Warum Investoren einen Milliardenmarkt verschlafen

17.04.2024

Janine Hardi. Foto: RentePlusImmobilie

Die Immobilienverrentung gewann in den vergangenen Jahren als Möglichkeit, Finanzierungslücken im Alter zu überbrücken, immer mehr an Bedeutung. Gleichzeitig schrumpfte der Ankäufermarkt und konsolidiert sich derzeit zusätzlich im Bereich des Teilankaufs. Institutionelle Investoren meiden den Markt bislang. „Allein in den vier Jahren seit unserer Gründung haben wir über 5.000 Immobilieneigentümer zum Thema Immobilienverrentung beraten – Tendenz stark steigend. Durch den Rückgang auf der Käuferseite, wächst die Asymmetrie auf einem Milliardenmarkt“, erklärt Janine Hardi, Gründerin der Beratungsplattform RentePlusImmobilie.de.

Gründe für eine Immobilienverrentung finden sich viele. So wollen rund 40 Prozent der Interessierten Finanzierungsprobleme überbrücken, 20 Prozent hingegen wünschen sich etwas Luxus im Alter und die restlichen 40 Prozent haben keine Erben und wollen zu Lebzeiten noch anstehende Fragen zur Immobilie regeln. Schon 2019 ermittelte das Marktforschungsinstitut Consumerfieldwork in einer Umfrage, dass rund zehn Prozent aller Immobilieneigentümer über 60 ihre finanzielle Situation als angespannt bewerten. In den letzten fünf Jahren dürfte diese Zahl deutlich gestiegen sein. Trotz stetig steigender Nachfrage ist die Option der Immobilienverrentung immer noch nur wenigen bekannt.

Janine Hardi sagt: „In der Regel fragen etwas mehr Männer als Frauen an, Frauen sind aufgrund ihrer Risikoaversität eher abschlussschwach, zählen aber häufig zu den oben genannten ersten 40%, vor allem, wenn sie verwitwet sind; dann sind ihre Themen sehr beratungsintensiv. Das liegt nicht zuletzt daran, dass häufig noch in klassischen Rollenbildern gelebt wurde und nach dem Ableben des Ehegatten finanzielle Themen sehr schwer zu durchdringen sind. Dieser wachsenden Gruppe an Immobilieneigentümern steht eine nach wie vor nicht ausreichend wachsende Gruppe an deutschen Immobilienverrentungs-Anbietern gegenüber, was dem Markt schadet und die Angebotspalette verkleinert. Es mehren sich jedoch die Anfragen internationaler Investoren, die in Deutschland in diesem Marktsegment Fuß fassen wollen.“

Innerhalb der letzten sechs Monate haben sich gleich zwei große Anbieter aus dem Markt des Teilverkaufs zurückgezogen, nicht zuletzt aufgrund fehlender nachhaltiger Refinanzierungsmöglichkeiten. Vor allem institutionelle Investoren und Banken meiden bislang das hochinteressante Marktsegment. Mangels Bankangeboten sind in der Vergangenheit neue Produkte entstanden wie etwa der Teilverkauf, der für bestimmte Kundengruppen oft die einzige Möglichkeit der Liquidierung von in der Immobilie gebundenem Eigenkapital darstellt und mittlerweile als gut etabliertes Produkt auf dem Verrentungsmarkt gilt.

„Eine Auflösung dieser Angebots-Asymmetrie ist nur möglich, indem der Markt geöffnet und für mehr Wettbewerb gesorgt wird. Dafür muss die Immobilienverrentung auch politisch als Chance angesehen werden, Rentnerinnen und Rentnern zu helfen und ihnen selbstbestimmte Möglichkeiten an die Hand zu geben, wie sie ihr in der Immobilie gebundenes Kapital freisetzen können“, appelliert Janine Hardi. „Das kann nur geschehen, wenn auch mit Finanzdienstleistern, die neue verbraucherfreundliche Produkte aufsetzen, in den Austausch gegangen wird. Außerdem sieht sich der private Immobilieneigentümer oftmals einem professionellen Immobilienkäufer gegenüber und wähnt sich dabei im Nachteil. Hierfür muss mit Blick auf das enorme Marktpotential Awareness in Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen geschaffen werden.“

Der Verrentungsmarkt umfasst Berechnungen zufolge rund 500 Mrd. Euro und ist gerade für kapitalstarke Investoren interessant, da sie ohne Fremdfinanzierung und kurzfristigen Renditedruck einsteigen können. (fw)