Beratung aus dem Wohnwagen - wenn die Krise positiv wirkt

21.01.2022

Finanzberater Enrico Reich erzählt von seinen persönlichen Erfahrungen während der Coronakrise / Foto: © Enrico Reich

Corona spaltet nicht nur Meinungen, sondern auch Branchen – und zwar in Gesegnete und Getroffene. Die Versicherungs- und Finanzbranche kann sich durchaus zu ersteren zählen. Enrico Reich erstellt Finanzkonzepte für Privat – und Gewerbekunden. Warum sich die Krise für ihn nach der ersten Schockstarre zum Erfolgsbeschleuniger mausert. Hier ist seine Geschichte.

„Wie lange halte ich das durch? Keiner wird meine Beratung mehr in Anspruch nehmen“, das schoss mir Anfang 2020 als erstes durch den Kopf. In 20 Jahren als selbständiger Finanz- und Unternehmensberater erlebt man viel, aber das ein komplettes Land schließt… Wie soll ein Geschäft, das von direkter persönlicher Beratung lebt, ohne direkten persönlichen Kontakt funktionieren? Mit diesen Gedanken war ich im Frühjahr 2020 sicher nicht allein. Als Finanzberater weiß man, dass die Dinge oftmals anders kommen als man denkt. Dass sich vermeintliche Probleme allerdings in Lösungen verwandeln, davon hätte ich nicht zu träumen gewagt.

Corona wirkt wie ein Brennglas

Mein Eindruck ist, dass das, was bereits vor der Krise angelegt war, jetzt nur verstärkt wird. Gott sei Dank haben sich meine Anlagen, zwei wichtige Säulen meiner Arbeits-Philosophie, in den letzten zwei Jahren als hilfreich erwiesen:

  1. Die Wichtigkeit einer sehr individuellen Kundenbindung
  2. Die Flexibilität, sich äußeren Umständen und Themen anzupassen

Meine Angst, mein ganzer Geschäftsbereich könnte zusammenbrechen, löste sich schnell auf. Nach drei Wochen Ruhe, stand mein Telefon plötzlich nicht mehr still. Der Grund: Seit Ende März 2020 schlug die Börse einen Abwärtskurs ein. Meine Kunden haben ihr Geld verpuffen sehn und sie hatten jetzt ausreichend Zeit, sich drüber Gedanken zu machen.

Der Kunde ruft, was nun?

Meine Kunden brauchten dringend meinen Rat, alle auf einmal. Genau das war jetzt die Herausforderung: Wie kann ich mit meinen Kunden kommunizieren? Schnell war klar, die einzige Möglichkeit sind Onlinetermine. Ich habe 2020 viele Programme ausprobiert, um die zu finden, die dafür wirklich am besten funktionieren. Es musste schnell gehen, aber es ging irgendwie, auch wenn der Anfang etwas holprig war, learning by doing eben. Nicht jeder Kunde hatte z.B. eine entsprechende Videokamera. Und die Menge an Anrufen, das war nicht ohne: Ich hatte in der Zeit eine Onlineberatung, die ging fast zwei Stunden, obwohl nur eine Stunde anberaumt war. Damit mussten alle anderen Termine nach hinten wandern oder fielen zum Teil aus. Da bin ich wirklich ins Schwitzen gekommen, denn es gab für alle Deadlines. Die Termine dann online anders zu takten – das lernt man nach so einer Erfahrung schnell.

Wenn Einschränkungen zum Vorteil werden

Kurz vor dem kompletten Lockdown 2020 stand für mich der Umzug meines Büros von Berlin nach Werder (Havel) an. Ich hatte meine Mandanten zwar darauf vorbereitet, auch dass ich dann etwas seltener vorbeikommen würde. Trotzdem hätte ich mir ein zusätzliches Büro in Berlin angemietet, was natürlich zusätzliche Kosten bedeutet hätte. Diese Rechnung musste ich aber gar nicht mehr aufmachen. Hier hat mir Corona tatsächlich sehr in die Karten gespielt. Online-Meetings wollte vorher niemand so recht, doch jetzt waren meine Kunden erstaunlich offen dafür. Es ging ja nicht anders.

Welche Vorteile Corona für Enrico Reich noch mit sich brachte und welches Fazit er nach zwei Jahren Pandemie zieht, lesen Sie auf Seite 2.