Weiche statt harte Landung

05.09.2023

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Die US-amerikanische Volkswirtschaft ist der Dreh- und Angelpunkt der Welt. Gerade in diesen Zeiten der hohen Inflationsstände schauen Börsianer und Berater mit Argusaugen auf die Signale der US-Notenbank Fed. Mitte Juli zeigt sich an der Inflationsfront Entspannung. Mittlerweile gehen die Marktteilnehmer von einem „Soft Landing“ der dortigen Volkswirtschaft aus. Keine harte Rezession. Die jüngste Rallye an den Märkten wurde dabei in erster Linie durch die Tech-Aktien befeuert.

It’s the economy, stupid“, war einst das Erfolgsmotto des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton Anfang der 90er Jahre. Und recht hatte er. Was damals galt, ist auch heute noch richtig. Läuft die Wirtschaft wie am Schnürchen bzw. in die richtige Richtung, sind Wähler als auch Investoren zufrieden. Ruckelt es oder gleitet die Ökonomie ins Negative ab, hat es der Amtsinhaber schwer. Das gilt auch mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2024. Joe Biden versucht nun, mit dem Slogan „Bidenomics“ seiner Wiederwahl Rückenwind zu verleihen. Ansinnen ist, wegzukommen von Vorwürfen des hohen Alters und den Blick eben einzig und allein auf die wirtschaftlichen Errungenschaften der vergangenen Jahre zu legen. Stichwort Arbeitslosigkeit: Die Beschäftigung in der US-Privatwirtschaft ist zuletzt im Juni viel stärker gestiegen als erwartet. Gegenüber dem Vormonat entstanden 497.000 Stellen. Ökonomen hatten weniger neue Jobs vorausgesagt. Die Arbeitslosenquote in den USA ist im Juni 2023 nur marginal auf rund 3,6 % gestiegen. Seit Bidens Amtsantritt Anfang 2021 hat sich die Arbeitslosenzahl deutlich verringert. Die Kehrseite der Medaille ist, dass ein robuster Arbeitsmarkt die Inflation weiter ansteigen lassen könnte. Eine Sache, die die US-Notenbank vermeiden möchte.

Inflationsrate sinkt deutlich

Erfreulicherweise ist die Inflation jüngst (stark) gefallen. Die Kerninflation lag bei 4,8 % (Mai: 5,3 %). Rückläufig waren die Preise vor allem bei dauerhaften Gütern. Aber auch die Wohnkosten sind weniger stark gestiegen. „Die US-Inflation ist im Juni wie erwartet deutlich gesunken und der Preisauftrieb hat auch in der Breite nachgelassen. Bis auf Weiteres dürfte die Fed zwar noch hawkishe Signale senden und könnte die Leitzinsen im Juli nochmals anheben. […] Darüber hinaus stützen die Juni-Inflationsdaten das Soft Landing-Szenario für die US-Wirtschaft. Aus Investorensicht ist vor allem die Aussicht auf ein Abflachen der Inflations- und Zinswelle positiv und verbessert den Ausblick für Geschäftsmodelle in säkularen Wachstumstrends, kommentiert Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz. Ähnlich argumentiert Tiffany Wilding, US-Ökonomin beim Vermögensverwalter PIMCO: „Die Inflation liegt zwar immer noch deutlich über den Zielvorgaben der Fed, doch scheint sich unser Maß für die Inflation der hartnäckigen Preise bei 3,5 % zu stabilisieren, während es im letzten Jahr noch über 8 % waren“, so Wilding. Das bedeutet für den Kapitalmarkt, dass sich die Phase der Zinsanstiege dem Ende nähert. Doch daraus zu folgern, dass die Fed sofort den Hebel an Zinssenkungen ansetzt, um die Wirtschaft weiter anzukurbeln, bleibt illusorisch. Nach Marktansicht wird das Zinsniveau erstmal auf diesem höheren Niveau verharren, bis die Inflation sich auch langfristig wieder auf „vertretbaren“ Niveaus. Was heißt das nun für die Investoren?

Tech gibt die Geschwindigkeit vor

Der US-Markt ist groß und in diesem Jahr gut gelaufen. Wobei wir in diesem Zusammenhang differenzieren sollten. Zwar ist auch der große Dow Jones Index gut im Plus, doch die Pace gaben die Technologieaktien vor. Sozusagen ein Revival der Wachstums-/Technologiewerte, die im vergangenen Jahr abgestraft wurden. Doch aktuell spielt hier die Musik. Hier spricht man insbesondere von den „Magnificent 7“; Apple, Microsoft, Alphabet (Google), Amazon, Nvidia, Tesla und Meta (Facebook). Diese sieben Aktien legten seit Jahresanfang mehr als 50 % zu, damit auch stärker als die FAANG-Aktien. Wichtig: Rechnet man die Performance dieser sieben Aktientitel seit Jahresanfang heraus, dann stieg der S&P 500 Index kaum. Das bedeutet, der Anstieg des Index ist im Wesentlichen auf sieben von 500 Aktien zurückzuführen.

Welche Konsequenzen daraus ziehen?

Der US-Aktienmarkt ist Ihren Kunden ein Begriff und die Stories um die gigantischen Wachstumswerte sind einfach erzählt und nachvollziehbar. Insofern ist die Grundlage für ein Gespräch gelegt. Natürlich sind einzelne Titel bereits gut gelaufen und haben immer neue Höchststände erklommen. Diejenigen, deren Geschäftsmodell auf mehr als einem soliden Fundament beruht und die neuartigen Entwicklungen (Stichwort: Künstliche Intelligenz) stetig vorantreiben, werden auch künftig noch Kurspotenzial haben. Hinzu kommt, dass die meisten Marktteilnehmer vom Szenario eines „Soft Landing“ ausgehen, das heißt keine tiefe Rezession bei unseren US-amerikanischen Freunden. (ah)