Streitthema Provisonen – Pools gehen auf die Barrikaden!

11.09.2013

Die Unterzeichner der "Berliner Erklärung"

**Vor kurzem hat GDV-Präsident *Dr. Alexander Erdland* eine offene Debatte über die Höhe von Vertriebskosten angeregt. Das sorgte für Unmut in der Branche, wobei er einräumte, dass das Provisionsmodell an sich nicht zur Diskussion stehe. Die Reaktion der Makler/Pools folgte prompt. Alle Maklerpool-Chefs unterzeichneten die "Berliner Erklärung". "**

(fw/ah/kb) Das Thema Vermittlungsprovisionen ist ein Dauerbrenner, erzürnt manche Gemüter und spaltet die Lager. In der Debatte über eine Begrenzung von Vermittlungsprovisionen bei Lebensversicherungen hat sich unlängst GDV-Präsident Dr. Erdland eingeschaltet und sich für nutzenbringende Gespräche ausgesprochen. „Deshalb darf es bei uns keine Denkverbote geben – auch nicht in solch zentralen Punkten wie den Vertriebskosten", sagte der Präsident des GDV in einem kürzlichen Interview.

Auf Einladung des AfW-Bundesverbands Finanzdienstleistung trafen sich nun relevante Branchengrößen und Maklerpool-Chefs, um ihre Ansicht deutlich zu machen und Stellung zu beziehen. Die Teilnehmer betonten die Unabhängigkeit der Versicherungsmakler von den Versicherungsgesellschaften und verwahrten sich gegen etwaige Bestrebungen zur Deckelung von Provisionen. Ferner unterstrichen sie die Relevanz der Maklerschaft für den deutschen Versicherungsmarkt.

Am Ende des Gesprächs haben alle Teilnehmer die "Berliner Erklärung" verabschiedet, die frei verhandelbare Maklervergütung, die Unabhängigikeit der Makler, qualitativ hochwertige Beratung und eine Erweiterung der Kostendiskussion auf die Gesamtkosten in privaten Altersvorsorgeprodukten fordert. Die Berliner Erklärung im Wortlaut:

Berliner Erklärung

Die unterzeichnenden Pools erklären:

1. Wir sprechen uns für frei verhandelbare Vergütungen in der Lebensversicherung aus. Die Branche steht dem Verbraucher gegenüber in der Verantwortung und ist in der Lage, ihre Vergütungsmodelle selbst zu regeln – und dies ohne kartellrechtlich bedenkliche Absprachen.

2. Wir sprechen uns für eine Erweiterung der Kostendiskussion auf die Gesamtkosten in privaten Altersvorsorgeprodukten aus. Eine Einschränkung der Diskussion auf einzelne Kostenarten (wie die Abschlussprovision) trägt dem Interesse der Verbraucher nicht ausreichend Rechnung. Kostenersparnisse müssen vollumfänglich beim Verbraucher ankommen. Jede Initiative muss dies verbindlich sicherstellen.

3. Wir sprechen uns für unabhängige und qualitativ hochwertige Verbraucherberatung aus. Sie ist Voraussetzung für eine Altersvorsorge aller Bevölkerungsschichten.

4. Wir sprechen uns für den Berufsstand des unabhängigen Versicherungsmaklers aus, der im ausschließlichen Interesse seiner Kunden handelt und hierfür angemessen vergütet werden muss. Im Versicherungsvertrieb führen steigende Anforderungen durch Regulierung und Administration zu höheren Kosten. Während Versicherungsmakler diese Kosten selbst tragen müssen, werden abhängige Versicherungsvertreter durch Ausschließlichkeitsorganisationen der Versicherer subventioniert.

5. Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Unabhängigkeit des Versicherungsmaklers zu garantieren und ihn mit unserer Tätigkeit wettbewerbsfähig zu halten. 94 Prozent der Versicherungsmakler sind in Maklerpools organisiert. Daher setzen wir uns für die Interessen des unabhängigen Vertriebs ein.

