Ausbildung zum Topverkäufer

18.02.2022

Wolfgang Thust, Vertriebs- und Rhetoriktrainer, Keynote-Speaker und Buchautor

Wenn ich heute diese Frage an Google stelle oder mich über Facebook und Instagram orientiere, begegnen mir die unterschiedlichsten und oft fragwürdige Typen. Jeder erzählt erst einmal, dass er der Beste ist, andere werden von einer Fangemeinde nach oben gejubelt. Solche Qualifikationen hängen oft nicht von tatsächlichen Ausbildungsergebnissen ab, sondern vielmehr von einer besonders aufwändigen Social-Media-Arbeit, unter dem Motto: wer viel und mit besonders knalligen Argumenten wirbt, erscheint als qualifiziert. Wenn ich beispielsweise Verkäuferausbildungen entdecke, an denen mehrere tausend Teilnehmer im Saal sitzen, stelle ich mir berechtigt die Frage nach der Qualität dieser Ausbildung. Da wird oft gesungen und getanzt und die Motivation steht sehr weit oben und die Teilnehmer gehen aufgeblasen aus dieser Veranstaltung, sind bis auf die Knochen begeistert, nur am Ende verkaufen sie keine Einheit mehr. Aber die Veranstaltung und erst der Referent waren super, geil und was noch für tolle Komplimente.

Ich sage, für solche Veranstaltungen kann man sehr wohl einfach nur ein Buch lesen oder ein entsprechendes Video ansehen, zumindest was den Ausbildungseffekt ausmacht. Das gesamte Problem auf der Suche nach geeigneten Referenten ist, dass man erst nach der Ausbildungsveranstaltung, also im folgenden Alltag feststellen kann, ob die Ausbildung gut war. Ich kann hier nur den Rat geben, festzustellen, inwieweit das eine fundierte Ausbildung ist von Fachleuten geleitet, die ihr Handwerk verstehen oder einfach nur eine Motivationsveranstaltung. Gerade letzten Monat wurde mir berichtet von einer Veranstaltung mit 600 Teilnehmer, bei denen jeder 2.500 Euro gezahlt haben soll (die Multiplikation ergibt 1,5 Mio. Euro). Urteilen Sie selbst. Nach meiner Auffassung funktioniert eine wirkliche Verkaufsausbildung in Seminarform nur mit plus/minus 20 Teilnehmern und einem entsprechend großen Trainingsanteil. Die Frage ist auch, welche Ausbildungsteile sind notwendig. Hier geht es vom Verkaufsgespräch über die Argumente der Einwandbehandlung bis hin zum Abschlusskönnen. Gleichzeitig ist es notwendig, sich mit der Terminvereinbarung und Präsentationsvarianten zu beschäftigen. In vielen Vertriebsformen ist das wichtigste das Holen von Empfehlungen und genauso die Kunst des Rekrutierens, was auch eine Form des Verkaufens ist. Und die höchste Form der Verkäuferausbildung ist die Persönlichkeitsentwicklung, denn nichts ist wichtiger, wie der Verkäufer beim Kunden ankommt.

Zur Person

Wolfgang Thust, Jahrgang 1946, ist Vertriebs- und Rhetoriktrainer, Keynote-Speaker, Buchautor sowie Gründer der Stiftung Helping Hand – wir helfen Kindern in Not. Nach seiner Karriere als Architekt in Frankfurt beginnt er 1975 seine Laufbahn in der HMI, dem Strukturvertrieb der Hamburg-Mannheimer. Innerhalb von nur fünf Jahren wird er HMI-Generalrepräsentant und erhält damit die allerhöchste Auszeichnung der Organisation. 2012, nach über 36 Jahren, verlässt er das Unternehmen, das inzwischen ERGO Pro heißt. Heute teilt er sein Wissen in eigens entwickelten Schulungen und Seminaren.