Nur jeder dritte Berater setzt auf Nachhaltigkeit

19.10.2023

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Das Thema Nachhaltigkeit spielt bei Produkten zur Altersvorsorge eine immer wichtigere Rolle und wird auch durch die ESG-Gesetzgebung sowie die Vermittlerrichtlinie forciert. Dennoch sind die Beratungen zu nachhaltigen Lebens- und Rentenversicherungen dieses Jahr nur auf 34 % gestiegen (2021: 20 %). Das zeigt eine Marktuntersuchung der Sirius Campus GmbH, die den Ausschließlichkeitsvertrieb von 23 Versicherern im Hinblick auf Nachhaltigkeit analysiert hat. Gleichzeitig birgt das Thema große Chancen für Vermittler.

Mangelndes Interesse der Kunden

Die Hauptgründe für diesen geringen Anteil einer ausführlichen Beratung zu nachhaltigen Lebens- und Rentenversicherungen ist die Kundenreaktion. So beobachtet ein Viertel der Ausschließlichkeitsvertreter (23 %) Ablehnung und die Hälfte (56 %) fehlendes Interesse an dem Thema. Jedoch berichten 42 % der Vertreter auch von positiven Überraschungen bei ihren Kunden. Etwas mehr als ein Viertel der Vertreter (28 %) sind auf Beratung zum Thema Nachhaltigkeit spezialisiert und sprechen es in fast jeder Beratung zur Altersvorsorge an.

Besonders häufig gelingt Vertretern der Debeka (54 % aller Beratungen zur privaten Altersvorsorge), Barmenia (51 %), HUK-COBURG (48 %), Nürnberger (43 %) und Continentale (41 %), ihre Kunden in eine vertiefende Nachhaltigkeitsberatung zu involvieren.

Grafik: Sirius Campus<br>Grafik: Sirius Campus

Mehr Motivation durch Schulungen zur Nachhaltigkeitsberatung

Versicherer können ihre Vertreter durch ein umfangreicheres Angebot an nachhaltigen Versicherungen, Schulungen zur Nachhaltigkeitsberatung und Empfehlungen zur Nachhaltigkeitsorientierung im eigenen Büro fördern. Ein Fünftel der Befragten (20 %) berichtet jedoch von unzufriedenstellenden Angeboten nachhaltiger Versicherungen und beurteilen diese mit „mittelmäßig“ oder „schlecht“.

Nur rund ein Drittel (38 %) ist von den nachhaltigen Versicherungen ihrer Gesellschaft begeistert (Urteile: „ausgezeichnet“ oder „sehr gut“). Bei den Schulungen zum Einsatz der Nachhaltigkeit im Vertrieb ist sogar fast ein Drittel (31 %) unzufrieden und nur 31 % sind begeistert.

Immerhin haben sich die Vertreterbeurteilungen zum Angebot nachhaltiger Versicherungen und den Schulungen im gesamten Markt signifikant verbessert. „Der größte Hebel für die Motivation zur nachhaltigen Beratung kommt von den Produkten“, kommentiert Dr. Oliver Gaedeke, Gründer und Geschäftsführer von Sirius Campus, die Ergebnisse. „Im Vergleich zu vielen anderen Produkten besteht bei nachhaltigen Versicherungen noch ein großes Entwicklungspotenzial.“

Kunden-Interesse wecken mit Fragebogen

Die Berater nutzen Rendite-Vergleiche zwischen herkömmlichen und nachhaltigen Anlagen, Nachhaltigkeitsbroschüren und einen Fragebogen zu den Nachhaltigkeits-Präferenzen am häufigsten in einer Beratung zu nachhaltigen Angeboten. Einige Vermittler (33 %) berichten, dass sie mit dem Präferenzfragebogen Interesse und Engagement bei ihren Kunden für das Thema erzeugen können. Ein Fünftel der Vertreter (18 %) können durch ihre Beratung und passende Angebote sogar eine höhere Preisbereitschaft bei ihren Kunden erzeugen.

„Hier wird wieder einmal die Wirkung von Behavioral Economics sichtbar: Der Einfluss der Beratungs- und Angebotsgestaltung macht es Kunden einfacher, sich für eine Nachhaltigkeitsorientierung zu entscheiden, auch wenn diese etwas teurer sein sollte“, führt Dr. Gaedeke weiter aus.

Aktive Suche nach Testergebnissen steigt

Seit 2016 ist der Anteil der Privatkunden, die aktiv nach einem Testergebnis suchen, von 22 auf 30 % der Privatkunden gestiegen. Wie auch bei den Kundenbeurteilungen ist dieser Anteil in der Gen Z (bis 30 Jahre) mit 42 % am höchsten. Immerhin 18 % der Kunden mit Kontakt zu Testergebnissen (64% aller Privatkunden) haben aufgrund dieser Informationen schon mal eine Versicherung abgeschlossen, nur drei % haben aufgrund dessen einen Vertrag gekündigt. In beiden Fällen ist eine leicht Wirkungssteigerung im Vergleich zu 2016 zu beobachten. Jedoch ist auch die Quote derer, die sich nicht nach Testergebnissen oder Ratings richten, leicht auf 40 % gestiegen.

„Die nachgewiesene Wirksamkeit von Siegeln und Testergebnissen ist vor allem für den Online-Vertrieb von günstigen Angeboten wichtig. Versicherer mit einem Ausschließlichkeitsvertrieb und Premiumangeboten, die Kunden eben auch an einem höheren Preis erkennen, benötigen keine Siegel“, empfiehlt Dr. Oliver Gaedeke, Geschäftsführer und Gründer der Sirius Campus GmbH. (mho)