Berlin, den 11. September 2013

Dr. Jutta Krienke – Vorstand, BCA

Oliver Lang – Vorstand, BCA

Norbert Porazik – Geschäftsführer, Fonds Finanz

Sven Burkart – Vertriebsleiter, Wifo

Andreas Kison – Vorstandsvorsitzender, Infinus

John Schröder – Vorstand, Jung, DMS & Cie.

Oliver Kieper – Vorstand, Netfonds

Matthias Kschinschig – Geschäftsführer, Aruna

Oliver Pradetto – Geschäftsführer, Blau direkt

Oliver Drewes – Geschäftsführer, Maxpool

Hartmut Goebel – Vorstand, Germanbroker.net

Hans Schex – Geschäftsführer, Monad

Michael Bade – Geschäftsführer, Status

Guntram Schloß – Vorstand, Apella

RA Norman Wirth – geschäftsführender Vorstand, AfW

Frank Rottenbacher – Vorstand, AfW

Carsten Brückner – Vorstand, AfW

„Ein riesiges Problem der Versicherer ist das niedrige Zinsniveau. Das führt zwangsläufig dazu, dass Kostenstrukturen auf den Prüfstand gehören. Hier jedoch nur bei den Provisionen anzusetzen, ohne dabei die gravierenden Unterschiede in den Vertriebswegen zu berücksichtigen und nicht die Gesamtkosten der Produkte ins Auge zu fassen, ist der falsche Weg", erklärt Rechtsanwalt Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW, gegenüber „finanzwelt". Eine Deckelung der Provisionen durch den Gesetzgeber wäre seiner Ansicht nach ein massiver Eingriff in die Privatautonomie und ein ordnungspolitischer Fehler. „Gemäß der gemeinsamen Erklärung sprechen wir uns für eine Erweiterung der Kostendiskussion auf die Gesamtkosten in privaten Altersvorsorgeprodukten aus", sagt BCA-Vorstand Dr. Jutta Krienke. Eine Einschränkung der Diskussion auf einzelne Kostenarten wie die Abschlussprovision trage dem Interesse der Verbraucher nicht ausreichend Rechnung. Kostenersparnisse müssten vollumfänglich beim Verbraucher ankommen.

Doch wird die Provisionsdeckelung auf Grund der Beteiligungen der Versicherungsgesellschaften an vielen Pools trotz allem durchgesetzt werden, wie im PKV-Bereich geschehen? „Wenn es zu einem gesetzlichen Eingriff beim Vergütungssystem der Makler kommen sollte – was ich nicht erwarte -, dann bestimmt nicht, weil einige Versicherungsgesellschaften an Maklerpools beteiligt sind. Das hatte auch bei der gesetzlichen Deckelung der Provisionen im PKV-Bereich keinen Einfluss. Im Übrigen fiel es dem Gesetzgeber auf Grund des substitutiven Charakters der PKV leichter, dort eine Eingriff vorzunehmen, als dies nun der Fall sein würde", so Wirth. Zudem müssten sich die Versicherer auch seitens des Gesetzgebers die Frage nach Alternativen zur Kostensenkung bei den Gesamtkosten und nicht nur bei den Provisionen gefallen lassen. „Der Markt der privaten Krankenversicherungen ist mit dem LV-Markt nicht zu vergleichen: Die PKV ist ein Substitut zur gesetzlichen Krankenversicherung, im Gegensatz zur privaten Altersvorsorge. Daher hat man es rechtlich mit komplett anderen Voraussetzungen zu tun", sagt auch Norbert Porazik, Geschäftsführer der Fonds Finanz Maklerservice GmbH. „Ferner sind Gesellschaften nur an großen Maklerpools beteiligt, die im Investment-Bereich ihren Schwerpunkt haben. Alle großen Versicherungspools sind unabhängig von Versicherungsgesellschaften", so Porazik. „Mit der Berliner Erklärung beziehen die unterzeichnenden Pools klar Stellung zur unabhängigen Beratung. Wir stehen auf der Seite des freien Vermittlers. Die Unabhängigkeit der Berater ist für die BCA das höchste Gut", betont Krienke. Sie ist sicher, dass der GDV im Sinne der Erklärung eine für alle Parteien zufriedenstellende Lösung finden wird.

www.gdv.de

www.afw-verband.de