenz. So erklärt Dr. Hendrik Leber, dass die KI vom Menschen mit einer festen Hand geführt werden muss und die Daten gesäubert, die Aufgabe klar definiert, Branchen und Länder ausgeschlossen werden müssen. Dass Kunden zum Teil Bedenken gegen die KI in der Fondsanlage haben, sieht Leber relativ gelassen. „Die Bedenken der Kunden sind abstrakt und beruhen auf Nichtwissen. Sie werden verschwinden, je vertrauter wir mit der KI werden, und sie werden weggeblasen sein, wenn die Performance sich deutlich verbessert“, so die selbstbewusste Aussage des Managers.

Roboter sind aus unserer heutigen Welt, besonders in der Industrie, nicht mehr wegzudenken. Dabei verweist ihr Name eigentlich auf (zum Glück) längst überholte Arbeitsweisen hin: Der Ursprung des Wortes Roboter geht auf das tschechische „Robot“ zurück, was mit „Frondienst“ oder „Zwangsarbeit“ übersetzt werden kann. Inzwischen erobern diese „Zwangsarbeiter“ auch die Finanzberatung. Jedoch dürfte noch einige Zeit vergehen, bis Roboter in der Finanzberatung genauso selbstverständlich sind wie in modernen Fertigungshallen. „Das Themengebiet der ‚elektronischen Selbstberatung‘ ist für den Deutschen aktuell ja noch ein Lernprozess. Wir kommen ja schließlich aus einer ‚traditionellen Beratungswelt‘, berichtet Dirk Fischer. Dennoch sieht der Geschäftsführer der Patriarch Multi-Manager GmbH hier Potenzial. „Das Interesse ist über den enormen Kostenvorteil der Robos, die Ergebnistransparenz und die einfache Abwicklung aber groß.“ Er erachtet dabei einen langsamen Übergang von menschlicher Beratung zu Robo-Beratung als sinnvollen Weg. „Wir haben bewusst bewährte Strategien mit bereits acht Jahren belegbarer Historie ins System integriert. Zur höheren Identifikation gibt es in der Entscheidungsfindung auch eine menschliche Komponente. Das schafft Vertrauen in die neue Welt und der Investor fühlt sich gut verstanden.“ Dass die Verbraucher durchaus bereit sind, in der Geldanlage KI zu vertrauen, macht Dr. Sebastian Grabmaier deutlich. So berichtet der Vorstandsvorsitzende der Jung, DMS & Cie. davon, dass die Angebote seines Unternehmens, bei denen KI eine Rolle spielt, gerne genutzt werden.

weiter auf Seite 2