Finanzielle Bildung befähigt, Herr seiner selbst zu sein
02.03.2022
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Finanzielle Bildung ist Mangelware. Seit Jahren wird landauf und landab lamentiert über das Defizit der finanziellen Bildung. Was ist beispielsweise der Zinseszins? Gerade jüngeren Menschen fehlt oft das Basiswissen, wie Wirtschaft im Allgemeinen funktioniert. Sie wissen um die neuesten Hypes im Social Media-Umfeld, doch mit dem Geldkreislauf können sie dagegen weniger anfangen. Viele Studien offenbaren das Dilemma. Laut einer Umfrage im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Banken (BdB) können fast die Hälfte (44 %) der 14- bis 24-Jährigen mit dem Begriff Inflationsrate nichts anfangen. Fast zwei Drittel wissen nicht genau, wofür die Europäische Zentralbank (EZB) zuständig ist. Und 31 % der Jugendlichen können nicht erklären, was eine Aktie ist.
Speziell die Wissenslücken beim Thema Geldentwertung sind fatal. Denn zwar merken viele Verbraucher, was eine steigende Inflation im Alltag bedeutet (es wird teurer an der Kasse), doch den entscheidenden Zusammenhang bezogen auf ihre Finanzanlage stellen sie nicht oder nur unzureichend her. Das legt eine Postbank-Studie dar. Vielen Befragten ist nicht bewusst, dass ihre Rücklagen durch die steigende Inflation an Wert verlieren, wenn die Zinsen nicht ausreichen, um den Kaufkraftverlust zu kompensieren. Das fehlende Know-how über die Auswirkungen der Inflation ist sicher ein Grund dafür, dass die Deutschen immer noch zögern, ihre Ersparnisse am Kapitalmarkt anzulegen.
Immerhin zeigte sich in den vergangenen zwei Jahren, dass das zarte Pflänzchen der Wertpapierkultur hierzulande etwas an Boden gut gemacht hat. So war auch 2021 ein gutes Jahr für die Aktienkultur in Deutschland. Circa zwölf Millionen Aktiensparerinnen und Aktiensparer waren im letzten Jahr in Aktien oder aktienbasierten Fonds investiert. Rund jeder Sechste ist damit am Aktienmarkt engagiert, so das Deutsche Aktieninstitut (DAI) und ergänzt, dass die Politik in Deutschland mehr für die Aktie tun möge. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Sinnhaftigkeit einer Langfristanlage erkannt wird. Es geht nicht um schnelle Gewinne, sondern die große Kunst bei der Vermögensbildung ist die Einsicht, dass die Messlatte nicht immer höher und höher gelegt werden kann. Stetiger Vermögensaufbau sichert das Überleben, speziell im fortgeschrittenen Alter.
Die Förderung der finanziellen Bildung ist so wichtig, weil diese auch zu einem verbesserten Weltverständnis führt. Finanzielle Kompetenz ist, etwas überspitzt gesagt, eine unabdingbare Voraussetzung für die notwendige, gesellschaftliche Teilhabe. Sie beruht auf einer Verknüpfung von Know-how zur Bewältigung privater Finanzprobleme mit solchen zur Analyse gesamtwirtschaftlicher Problemlagen. Die Basis für einen erfolgreichen Umgang mit den eigenen Finanzen sollte bereits frühzeitig gelegt werden. Finanzielle Bildung in einem aufgeklärten Elternhaus ist wirksamer als in der Schule oder anderen externen Bildungsinstitutionen. Doch nicht alle sind in der Lage, dieses adäquat zu leisten. So misslingt finanzielle Bildung zu Hause, wenn die Eltern beispielsweise selbst in Geldangelegenheiten nur unzureichend informiert sind. Dieser Mangel wird dann über die Generationen verfestigt. Das ist die große Gefahr.
Hier bedarf es neben Aufklärung auch eines zukunftsfähigen Bildungssystems, das künftigen Generationen das nötige Rüstzeug mit auf den Weg gibt, um den Anforderungen des Alltags bestehen zu können und eigene, rational abgewogene Entscheidungen zu treffen. Denn zu einem „guten Leben“ im Sinne eines selbstbestimmten Lebens müssen finanzielle Entscheidungen unentwegt gefällt werden. Sonst droht Ungemach. Menschen mit eringerer finanzieller Grundbildung neigen eher dazu, teure Kredite abzuschließen und sparen weniger für ihr Alter. Insofern gibt es hier einen klaren „Bildungsauftrag“.
In meinen Augen muss Schule als „sinnstiftende Lehranstalt“ einen Menschen prägen und formen, der über eine solide Allgemeinbildung, handwerkliche Fähigkeiten, guten Umgangsformen und ein hohes kommunikatives Niveau verfügt.
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