Neustart der Sachwertinvestments

26.03.2015

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Fast drei Jahre lag er im Dornröschenschlaf: Der Markt für Sachwertinvestments und Beteiligungsangebote. Für 2015 sieht es nun endlich so aus, dass sich der Knoten aus Regularien, Gestattungserfordernissen, administrativem Aufbau und Stau bei der BaFin erstmals spürbar auflöst. In diesem Jahr ist nun endlich mit einem breiteren Angebot für Vermittler und Anleger zu rechnen.

Die Erfordernisse des AIFM und weiterer gesetzlicher Regelungen haben den Markt für Sachwertinvestments tiefgreifend verändert. Auf der Anbieterseite erforderte dies die Entwicklung vom Initiator zum Emissionshaus hin zum professionellen Assetmanager mit Strukturierungskompetenz, was den Anbietern wesentlichen personellen, organisatorischen wie auch finanziellen Einsatz abforderte. Auch die BaFin als zuständige und gestattende Behörde wurde bis an die Grenzen ihrer personellen Ausstattung gefordert – der oft genannte „Gestattungsstau" war und ist die Folge. Schon oft hat sich die Branche den Neustart erhofft, der sich dann doch verschob. 2015 verspricht sich dies endlich zu ändern.

Pünktlich zum Frühling: Grüne Triebe allerorten

Eric Romba, Hauptgeschäftsführer des bsi Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen e. V.: „Der bsi erwartet, dass die Zahl der am Markt zugänglichen Produkte im Jahresverlauf steigen wird – und damit auch das Platzierungsvolumen. Die Produktentstehungs- und Zulassungszeiten dauern länger als in der Vergangenheit. Viele Marktteilnehmer haben 2014 dazu genutzt, Assets anzubinden, Produkte zu entwickeln und Zulassungen zu beantragen. In 2015 wird das Ergebnis hieraus zu sehen sein." Georg Schneider, Senior Vice President MHC MARBLE HOUSE CAPITAL AG: „Nach zwei schwierigen Jahren, stark beeinflusst durch die Umsetzung der Regulierung und des neuen KAGBs, werden die Platzierungszahlen 2015 erstmals wieder steigen. Die Regulierung wird für mehr Sicherheit und Planbarkeit der AIFs sorgen. Viele große Vertriebspartner (z. B. Banken) hatten das Geschäft vorher ausgesetzt und kommen nun sukzessive zurück."

Frühindikatoren: Die Stimmen des Vertriebs

Damit der Markt für Sachwertinvestments und Beteiligungsprodukte wieder Fahrt aufnimmt, ist nicht allein ein breiteres Angebot spielentscheidend. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass diese Angebote von Vermittlern und Beratern angenommen werden und im Markt platziert werden können. Kernfrage ist, ob die neuen, strukturierten Produkte die Bedürfnisse der Kundschaft von Vermittlern erfüllen können. Erfreulich ist dabei das große, wiederkehrende Interesse der Vermittlerschaft, bspw. zu sehen bei der Fonds Finanz Messe in München oder auch an einigen spezialisierten Veranstaltungen wie dem Green Competence Day, der von reconcept, Lacuna und der Aquila im März an drei Standorten ausgerichtet wurde und bis zum letzten Sitzplatz – von an Beteiligungen mit dem Fokus auf regenerative Energien interessierten Vermittlern – gefüllt war.

Die beginnende, echt positive Entwicklung erkennen diejenigen zuerst, bei denen viele Vermittleraktivitäten abgewickelt werden, nämlich die Pools. Anja Heyn, Leiterin der Abteilung Sachwerte bei Fonds Finanz Maklerservice GmbH: „Wir sehen 2015 positiv entgegen und erwarten hier im Vergleich zum Vorjahr eine leichte Steigerung – auch wenn klar ist, dass der Markt viele Herausforderungen zu bewältigen hat. Viele Emissionshäuser sind außerdem immer noch mit sich selbst beschäftigt, um die neuen Anforderungen erfüllen zu können." Ein Trend, den auch andere Häuser mit Sachwertorientierung ähnlich fühlen, so Helmut Schulz-Jodexnis, Leiter Produktbereich Beteiligungen bei Jung, DMS & Cie. AG: „Das Volumen wird steigen. Bei uns ist die Nachfrage deutlich vorhanden und im letzten Jahr gab es eine sehr eingeschränkte Verfügbarkeit. Außerdem besteht bei den Anlegern eine hohe Liquidität und Mangel an Alternativen." Andreas Schmitzer, Director Product Management & Operations ThomasLloyd Group, urteilt aus Anbietersicht: „Vor dem Hintergrund des andauernden Niedrigzinsumfeldes und einer zunehmenden Komplexität der Finanzmärkte wird das Interesse an qualitativ hochwertigen Sachwertinvestitionen und – damit verbunden – den zugehörigen AIFs und Beteiligungsprodukten im Jahr 2015 weiter steigen, wobei sich die einzelnen Marktsegmente sehr unterschiedlich entwickeln werden."

