Einbruchsdiebstahl: Erschütterung der Redlichkeitsvermutung

02.02.2024

Rechtsanwalt Jens Reichow. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Das LG Hamburg hat sich mit dem Urteil vom 15.04.2023 (AZ: 337 O 371/22) damit befasst, wann es zu einer Erschütterung der Redlichkeitsvermutung bei einem behaupteten Einbruchsdiebstahl kommt.

Zurückweisung der Entschädigungsleistung aufgrund der Erschütterung der Redlichkeitsvermutung beim Einbruchsdiebstahl

Die Versicherungsnehmerin machte nach einem angeblichen Einbruchsdiebstahl in ihre Wohnung Ansprüche gegenüber dem Versicherer aus einer Hausratsversicherung geltend.

Nachdem die Versicherungsnehmerin den angeblichen Wohnungseinbruchsdiebstahl meldete, fand ein Treffen mit dem Regulierungsbeauftragten des Versicherers statt. Ziel des Treffens war es den Wert der fehlenden Gegenstände sowie den Sachverhalt zu erfassen. Die Versicherungsnehmerin gab bei diesem Treffen wahrheitswidrig an, dass gegen sie zum fraglichen Zeitpunkt kein Privatinsolvenzverfahren laufen würde. Zum Sachverhalt gab sie an, dass sie den Einbruchsdiebstahl nach ihrer Rückkehr in die Wohnung bemerkt habe.

Der Versicherer lehnte die Erbringung von Versicherungsleistungen ab. Er bezweifelte, dass es tatsächlich zu einem Einbruchdiebstahl gekommen sei. Dies begründete er damit, dass sich die Einbruchsspuren an der Wohnungstür innenliegend befänden. Dies würde auf eine offene Tür während des Tatgeschehens schließen lassen. Der Versicherer ging davon aus, dass es sich bei den Spuren an der Wohnungstür nur um vorgetäuschte Einbruchsspuren handeln würde. Auch die von der Versicherungsnehmerin angegebenen Ankunftszeit in der Wohnung würden nicht mit den Angaben einer Bekannten der Versicherungsnehmerin übereinstimmen. Der Versicherer ging schlussendlich davon aus, dass der Einbruchsdiebstahl aufgrund wirtschaftlicher Motive vorgetäuscht wurde. Daraufhin erhob die Versicherungsnehmerin Klage vor dem Landgericht Hamburg.

Unbegründetheit der Klage aufgrund Beweisfälligkeit des Versicherungsnehmers

Das Landgericht Hamburg wies die Klage der Versicherungsnehmerin als unbegründet zurück. Die Versicherungsnehmerin kann von dem Versicherer keine Versicherungsleistung verlangen.

Beweis für den Einbruchsdiebstahl?

Das Landgericht Hamburg stellt fest, dass die Versicherungsnehmerin einen Beweis für den angeblichen Einbruchsdiebstahl nicht erbringen konnte. Das Landgericht Hamburg berücksichtige dabei, dass die Anforderungen an den Nachweis eines Einbruchdiebstahls ohnehin geringer sind (siehe hierzu auch Hausratversicherung: Einbruchdiebstahl nur bei Nachweis tatsächlich verschlossenen Gebäudes (OLG Dresden)). Für eine ausreichende Beweisbarkeit der Tat müsse der Versicherungsnehmer lediglich den Sachverhalt darlegen, der besonders durch sein äußeres Bild mit hinreichender Sicherheit auf einen Einbruch schließen lässt.

Das Gericht stellte fest, dass dem Versicherungsnehmer grundsätzlich auch eine Redlichkeitsvermutung zukommen würde. Bei der Beurteilung der Redlichkeit der Versicherungsnehmer komme es auf den konkreten Einzelfall an. Dabei müsse ein besonderer Blick auf die gesamten Umstände der Person und des Versicherungsfalls geworfen werden. Eine Erschütterung der Redlichkeit läge konkret vor, wenn Tatsachen vorlägen, die den Versicherungsnehmer als unglaubwürdig darstellen oder schwerwiegende Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit der Behauptung des Einbruchsdiebstahls sich aufdrängen.

Zweifel an der Redlichkeit der Versicherungsnehmerin

Diesbezüglich führt das Gericht an, dass sich im zu entscheidenden Fall Ungereimtheiten zwischen den Uhrzeiten feststellen lassen, die die Versicherungsnehmerin und eine zur Bestätigung befragte Zeugin angab. Auch die fehlende Angabe zum Privatinsolvenzfahren führte in Verbindung mit den Ungereimtheiten zu einer Erschütterung der Redlichkeitsvermutung.

Im vorliegenden Fall seien diese Punkte auch besonders relevant gewesen. Eine genaue Aufklärung der Vermögensverhältnisse müsse vorgenommen werden, um auszuschließen, dass ein Versicherungsnehmer ein Motiv für das Vortäuschen eines Versicherungsfalls habe. Schlussendlich bestünden aufgrund dieser Umstände Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Versicherungsnehmerin, sodass das äußere Bild eines Einbruchsdiebstahls nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte.

Fazit zur Entscheidung des LG Hamburg

Das Verfahren am LG Hamburg zeigt, dass Ungenauigkeiten bei der Anzeige des Einbruchsdiebstahls gegenüber dem Versicherer schwere Folgen nach sich ziehen können. Es kann schlussendlich zur Erschütterung der Redlichkeitsvermutung bei Einbruchsdiebstahl des Versicherungsnehmers kommen. Infolgedessen kann der Versicherer von seiner Leistungspflicht befreit sein. Die Angaben der Anzeige eines Einbruchsdiebstahls sollten daher sehr sorgfältig erfolgen. Kommt es dennoch zu einer Leistungsablehnung aufgrund Erschütterung der Redlichkeitsvermutung des Versicherungsnehmers, so kann es durchaus sinnvoll sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren.

Gastbeitrag von Jens Reichow, Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow.