Annette Goldstein von Goldstein Consulting über die Aktivierung von selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen bei Startups

21.08.2024

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Immaterielle Vermögensgegenstände spielen für Startups eine zentrale Rolle. Sie stehen nicht nur für strategische Wettbewerbsvorteile, sondern ihre Aktivierung kann in den Jahresabschlüssen der betreffenden Gesellschaften auch das Eigenkapital stärken und damit ein für alle Bilanzleser sichtbarer Ausdruck der Innovationskraft des betreffenden Unternehmens sein. Gleichzeitig geht ihre Aktivierung mit spezifischen gesetzlichen Herausforderungen einher. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen und Bewertungskriterien dabei eine Rolle spielen und welche Chancen die Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände bieten kann, erklärt Wirtschaftsprüfungs- und Steuerexpertin Annette Goldstein von Goldstein Consulting in diesem Beitrag.

Der Goldstein-Consulting-Überblick - Definition und Arten von immateriellen Vermögens­gegenständen

Immaterielle Vermögensgegenstände sind Vermögenswerte ohne physische Substanz. Hierzu gehören etwa Patente, Markenrechte, Softwareentwicklungen, Kundenbeziehungen und Entwicklungsprojekte. Hinsichtlich des Ausweises von immateriellen Vermögensgegenständen in dem Jahresabschluss eines Unternehmens ist zu unterscheiden zwischen selbst geschaffenen und entgeltlich erworbenen immateriellen Vermögensgegenständen.

Entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände werden zu ihren Anschaffungskosten, genauso wie materielle Vermögensgegenstände, aktiviert, sofern die weiteren dafür geltenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. In diesem Artikel sollen die von einem Unternehmen selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände und deren Bilanzierungswahlrechte diskutiert werden, da insbesondere Startups sehr häufig viel Zeit und Geld in die Entwicklung der von ihnen dann später genutzten und vertriebenen Software investieren, die wiederum langfristig auch die Basis für die Generierung der Umsatzerlöse und sehr häufig auch des Marktwertes des Unternehmens darstellt.

Im Kontext der Rechnungslegung ist die Bilanzierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände von großer Bedeutung, da hierüber die Innovationskraft und insbesondere die in die Entwicklung dieser Vermögensgegenstände investierten Mittel für jeden Bilanzleser erkennbar sind, was im Falle einer Nicht-Aktivierung dieser Entwicklungen letztendlich dazu führt, dass solche Unternehmen im Vergleich schlechtere Jahresergebnisse ausweisen, da die investierten Mittel (z.B. über Personalaufwendungen aber auch die hierauf entfallenden Gemeinkosten und eventuell eingekaufte Fremdleistungen) sofort in der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwand ausgewiesen werden und damit unmittelbar das bilanzielle Eigenkapital mindern und zu einer reduzierten oder schlimmstenfalls sogar negativen Eigenkapitalquote führen.

Insbesondere für Startups sind selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände häufig wesentliche Werte, die ihre technologische Führerschaft und ihr Potenzial für zukünftiges Wachstum unterstreichen können.

Relevante gesetzliche Rahmenbedingungen und Rechnungslegungsvorschriften

Die Aktivierung von selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz unterliegt verschiedenen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Rechnungslegungsvorschriften. In Deutschland sind ihre Bilanzierung und Bewertung im Handelsgesetzbuch (HGB) in den §§ 248 und 253 geregelt. Nach § 248 Abs. 2 HGB dürfen immaterielle Vermögensgegenstände grundsätzlich aktiviert werden, wenn sie selbst erstellt wurden und bestimmte Kriterien erfüllen. Dazu zählen ins besondere die Frage, um welche selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens es sich handelt, sowie die Abgrenzbarkeit und die wahrscheinliche Nutzungsdauer dieses Vermögensgegenstandes. Der Gesetzgeber setzt der Aktivierung enge Grenzen und erlaubt keine Aktivierung von selbst geschaffenen Marken, Drucktiteln, Verlagsrechten, Kundenlisten oder vergleichbaren immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens.

Sofern also ein Unternehmen eine Software, Lizenz oder anderen immateriellen Vermögensgegenstand, der langfristig in dem Unternehmen genutzt werden soll, selbst entwickelt, ist entscheidend zu verstehen, dass die für die Aktivierung vorgegebenen Kriterien eingehalten werden müssen, um die Vermögenswerte in der Bilanz auszuweisen. Internationale Standards, wie sie in den International Financial Reporting Standards (IFRS) festgelegt sind, können ebenfalls relevante Anhaltspunkte bieten, insbesondere wenn ein Unternehmen international tätig ist oder eine solche Bilanzierung angestrebt wird, weil z.B. internationale Investoren sich an dem Unternehmen beteiligen möchten und eine ihren eigenen Standards vergleichbare Bilanzierung anstreben.

Die Ausübung dieses Bilanzierungswahlrechts erfordert zunächst die Klärung der Frage, ob es sich bei dem selbst entwickelten Gut um einen Vermögensgegenstand handelt, der aktivierungsfähig ist. Hieraus ergeben sich in der Praxis immer wieder Zweifelsfragen, welche Herstellungskosten in die Aktivierung einbezogen werden dürfen, wie z.B. Personalaufwendungen, Kosten externer Dienstleister, möglicherweise sogar Zinsaufwendungen sofern direkt zurechenbar und auf den Zeitraum der Herstellung entfallend.

Zum Vergleich kann man sich vorstellen, wenn ein Unternehmen z.B. ein Verwaltungsgebäude mit eigenen Arbeitnehmern errichten würde, wäre es selbstverständlich, dass die Herstellungskosten (Lohnkosten, Material, Gemeinkosten, etc.) in die Aktivierung einbezogen würden und dass dieses Gebäude, sofern langfristig selbst genutzt, im Anlagevermögen des errichtenden Unternehmens ausgewiesen wird.