Immobilien punkten beim Sicherheitsimage,

Flugzeuge sind im Aufwind.

Das Angebot an Sachwertinvestments und Beteiligungsangeboten scheint jedoch nicht mehr so breit wiederzukehren wie es vor rund 10 Jahren einmal gewesen ist. Dies ist an sich keine negative Entwicklung, erinnert man die bunte Vielfalt von Fonds mit so eklektischen Schwerpunkten wie Prozessfinanzierung, Medien, Bambus, Goldminen etc., von denen so einige rückblickend weder Anlegern noch Vermittlern Freude bereitet haben.

Kompetenz und erstklassiges Assetmanagement werden 2015 die bestplatzierten Sachwertinvestmentkategorien prägen, so die Auffassung der Pools: Timo Richter, Geschäftsführer der Apella Nautica: „Zu den bestplatzierten Kategorien werden aus unserer Sicht von ZBI der Wohnimmobilien Fonds 9 und von der Deutschen Finance Group der PERE Fund 1 sein. Sie gehören zu den regulierten Produkten und die Emittenten überzeugten durch ihre bisherige Arbeit am Markt." Nicht unähnlich die Einschätzung von Schulz-Jodexnis: „Wir glauben, dass die Flugzeuge und Immobilien dazugehören. Die Leistungsbilanzen der Flugzeuganbieter sind gut und die Nachfrage nach Immobilien ist konstant hoch." Auch Anja Heyn stimmt dem zu: „Wir rechnen für 2015 weiterhin mit guten bis sehr guten Entwicklungen bei Immobilienfonds. Auch institutionelle Anleger haben diese Produktkategorie weiterhin im Blick. Darüber hinaus wird der Flugzeugbereich an Bedeutung gewinnen. Hier sind derzeit starke Gesellschaften mit guten Leasingnehmern und durchdachten Konzepten am Start."

Ende 2015 erwartet:

Die Sachwertinvestment-Kategorie „Vermögensanlage"

Aktuell sind eine Reihe von als Nachrangdarlehen ausgestalteten Beteiligungsangeboten auf dem Markt. Derzeit ist die Vermittlung dieser Angebote noch nicht durch den Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung absicherbar. Daher ist es für den interessierten Vermittler entscheidend, dass er sich ein genaues Bild des Anbieters und der angebotenen Beteiligung machen kann – noch trägt er unversichert die Haftung für eine Falschberatung ganz allein. Der Redaktion liegen so manche als Nachrangdarlehen ausgestaltete Beteiligungsangebote vor, von denen einige seriös und transparent erscheinen, andere dagegen weniger. Der Vermittler sollte in jedem Fall bedenken, dass es auch in diesem Bereich keine Traumprovisionen und auch keine traumhaften Bestandsprovisionen gibt, die wirtschaftlich nicht zu Lasten der Beteiligung gehen und daher dem Anbieter stets die Frage nach der Plausibilität stellen. Das Image des Nachrangdarlehens ist noch verbesserungsbedürftig. Richter antwortet auf die Frage, ob man derzeit plane, Produkte, die als Nachrangdarlehen bzw. als partiarische Darlehen etc. ausgestaltet sind, in das Produktangebot aufzunehmen: „Nein, diese Produkte planen wir nicht." Die Fonds Finanz ist derzeit offener eingestellt, so Anja Heyn: „Die Fonds Finanz ist ein Marktplatz für Sachwerte. Selbstverständlich können unsere Vermittler auch Produkte wie Nachrangdarlehen über uns abwickeln – denn wir möchten unsere Makler in ihrer Entscheidungsfreiheit nicht einengen."

Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz, dessen Gesetzeskraft für den Herbst 2015 erwartet wird, fallen Beteiligungsangebote im Mantel von Nachrangdarlehen, Namensschuldverschreibungen, stillen Beteiligungen etc. unter, wie auch einzelne, ggf. dem Kleinanlegerschutz unterfallende Direktinvestments zu Vermögensanlagen nach VermAnlG. Sie unterliegen Prospektierungs- sowie Gestattungsverpflichtungen durch die BaFin, die mit denen der ehemaligen „geschlossenen Fonds" vor der AIF-Zeit vergleichbar sind. Ihre Vermittlung wird durch eine VSH-Versicherung vermittlerseitig absicherbar. Künftig erfordert deren Vermittlung eine Zulassung nach § 34f Ziffer 3. Insgesamt ist damit mit einer Aufwertung des Segments „Vermögensanlage" zu rechnen.

Die Zeiten erzwingen Entscheidungen: Vermittler

zwischen Provisionssicht und langfristig

orientiertem Geschäftsmodell.

