Für jede Marktlage das passende Investment

11.02.2015

Die Zertifikateindustrie ist eine sehr lebendige, die immer Neuerungen und Innovationen hervorbringt. Das Produktuniversum ist riesig. Ob man nun auf steigende, seitwärtstendierende oder fallende Märkte setzt, Investoren werden fündig. Mit Lars Brandau, Geschäftsführer Deutscher Derivate Verband (DDV), sprach "finanzwelt" zu Aussichten, Neuerungen und den Einfluss der Regulierung auf die Branche.

finanzwelt: Neues Jahr, neues Glück. Ein gutes Motto für die Zertifikateindustrie. Das Gesamtvolumen des deutschen Zertifikatemarkts belief sich Ende 2014 auf knapp 83 Mrd. Euro, Tendenz fallend. Zuletzt war die Branche im Frühjahr 2009 auf einem so niedrigen Level. Woran liegt es, auch vor dem Hintergrund steigender Aktienmärkte?

Brandau: Größtenteils an den Rückgängen bei den Kapitalschutz-Produkten. Das bereits so lang andauernde Niedrigzinsumfeld führt bei ihnen zu unattraktiveren Angebotskonditionen. Emittenten verfügen nämlich derzeit nicht über entsprechende Zinseinnahmen während der Laufzeit, um zusätzlich zum Kapitalschutz ansprechende Aktienchancen aufzubauen. Einen Aufwärtstrend gibt es dagegen bei den offensiveren Anlagezertifikaten. Hierzu zählen Aktien- und Bonitätsanleihen, aber auch Index- und Discount-Zertifikate. Besonders beliebt sind vor allem Aktienanleihen. Ihr Anteil am Marktvolumen liegt derzeit bei 6,9 Mrd. Euro bzw. 9,5 Prozent Marktanteil. Noch im Januar 2013 lagen diese Werte bei 5,4 Mrd. Euro bzw. 5,8 Prozent.

finanzwelt: Welche Strukturen bieten sich bei der momentanen Kapitalmarktlage an?

Brandau: Über einen Mangel an Themen kann sich derzeit keiner beschweren. Eine erstaunliche Rally beim DAX, fallende Euro- und Ölpreise und wieder anziehende Goldnotierungen gehen mit einer hohen Volatilität einher. Hier kommt es natürlich auf die Marktmeinung des Anlegers an. Gerade bei steigender Markterwartung gibt es attraktive strukturierte Wertpapiere. Zum Beispiel nehmen Index-Zertifikate nahezu 1:1 an der Wertentwicklung eines steigenden Aktienindex teil und sind dabei äußerst transparent. Anleger können bereits mit relativ geringem Kapitaleinsatz in hohem Maße Diversifikationseffekte nutzen und ihr Vermögen streuen. Anleger können mit strukturierten Wertpapieren aber auch einfach und günstig die Vermögenswerte im Depot absichern. Umsetzen lässt sich das mit entsprechenden Hebelprodukten wie Put-Optionsscheinen.

finanzwelt: „Im Zertifikategeschäft bahnt sich eine kleine Revolution an", titelte ein großes Medium Ende vergangenen Jahres. Die Rede ist von elektronischen Plattformen (Vontobel und Commerzbank), über die Anleger die Preise von verschiedenen Anbietern direkt vergleichen können. Verleiht das der Branche neue Schubkraft? Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten solcher Plattformen für standardisierte Zertifikate ein?

Brandau: Für Anleger ist das natürlich nur von Vorteil. Sie können die Preise damit einfach vergleichen und zum günstigsten Preis ein maßgeschneidertes Zertifikat erwerben. Das verschärft natürlich noch einmal enorm den Wettbewerb der Emittenten untereinander. Entsprechend würde ich die Erfolgsaussichten auch für standardisierte Zertifikate als äußerst hoch einschätzen und das Mehr an Preistransparenz begrüßen.

finanzwelt: Erwarten Sie mittelfristig einen (weiteren) Rückgang der Zahl der Emittenten?

Brandau: Das hängt auch von der weiteren regulatorischen Entwicklung ab. Wenn der Regulierungsaufwand weiter steigt, werden nur große Emittenten in der Lage sein, die bislang schon immensen Kosten dauerhaft zu stemmen. Kleine Anbieter können sich das kaum noch leisten. Das ist ein Problem, das sich langfristig negativ auf den Wettbewerb auswirkt. Laut einer DDV-Umfrage rechnet immerhin ein Drittel der befragten Emittenten damit, dass in den nächsten zwölf Monaten Zertifikate-Anbieter aus dem Markt ausscheiden werden.

(Das Interview führte Alexander Heftrich)