«What-ever it takes» – verliert an Glaubwürdigkeit

21.02.2017

Karsten Junius, Chefökonom, Bank J. Safra Sarasin AG / Foto: © Bank J. Safra Sarasin

Die Voraussetzungen für das vielleicht erfolgreichste, nie aktiv genutzte EZB-Hilfsprogramm für die Euro-Peripherie schwinden dahin. Knapper werdende Staatsanleihen, rechtliche Bedenken und immer stärker werdende Euro-adverse Parteien machen es unwahrscheinlicher, dass die EZB tatsächlich unlimitiert am Bondmarkt interveniert. Steigenden Risikoprämien für einen Austritt einzelner Länder aus der Währungsunion hat sie daher derzeit wenig entgegenzusetzen.

EZB-Präsident Draghi schien im Sommer 2012 die Worte gefunden zu haben, die die Euro-Schuldenkrise fast auf einen Schlag und ein für alle Male beendet hatten: Die Ankündigung, im Zweifelsfall alles Notwendige einzusetzen, um den Euro zu erhalten, schüchterte Euro-kritische Investoren ausreichend ein. Die Risikoaufschläge für Peripherieanleihen bildeten sich sukzessive zurück. Bis heute sind die Worte Draghis nicht verhallt, genauso wie sein Nachsatz, «glaubt mir, es wird ausreichend sein». Diesem folgte der Beschluss des EZB-Rates über das Outright Monetary Transaction (OMT) genannte Anleihekaufprogramm. Nachdem auch der Europäische Gerichtshof die Gültigkeit des OMT-Programms bestätigt hatte, fanden sich die Anleihemärkte damit ab, dass es sich nicht lohnen würde, gegen die EZB zu spekulieren und Risikoaufschläge für ein Auseinanderbrechen der Währungsunion einzupreisen. Die Entscheidung, sogar regelmäßig Staatsanleihen aller Länder anzukaufen, um die Wirtschaft weiter anzukurbeln, tat ihr Übriges: die Zinsen in der Peripherie fielen mit Ausnahme von Griechenland 2015 bzw. 2016 auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Währungsunion.

Vergessen scheint inzwischen, dass das OMT-Programm an Bedingungen geknüpft ist und einen spezifischen Zweck hatte. Es sollte ein unfreiwilliges Auseinanderbrechen der Währungsunion verhindern. Dies könnte resultieren, wenn Spekulanten die Risikoaufschläge für Peripherieanleihen auf nicht-nachhaltige Niveaus treiben würden. Das Programm ist also aufgesetzt worden, um Länder zu unterstützen, die den politischen Willen haben, im Währungsgebiet zu bleiben, aber am Kapitalmarkt nicht ausreichend glaubwürdig sind. Die jetzige Situation ist anders. Die Glaubwürdigkeit am Kapitalmarkt mag gegeben sein. Der politische Willen ist aber in Ländern fraglich, in denen populistische Parteien offen und mit starkem Zulauf für einen Austritt aus der Währungsunion eintreten. Zudem ist ein OMT-Programm gebunden an eine Vereinbarung eines Strukturanpassungsprogramms durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Politisch ist es unwahrscheinlich, dass mögliche zukünftige populistische Regierungen genau dies abschließen wollen.

Fraglich ist auch, ob die EZB de facto überhaupt noch die notwendigen Mittel für ein glaubwürdiges OMT hat. Dieses soll nämlich nur in ein- bis dreijährige Staatsanleihen am Kapitalmarkt investieren, um das Verbot der monetären Staatsfinanzierung nicht zu umgehen. Mit der gleichen Begründung wurden die Emissions- und Emittentengrenze von 33% beim Staatsanleihekaufprogramm eingeführt. Wenn nun aber schon die Anleihen für dieses Programm offensichtlich knapp werden, was soll die EZB dann noch im Rahmen des OMT kaufen? Es scheint, dass das OMT zum zahnlosen Tiger wird. Schlimm ist das nicht unbedingt, denn gleichzeitig wurden die institutionellen Voraussetzungen für die geordnete Bewältigung eines staatlichen Schuldenausfalls in der Währungsunion deutlich verbessert. Allein gewöhnen muss man sich noch an den Gedanken, dass es dazu kommen könnte. Soweit sind die Bondmärkte noch nicht, wie die weiterhin begrenzten Renditeunterschiede zeigen.

Kolumne von Karsten Junius, Chefökonom, Bank J. Safra Sarasin AG