Für Vermittler mit Zulassung nach § 34f GewO stellen sich einige Fragen hinsichtlich der zukünftigen Ausrichtung ihres Geschäftsmodells. Unstreitig ist, dass die regulatorischen und administrativen Erfordernisse sowohl die prospektierten Renditen als auch die Provisionen tendenziell absenken werden, denn die vom Gesetzgeber geforderten erheblichen Maßnahmen zum Zweck der Absicherung des Anlegers wollen auch bezahlt werden. Sicherheit kostet Geld, die Einsparungen werden alle Seiten zu tragen haben. Im Umfeld allgemein sinkender Vergütungen, so auch durch das LVRG und dem sich am Horizont bereits abzeichnenden Wettbewerb um bessere BU-Risiken bei den Versicherern, wird der einzelne Vermittler nicht umhinkommen, sich zwischen Professionalisierung in Verbindung mit der Verbreiterung seiner Kundenbasis, möglicherweise im Zusammenschluss mit Gleichgesinnten, oder aber zur hauptsächlichen Provisionsorientierung seines Geschäfts zu entscheiden. Zwischen beiden Polen ist die Grauzone groß und die Beraterhaftung ist sicher ein nennenswerter Bestandteil der Entscheidungsfindung. Ferner scheint es derzeit nicht so zu sein, dass die nach § 34f zugelassene Vermittlerschaft nennenswert größer wird. Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW: „Es bleibt im Bezug auf den freien Vertrieb allerdings noch die Frage, wie sich die Vermittlerzahlen entwickeln. Ende März kommt die nächste Vermittlerregisterstatistik des DIHK. Und da wird es spannend, wie viele Vermittler mit Ende der Übergangsfrist den § 34f GewO wieder ‚zurückgegeben' haben." Hintergrund: Mit dem Ende der Übergangsregelung des § 34f GewO steht die Vermittlerschaft vor der Situation, dass ab dem 1. Januar 2015 diejenigen Finanzanlagenvermittler mit Zulassung nach § 34f GewO, die die so genannte „Alte-Hasen" Regelung nicht für sich in Anspruch nehmen können, nunmehr ihre Sachkundeprüfung bei den zuständigen IHKs ablegen müssen. Erste Tendenzen zeigen auf, dass nicht alle betreffenden Vermittler diese Prüfung ablegen und damit die zugelassene Vermittlerschaft leicht stagniert. Zum Redaktionsschluss lagen die von Norman Wirth angesprochenen aktuellen Zahlen des DIHK noch nicht vor.

Den Wichtigsten hätten wir fast vergessen.

Einer wurde bei allen – richtigen – Diskussionen um Gestattungsverfahren, Regulierung und Zulassungen bislang weitgehend vergessen: der Anleger. Ohne dessen Mitwirkung, nämlich dass er wieder gewillt ist, Teile seines hart erarbeiteten Vermögens in Sachwertinvestments anzulegen und unternehmerische Risiken auf sich zu nehmen, wird die Sachwert- und Beteiligungsbranche wenig positive Impulse nur aus sich selbst heraus geben können. „Das Vertrauen bei den privaten Anlegern muss zurückgewonnen werden. Dabei helfen sicherlich klare Strukturen sowie Transparenz der Produkte und der Kostenverteilung", erläutert Wirth. Marc Nagel, Geschäftsführer Buss Capital, sieht ebenfalls das Vertrauen des Anlegers als entscheidendes Element: „Wir Initiatoren müssen klar machen, dass AIFs als Sachwertinvestitionen unbedingt ins Anlageportfolio gehören. Wichtig ist dazu in erster Linie, Vertrauen (wieder) aufzubauen. Wir werden deshalb unsere Strategie weiterhin verfolgen und unsere Partner – neben Prospekt und WAI – mit transparenten Unterlagen, Schulungen und etwaigen anderen gewünschten Maßnahmen unterstützen." Ohne dass sich jede einzelne angebotene Beteiligung von sich selbst heraus attraktiv macht, wird eine breite Trendumkehr im Beteiligungssegment nicht erfolgen. Denn: Aus Sicht des Anlegers ist es rational, ein Prozent des betreffenden Vermögensteils pro Jahr an die Inflation zu verlieren, wenn die Alternative bedeuten würde, den ganzen Vermögensteil gegen ein geringes einstelliges Renditeversprechen bei einer wirtschaftlich undurchdachten Beteiligung zu 100 % ins Verlustrisiko zu schicken. Das so jährlich an die Inflation verlorene Prozent sähe der Anleger in einem solchen Fall nicht als einen Verlust an, sondern vielmehr als eine Versicherungsprämie gegen Totalausfall – ein absolut rationales Verhalten. Eric Romba vom bsi weiß: „Die größte Herausforderung wird sein, Anlegern deutlich zu machen, welche Neuerungen und Vorteile geschlossene Sachwertinvestmentvermögen bieten. Zudem ist deutlich zu machen, welchen Mehrwert Sachwertinvestitionen über geschlossene AIFs in Zeiten niedriger Verzinsungen haben." (cs)

AIFs und Beteiligungen - Printausgabe 02/2015