Sinkende Courtagen für LV

20.06.2017

Möglicherweise müssen sich Vermittler ab nächstem Jahr auf eine Höchstgrenze für die Provisionen bei Lebensversicherungen einstellen / Foto: © Kurhan-fotolia.com

Wie vom Gesetzgeber gewünscht hat das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) die Vergütungen in der Versicherungsvermittlung deutlich abgesenkt. Die Studie "Provisionen & Courtagen in der Versicherungsvermittlung", die das Beratungsunternehmen Willis Tower Watson gemeinsam mit Professoren der Fachhochschule Dortmund durchgeführt hat, zeigt, dass die Lebensversicherer die Abschlussprovisionssätze je nach Vertriebsweg um 1,5 bis 7,0 Promillepunkte abgesenkt haben.

„Das LVRG sollte Druck auf die Abschlusskosten erzeugen – dieser ist in den Provisionsvereinbarungen der Vermittler und Makler spürbar angekommen“, bestätigt Prof. Dr. Matthias Beenken, Professor für Versicherungswirtschaft an der FH Dortmund. „Kurz vor Verabschiedung der neuen Vermittlerrichtlinie IDD durch den Bundestag zeigt unsere Studie, dass Versicherer den Verbraucherschutz heute stärker im Blick haben“, so Henning Maaß, Sales Leader Life bei Willis Towers Watson. „Die IDD geht noch einen Schritt weiter, wird die Beratung qualitativ verbessern und Abschlusskosten noch transparenter darstellen.“

Durchschnittliche Abschlussprovisionssätze nach Vertriebsweg

Aufgrund des LVRG sind die Abschlussprovisionen über alle Vertriebswege hinweg gesunken. Der Provisionssatz im Ausschließlichkeitsvertrieb liegt heute mit 25 Promille 1,5 Promillepunkte geringer als noch vor zwei Jahren, als die Umsetzung des LVRG noch in einem sehr frühen Stadium war. Makler erhalten für die Vermittlung von Lebensversicherungen eine Courtage von 32,1 Promille, 2015 waren es noch 39,4 Promille. Etwas weniger Rückgang mussten Mehrfachvertreter hinnehmen, die nun 30,7 statt 36,2 Promille erhalten.

Laufende Provisionen und Stornohaftungszeiten nehmen zu

Die Untersuchung zeigt auch, dass auf die Laufzeit verteilte Abschlussprovisionen zunehmen. So gab jeder zweite Versicherungsmakler und Mehrfachvertreter und jeder vierte Ausschließlichkeitsvertreter eine solche Vergütung an. Bei Maklern und Mehrfachvertretern kommen Bestandsvergütungen häufiger vor als bei Ausschließlichkeitsvertretern. Diese Vergütungen liegen typischerweise zwischen 1 % und 2 % der Jahresprämie. „Damit sind die einmaligen, bei Vertragsschluss fälligen Abschlussprovisionen nicht ersatzlos entfallen“, so Beenken. „Dies verändert jedoch auch den effektiven Provisionssatz auf Lebensversicherungen im Vergleich zu den gesamten Abschlusskosten, die in der Bilanz ausgewiesen werden.“

Auch die Stornohaftungszeiten sind signifikant angestiegen. So wird die gesetzliche Stornohaftungszeit von fünf Jahren zunehmend vertraglich angehoben und sogar überschritten. Während Ausschließlichkeitsvertreter erst nach etwas über sechs Jahren ihre vollständige Abschlussprovision verdient haben, ist es bei Maklern und Mehrfachagenten nur unwesentlich früher der Fall. Endet ein Versicherungsvertrag früher, muss eine anteilige Abschlussprovision zurückgezahlt werden. „Die Rückzahlungspflicht gilt unabhängig vom Grund für die vorzeitige Beendigung, also auch wenn keine schlechte Beratung erfolgt ist“, erläutert Prof. Michael Radtke, Professor an der Fachhochschule Dortmund und Co-Autor der Studie. „Hingegen ist bei der Honorarberatung, die der Gesetzgeber fördern will, nach jetzigem Stand keine vergleichbare Stornohaftung vorsehen. Das wäre eine Ungleichbehandlung der Vermittler und Berater – Kunden sollten über diesen Nachteil Bescheid wissen, den sie bei einer Honorarvereinbarung hinnehmen müssen.“

In der diesjährigen Provisionsstudie werden erstmals auch weitere Parameter erhoben, die zur effektiven Senkung des nominellen Abschlussprovisionssatzes führen: Dabei handelt es sich insbesondere um sogenannte Langzeitfaktoren, die die Beitragssumme und damit die Berechnungsgrundlage der Abschlussprovision senken. Tendenziell werden sowohl relativ kurz als auch relativ lang laufende Verträge auf diese Weise schlechter vergütet, als es der nominelle Provisionssatz erwarten ließe. Eine weitere Senkung entsteht durch eine unverzinste Einbehaltung von Teilen der Abschlussprovision als sogenannte Stornoreserve. „Die Abschlusskosten der Lebensversicherer bestehen keineswegs nur aus Provisionen“, so Radtke. „Wenn der Druck auf die Abschlusskosten wirksam werden soll, müssen auch andere Kostenpositionen des Versicherers überprüft werden.“

Problematische Sondervergütungen nach IDD-Verabschiedung

Die Studienautoren sehen im Bereich der Zusatzvergütungen Handlungsbedarf: „Mit der bevorstehenden Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) ist es nicht mehr zulässig, Vergütungsformen einzusetzen, die mit der Pflicht der Versicherer und Vermittler im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln kollidieren“, sagt Beenken. Besonders problematisch sind in diesem Zusammenhang erfolgsabhängige Zusatzvergütungen, wenn sie dazu führen, dass Versicherungsvermittler andere Verträge anbieten als für den Kunden in der jeweiligen Situation empfehlenswert. Radtke: „Erstaunlich ist, dass selbst bei Versicherungsmaklern solche Vergütungen anscheinend immer noch nicht ausgestorben sind, obwohl dies schon nach dem Verhaltenskodex der Versicherer zu erwarten gewesen wäre.“ (ahu)