Bella Figura

12.12.2019

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Vor rund zwei Jahrzehnten kamen die ersten Riester-Verträge in den Verkauf. Das Modell war nicht als zusätzliche Altersvorsorge eingeführt worden, sondern um Lücken zu schließen, die eine Reform der gesetzlichen Rente gerissen hatte. Entgegen allen Unkenrufen haben sich die Policen bewährt. Allerdings könnte der Staat sie noch attraktiver machen. Das fordern Versicherer und externe Experten.

Rund 17 Jahre nach ihrer Einführung ist die Riester-Rente hinsichtlich der Rentabilität, der Marktdurchdringung, der Kundengruppen, die sie erreichen sollte, sowie ihrer Verbreitung ein Erfolg. Zu diesem Schluss kommt eine gemeinsame Studie der DWS Group und des Deutschen Instituts für Altersvorsorge. Demnach erreicht die Riester-Rente alle Bevölkerungsgruppen, insbesondere niedrige und mittlere Einkommensgruppen, Frauen sogar überproportional. Der Riester-Rendite-Index des IVFP ergibt für das Jahr 2018 eine Rendite von 3,4 % nach Kosten und Steuern. Außerdem übersteigt die Rente nach Steuern die Einzahlungen im Alter von 78 Jahren. Die Riester-Rentenempfänger erreichen also etwa nach 14 Jahren die Gewinnzone. Bei einer unterstellten Lebenserwartung von 86 Jahren folgen durchschnittlich acht weitere Jahre Rentenbezug. Es bestehe jedoch auch dringender Reformbedarf. Abzuklären, wer unmittelbar zu den staatlichen Zuschüssen und Steuervorteilen berechtigt ist, sei sehr komplex. Die Fördersystematik und die Verwaltung der Verträge müssten vereinfacht werden. Ebenso sollte die obligatorische Beitragsgarantie flexibilisiert werden und den Kunden die Wahlmöglichkeit gegeben werden, in chancenreichere Produkte zu investieren. Nach wie vor gäbe es aufgrund der verpflichtenden Beitragsgarantie eine viel zu geringe Tarifauswahl und -vielfalt in der Riester-Rente. Kern des Reformvorschlags ist die Abschaffung von unmittelbarer und mittelbarer Förderung. Wer unbeschränkt steuerpflichtig oder sozialversichert ist, soll förderberechtigt sein und neben den Grund- und Kinderzulagen eine Förderung von mindestens 50 % auf jeden Euro Eigenleistung erhalten. Im Ergebnis sollten sich die zukünftigen Renten je nach Einkommensgruppe zwischen 30 und 38 % erhöhen. Die Ausweitung der Riester-Rente auf alle unbeschränkt Steuerpflichtigen und die ungekürzte Zahlung der vollen Kinderzulage ab 60 Euro Eigenleistung könnte die Rückforderungen von Zulagen weitgehend verhindern.

Versicherer sehen einige Baustellen

Die Versicherer selbst sehen Bedarf teilweise an anderer Stelle. So sagt Matthias Sattler, Leiter Vertrieb ALTE LEIPZIGER Lebensversicherung a. G.: „In unserem aktuellen Zinsumfeld setzen wir nach wie vor auf unseren fondsgebundenen Riestertarif ALfonds. Dabei müssen wir die vom Gesetzgeber geforderte hundertprozentige Beitragsgarantie berücksichtigen. Das schränkt die Investmentfreiheit für Kunden ein und macht einen Riester-Vertrag erst bei längeren Laufzeiten interessant.“ Außerdem sollten die Fördersystematik und die Zulagenverwaltung vereinfacht werden. Martin Gräfer, Vorstand der Bayerischen Versicherungsgruppe, weist auf Aktivitäten seines Unternehmens hin: „Hier haben wir als Gründungsmitglied der Initiative Pro Riester im politischen Berlin bereits einige Vorschläge gemacht. Die Riester-Förderung sollte auf alle Steuerpflichtigen ausgedehnt werden. Die Inflation der vergangenen Jahre sollte nachgeholt und der geförderte Höchstbetrag entsprechend erhöht werden Bruttobeitragsgarantie und für die Zukunft automatisch ansteigen.“ Die zentrale Zulagenstelle könnte zudem komplett durch das Wohnsitzfinanzamt ersetzt und die Riester-Rente damit weniger bürokratisch werden. So könnten nebenbei Kosten eingespart werden. Weiterhin sollte die obligatorische  individualisiert werden, also eine Auswahl zwischen null und 100 % möglich sein; zumindest aber sollte sie auf 80 % abgesenkt werden. Und Thomas Gilleßen, Produktmanager Lebensversicherung HanseMerkur, ergänzt: „Die vom Staat vorgegebene Restriktion, dass zum Ablauf mindestens die eingezahlten Beiträge plus Zulagen als Verrentungskapital zur Verfügung stehen muss, schränkt die Versicherer in der angebotenen Beitragsanlageform ein. Zudem verursachen vorgegebene Garantien höhere Kosten. Wenn diese Restriktion aufgehoben würde, wäre es möglich, die Beiträge stärker am Kapitalmarkt anzulegen und so höhere Renditen zu erwirtschaften.“ Eine weitere Folge davon wäre auch, dass Höchsteintrittsalter gesenkt werden könnten. Diese lägen wegen des aktuellen Zinsniveaus in Verbindung mit der Garantievorgabe bei vielen Riester-Produktanbietern um die 50 Jahre.