Weiterbildungspflicht für Anlageberater kommt

31.05.2023

Frank Rottenbacher, AfW-Vorstand / Foto: © AfW

Am 24. Mai stellte die EU-Kommissarin Mairead McGuiness endlich ihren Vorschlag für die EU-Kleinanlegerstrategie („Retail Investment Strategy“) vor. Darin enthalten waren aber nicht nur Regelungen für das mögliche, zuvor heiß diskutierte Provisionsverbot für den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten. Der Entwurf enthält auch eine Weiterbildungspflicht für Personen, die im Namen einer Wertpapierfirma Anlageberatung durchführen oder über Finanzinstrumente informieren.

Der AfW übersetzt die Regelungen wie folgt:

Die beratenden Personen müssten…

-        … über die „erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen“ um ihre Beratungspflichten erfüllen zu können,

-        … mindestens über die in einem neuen Anhand V der MiFID genannten Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen und diese aufrechterhalten,

-        … diese Kenntnisse und Fähigkeiten durch regelmäßige berufliche Weiterbildung und Schulungen, einschlie0lich spezieller Schulungen, wenn die Firma neue Finanzinstrumente und Wertpapierdienstleistungen anbietet, aufrechterhalten und aktualisieren,

-        … dafür jährlich mindestens15 Stunden an beruflicher Fort- und Weiterbildung teilnehmen,

-        … diese Teilnahme durch eine Bescheinigung nachweisen.  

Formal fallen laut AfW Finanzanlagevermittler nach § 34f GewO nicht unter diese Weiterbildungsanforderungen, denn bei „Personen, die im Namen einer Wertpapierfirma beraten oder informieren“ handelt es sich um Beraterinnen und Berater im Namen einer Bank oder eines Haftungsdaches. Laut dem Branchenverband sei hier jedoch Vorsicht geboten, da der Finanzanlagevermittler nach deutscher GewO in Brüssel kaum bekannt sei. Deshalb sei er bereits bei der Transparenzverordnung (TVO) anfangs vergessen bzw. übersehen worden. Die EU-Kommission spreche in ihren FAQ lediglich von „Financial Advisors“, also Finanzberatern, und unterscheide nicht zwischen verschiedenen Vertriebsformen.

Der AfW verweist in diesem Zusammenhang auf die FAQ zur Kleinanlegerstrategie, darin steht: „Finanzberater spielen eine entscheidende Rolle als Torwächter zum Finanzsystem und sind daher von besonderer Bedeutung für Kleinanleger …“ und: „Die Untersuchungen der Kommission hatten ergeben, dass das Niveau der Qualifikationen, Kenntnisse und Fähigkeiten von Finanzberatern in den einzelnen Mitgliedstaaten und in den geltenden Rechtsrahmen unterschiedlich ist. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen den Kleinanlegern die Gewissheit geben, dass der Kenntnisstand und die Kompetenz der Finanzberater den erforderlichen Standards entsprechen, unabhängig davon, wo sie in der EU ansässig sind, auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit, um das Vertrauen der Kleinanleger in die Beratung zu stärken und für die Marktteilnehmer, die Beratung anbieten, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.“

Bedeutung für Beratende in Deutschland

Frank Rottenbacher, AfW-Vorstand, erläutert: „Somit liegt es bei der Bundesregierung zu entscheiden, ob auch die Finanzanlagenvermittler unter die Weiterbildungsverpflichtung fallen. Dafür müsste die Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) angepasst werden. Zuständig dafür ist das Bundeswirtschaftsministerium, das von einem grünen Minister geleitet wird. Sein für dieses Thema zuständiger Staatssekretär Sven Giegold dürfte eher zu einer strengen Auslegung des Brüsseler Textes tendieren. Eine Weiterbildungspflicht für Finanzanlagenvermittler erscheint daher wahrscheinlich.“

Zudem habe laut AfW die EU-Kommission ihre ursprünglich vorgeschlagene Anforderung von 35 Stunden Weiterbildung auf nun 15 Stunden reduziert. Diese Anpassung sei konsistent mit den derzeitigen Anforderungen der Insurance Distribution Directive (IDD) und deute auf eine Annäherung der Anforderungen aus der MiFID und IDD hin. Die Kommission schreibe dazu in ihren FAQ: „Darüber hinaus wird im Einklang mit den derzeitigen Anforderungen der IDD eine begrenzte Anforderung an die laufende berufliche Weiterbildung eingeführt.“

Der Entwurf von McGuiness steht noch vor einer Verabschiedung durch das EU-Parlament sowie dem Beschluss des EU-Rates, mit einem Inkrafttreten rechnet der AfW deshalb frühestens in zwei Jahren. Der Verband wolle den gesamten Prozess weiterhin sehr eng begleiten. (lb)