Sichert die Meinungsfreiheit

11.04.2017

Handelt die Politik zu schnell und gefährdet die Meinungsfreiheit? /Foto: © Sergey Nivens - Fotolia.com

Die Politik will ein tagesaktuelles Problem „die Falschmeldung" lösen und schafft dabei eine viel bedrohlichere Situation für die Demokratie. Die Meinungsfreiheit abschaffen wäre absolut falsch.

Eine breite Allianz von Wirtschaftsverbänden, netzpolitischen Vereinen, Bürgerrechts-Organisationen und Rechtsexperten hat sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen das geplante Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) gewandt, mit dem die Bundesregierung gegen Hass-Kommentare im Internet vorgehen will meldet der Digitalverband Bitkom.

In einer gemeinsamen "Deklaration für die Meinungsfreiheit" warnen die Unterzeichner vor "katastrophalen Folgen", sollte das NetzDG vom Bundestag verabschiedet werden.

So zwinge die Politik unter Androhung hoher Bußgelder in Verbindung mit für Betreiber kurzen Reaktionsfristen die Plattformverantwortlichen, sich im Zweifel zu Lasten der Meinungsfreiheit und für die Löschung oder Sperrung von Inhalten zu entscheiden. Dies werde nicht nur jene typischen stupiden Hassreden betreffen, auf die das Gesetz abzielt.

So können künftig auch Meinungsäußerungen von Bürgerrechtlern und Veröffentlichungen von etablierten Medien in sozialen Netzwerken sowie von Vertretern der politischen Parteien von diesen Zwangslöschungen betroffen sein. Viele dieser Inhalte würden womöglich bei sorgfältiger Prüfung durch das grundgesetzlich garantierte Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sein.

„Das NetzDG wird von einem breiten Bündnis von Organisationen und Personen abgelehnt, die bei netzpolitischen Diskussionen sonst häufig auch kontroverse Positionen vertreten. Sie eint die Sorge um die Meinungsfreiheit im Netz, die durch ein überhastetes Gesetzgebungsverfahren aus wahlkampftaktischen Überlegungen in Gefahr gerät. Dieses Gesetz richtet mehr Schaden an, als dass es nützt. Die Politik sollte sich angesichts dieser breiten Kritik besinnen und das Gesetz in dieser Form nicht beschließen. Wir müssen verstärkt gegen Hasskommentare und andere Straftaten im Netz vorgehen, aber nicht auf Kosten unserer Grundrechte und unserer rechtsstaatlichen Verfahren", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

Die Unterzeichner fordern im Kampf gegen „absichtliche Falschmeldungen, Hass-Rede und menschenfeindliche Hetze" eine „Kooperation von Staat, Zivilgesellschaft und der Anbieter". Ziel müsse eine "gesamtgesellschaftliche Lösung" sein, durch die „strafwürdiges Verhalten konsequent verfolgt" sowie „Gegenrede und Medienkompetenz gestärkt werden".

Zu den unterzeichnenden Organisationen zählen, in alphabetischer Reihenfolge:

■   Amadeu Antonio Stiftung

■   Bitkom - Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.

■   BIU – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V.

■   Bundesverband Deutsche Startups e.V.

■   Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.

■   Bundesverband IT-Mittelstand e. V. (BITMi)

■   Chaos Computer Club e. V.

■   cnetz – Verein für Netzpolitik e. V.

■   D64 - Zentrum für digitalen Fortschritt e.V.

■   Digitale Gesellschaft e. V.

■   DJV - Deutscher Journalisten-Verband e.V.

■   eco - Verband der Internetwirtschaft e.V.

■   Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Dienste Anbieter e.V. (FSM)

■   Internet Society, German Chapter (ISOC.DE) e.V.

■   LOAD e.V. - Verein für liberale Netzpolitik

■   Open Knowledge Foundation

■   Reporter ohne Grenzen e. V.

■   Wikimedia Deutschland – Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e. V.

Weitere Unterzeichner sind:

Dr. Ulf Buermeyer, LL.M., Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Dr. Frederik Ferreau, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Universität zu Köln, Jörg Heidrich, Rechtsanwalt, Prof. Dr. Jeanette Hofmann, Politikwissenschaftlerin, Prof. Dr. Thomas Hoeren, Rechtswissenschaftler, Prof. Niko Härting, Rechtsanwalt, Jan Mönikes, Rechtsanwalt, Prof. Dr. Dr. h.c. Ingolf Pernice, Rechtswissenschaftler und Stephan Schmidt, Rechtsanwalt

Die vollständige Erklärung gibt es hier im Internet zu lesen.

Fazit: Noch dringender sind jetzt Cyber-, Rechtsschutz- und Haftpflichtdeckungen für Blogger, freie Journalisten, kleine Medienverlage und Social Media Plattform-Betreiber. (db)