„Das höchste Gut ist unsere Unabhängigkeit“

27.05.2020

Friedrich Huber (li.) und Michael Reuss (re.), Gründer und Geschäftsführer von Huber, Reuss & Kollegen / Fotos: © Huber, Reuss & Kollegen

Friedrich Huber und Michael Reuss, Gründer und Geschäftsführer der Münchener Vermögensverwaltung Huber, Reuss & Kollegen , erzählen im Interview, was das Erfolgsgeheimnis ist und wie sich die Welt der Kapitalmärkte gewandelt hat

Seit Ende der Finanzkrise erleben wir in den USA eine Phase der Null- und Niedrigzinsen. Wie ist Ihre Sicht? Wird es wieder steigende Zinsen in Richtung früherer Niveaus geben oder bleiben die Zinsen auf dem niedrigen Niveau?

Huber: Wir gehen davon aus, dass die Zinsen angesichts der Schuldensituation auf der Welt dauerhaft niedrig bleiben werden. In den vergangenen Jahren haben Schulden zunehmend an Bedeutung verloren, sie sind in gewisser Weise gesellschaftsfähig geworden. Dies gilt im privaten Bereich genauso wie für Unternehmen und die öffentliche Hand. So ist bei vielen Staaten weder ein seriöses Bestreben noch überhaupt eine Möglichkeit zu erkennen, dass sie ihre Schulden abbauen. Im Gegenteil, weltweit steigen die Schuldenstände weiter. Die aktuelle Coronakrise verschärft diese Situation zusätzlich. Auch viele Unternehmen haben das günstige Zinsniveau genutzt, um neue Schulden auszunehmen. Wenn nun die Zinsen in relevantem Maße steigen würden, wäre dies für viele Staaten und Unternehmen ein riesiges Problem. Die hohen Schulden bedingen einen dauerhaft niedrigen Zins.

Und wie kommt man aus der Zinsfalle wieder raus?

Reuss: Das ist die Frage die alle beschäftigt. Und keiner hat bislang eine Antwort. Irgendeiner muss am Ende die Rechnung bezahlen, das ist sicher. Am wahrscheinlichsten sind wohl Schuldenschnitte, aber das Finanzsystem ist sehr belastbar und wann die Falle zuschnappt hängt ausschließlich mit dem Vertrauen der Bürger in die Währungen und das Finanzsystem ab. Wir leben im größten Kapitalmarktexperiment aller Zeiten, dessen Ende leider noch keiner kennt. Einzige Blaupause, woran man sich orientieren kann, ist Japan. Und hier sieht man, wie stark das System belastbar ist.

Was Huber und Reuss zu den Themen Geldpolitik, Regulatorik und digitale Finanztechnologie denken, lesen Sie auf Seite 2