„Themen-Fonds sind ein sehr gutes Vehikel“

04.03.2021

Thilo Wolf - Foto: © BNY Mellon Investment Management

Der Streit um das „richtige“ Investieren ist nicht neu. Vielmehr geht er längst in eine neue Runde. Aktives Fondsmanagement contra ETFs. Thilo Wolf, Deutschland-Chef von BNY Mellon Investment Management, stand der finanzwelt-Redaktion Rede und Antwort.

finanzwelt: Indexfonds befinden sich weiter im Aufwind. Geht dieser Trend, auch mit Blick auf die Kursstände vieler Aktienmärkte, so weiter? Thilo Wolf: Das hängt ganz von der Marktmeinung des Investors ab. Wenn die Richtung der Märkte nur nach oben weist und keine nennenswerten Risiken bestehen, die diese Entwicklung gefährden könnten, liegt man mit ETFs goldrichtig. Denn diese Vehikel bilden den Markt ab. Steigt der Markt, steigt der ETF. Fällt der Markt, fällt der ETF. Dabei ist zu beachten, dass ein klassischer ETF keine höhere Rendite erzielen kann als der zugrunde liegende Index.

Wenn ein Anleger eher von einer starken Marktkorrektur ausgeht– so wie beispielsweise im März vergangenen Jahres aufgrund der Coronakrise – oder mit einer hohen Volatilität rechnet, dann eignen sich aktiv gemanagte Fonds besser. Denn der Fondsmanager kann aktiv auf unterschiedliche Marktphasen reagieren und idealerweise die Verluste in fallenden Märkten reduzieren und die Rendite in Seitwärts- oder Haussemärkten im Vergleich zum Index erhöhen.

finanzwelt: Wo liegen Stärken und Schwächen des aktiven/passiven Investierens? Wolf: Die Schwäche und gleichzeitig Stärke bei aktiven Fonds ist das Fondsmanagement. Die Entscheidung wirkt sich unmittelbar auf Rendite, Asset Allokation und Liquidität des Fonds aus. Trotzdem sollten Anleger besser den Blick nicht nur auf das Fondsmanagement und die vergangene Rendite richten, sondern auf den Investmentprozess und die Expertise des Hauses (Anzahl der Analysten, volkswirtschaftliches Know-how etc.), um sich darüber ein Urteil zu bilden, ob der Fonds auch dann performen wird, wenn es einen Fondsmanagementwechsel gäbe. Im aktiven Fondsmanagement können komplexe Fondslösungen, die unterschiedliche Assetklassen, qualitative kombiniert mit quantitativen Ansätzen oder Long/Short-Instrumente beinhalten, umgesetzt werden. Das funktioniert mit ETFs nicht.

ETFs replizieren immer nur einen Index – physisch oder synthetisch. Ist der Index ungünstig oder irreführend konzipiert, ist es der ETF auch. Ein Beispiel: Das Gewicht der sechs US-Technologie-Unternehmen Apple, Facebook, Amazon, Netflix, Alphabet und Microsoft macht mehr als 25 Prozent des S&P 500 Index aus, der eigentlich die 500 größten Unternehmen der US-amerikanischen Wirtschaft repräsentieren soll. Der Vorteil von ETFs liegt dafür klar darin, dass Anleger schnell in einen Markt hinein- und auch herausgehen können. Das heißt: Anleger können taktisch schnell auf Themen und Marktphasen reagieren und Ideen für ihr Portfolio umsetzen.

finanzwelt: In welchen (regionalen) Märkten ist der eine oder der andere Stil angebracht? Wolf: Diese Entscheidung hängt weniger von einer geographischen Überlegung ab als vielmehr davon, welches Segment der Investor bevorzugt. In hoch liquiden, effizienten Märkten – wie zum Beispiel US-Staatsanleihen – können ETFs eine gute Wahl sein. Für weniger liquide, wenig diversifizierte Märkte wie Frontier- oder Schwellenländer, aber auch bei Dividendenstrategien können dagegen aktive Fonds Vorteile bieten.

finanzwelt: Wo liegen Schnittmengen der beiden Stile und wie sind diese einzuordnen? Wolf: Für Anleger wird es interessant, wenn ein Produkt die Vorteile beider Welten nutzt, im Ergebnis weniger Kosten verursacht und deshalb eine höhere Rendite erzielen kann. Ein Beispiel: Unsere Efficient-Beta-Fixed-Income-Range setzt vereinfacht gesagt auf Techniken, die aus dem ETF-Geschäft bekannt sind und kombiniert diese mit den Vorteilen des aktiven Fondsmanagements. Das ist in weniger effizienten und liquiden Märkten sinnvoll, beispielsweise im High-Yield-Markt – einschließlich des speziellen Bereichs der Fallen Angels – oder generell bei Schwellenländeranleihen. Durch die Kombination der Techniken können Handelskosten stark reduziert und gleichzeitig die Rendite gegenüber dem Index erhöht werden. In der Vergangenheit hat diese Methode im Ergebnis eine Überrendite gegenüber dem jeweiligen Vergleichsindex ermöglicht.

finanzwelt: Was ist von Themen-ETFs zu halten? Wolf: Themen-Fonds – egal ob ETF oder aktiver Fonds – sind ein sehr gutes Vehikel, um Anleger in den Aktienmarkt zu bringen. Dies ist besonders wichtig in Deutschland, wo die meisten Endanleger sich scheuen, in Aktien anzulegen. Themen-ETFs sind leicht verständlich und setzen auf Zukunftsthemen wie Mobilität, Gentherapie, Alternative Ernährung, Blockchain etc. Wichtig ist dabei nur, dass Anleger bei der Auswahl eines Fonds auf einen langfristigen, strukturellen Trend und nicht auf eine vorübergehende Mode setzen. Aktive Themenfonds haben den Vorteil des Researchs und der fortlaufenden aktiven Titelselektion. Sie können schneller auf Marktveränderungen reagieren. Themen-ETFs bilden dagegen den zugrunde liegenden Index ab und werden nur alle paar Monate an den Markt angepasst. Dafür können Anleger standardisiert, aber kostengünstiger in einen Markt investieren. (ah)