Übertriebene Rezessionsängste

01.09.2015

Man sollte es nicht für möglich halten, aber die Reduktion der Prognose des Weltwirtschaftswachstums von 3,2 % auf „nur noch“ 2,8 % in diesem Jahr hat einige Börsen weltweit ca. 25 % ihrer Kapitalisierung gekostet.

Dieser Zusammenhang ist wohl etwas einfach gestrickt, aber im Grunde läuft es wirklich darauf hinaus. Das meistverwendete Wort in der aktuellen Berichterstattung lautet „Rezession“. Da stellt sich die Frage, was denn dieses Wort bedeutet. In früheren Zeiten wurde „Rezession“ rein technisch festgestellt, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen „Negativ-Wachstum“ errechnet wurde. Heute scheint man schon von Rezession zu sprechen, wenn ein kleiner Rückgang von positiven Wachstumsraten zu verzeichnen ist. Hierbei ist China sicherlich ein Sonderfall. Denn für Unbehagen sorgt schon seit längerem, dass die Wirtschaftsdaten sehr intransparent und unglaubwürdig sind. Auf der anderen Seite kann auch niemand ernsthaft erwarten, dass die inzwischen zweitgrößte Volkswirtschaft dauerhaft weiter mit 6 bis 7 % wachsen kann. Die Zeiten der niedrigen Basiswerte, die rechnerisch höhere Wachstumsraten ermöglichten, sind vorbei. Daher sind die extremen Konjunktursorgen übertrieben, insbesondere da viele Volkswirtschaften von günstigen Wechselkursen und niedrigen Rohstoff- und Energiepreisen profitieren.

Natürlich gilt es trotzdem wachsam zu bleiben, denn die teils künstliche Konjunkturstimulierung durch die sehr expansive Geldpolitik der internationalen Zentralbanken muss auch durch nachhaltige Nachfrageentwicklungen ersetzt werden. Dafür zumindest steht das anhaltende Weltbevölkerungswachstum, das ungebremst fortschreitet. Ebenso die stetige Fortentwicklung junger, bevölkerungsreicher Schwellenländer, die wachsende Konsumbedürfnisse aufweisen. Abwertungskriege können aber international verbundenen Volkswirtschaften schaden. Ebenso geopolitische Krisen, wie die Ukraine- oder Süd-/Nordkorea- Krise, sowie die in keinster Weise abzusehende Lösung des IS-Problems und des Brandherdes Naher Osten. Aber es wäre schön, von Rezession zu sprechen oder vor ihr Angst zu haben, wenn sie wirklich vor der Tür steht. Zurzeit sieht es danach nicht aus.

_

Autor: Michael Beck, Leiter Asset Management Bankhaus ELLWANGER & GEIGER KG_