Deutsche Bevölkerung befürwortet Nachhaltigkeit statt Wachstum

09.08.2022

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Umwelt oder Wirtschaft? Falls beides nicht vereinbar ist, hat die deutsche Bevölkerung eine klare Präferenz. Das zeigt eine aktuelle repräsentative Umfrage der ING vom Juni 2022. Dafür befragte das Meinungsforschungsinstitut Ipsos ca. 1.000 Menschen online.

Neben Klimaschutz zeigt auch das aktuelle Weltgeschehen, wie wichtig eine unabhängige und nachhaltige Energieversorgung für Deutschland ist. Die deutsche Wirtschaft befindet sich längst im Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit. Politiker stellen deshalb aber bereits in Aussicht, dass Wohlstandsverluste während dieser Transition aufgrund eines geringeren Wirtschaftswachstums wahrscheinlich sind. Laut ING-Umfrage ist das für die Mehrheit der Deutschen in Ordnung. So stimmen 51 % der Befragten zu, dass Umweltschutz auch zulasten von Wirtschaftswachstum priorisiert werden sollte. Nur 14 % lehnen das gänzlich ab.

Überraschende Ergebnisse

„Dem Umweltschutz sollte Vorrang gegeben werden, auch wenn dies das Wirtschaftswachstum dämpft“ – eine klare Mehrheit der Befragten kann sich mit dieser Aussage identifizieren. Die Zustimmung lag über alle Altersgruppen und Geschlechter hinweg zwischen 47 und 57 %, die Ablehnung zwischen 10 und 19 %. In der öffentlichen Diskussion zu Nachhaltigkeitsthemen erscheint es oft so, als seien vor allem die älteren Mitglieder der Gesellschaft nicht bereit für mehr Nachhaltigkeit Verzicht zu üben. Bei der Gegenfrage zeigte sich jedoch: nur in den Altersgruppen 18-24 und 25-34 gibt es mehr Zustimmung für die Aussage „Das Wirtschaftswachstum sollte die höchste Priorität haben, auch wenn die Umwelt in gewissem Maße darunter leidet“ als Ablehnung.

Wenige kaufen bewusst ein

Auch wenn eine Mehrheit Vorrang für den Umweltschutz fordert, im eignen Alltag ist das wohl schwieriger umzusetzen. Nur knapp über 40 % haben bereits ihre Kaufgewohnheiten dementsprechend angepasst. Immerhin können sich mehr als 30 % der Befragten vorstellen, das noch zu tun. Nur gut ein Viertel lehnt eine Umstellung der eigenen Kaufgewohnheiten für mehr Nachhaltigkeit ab oder betrachtet das Thema als nicht relevant. Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer gibt zudem an, mehr nachhaltige Produkte zu kaufen als früher.

Macht das überhaupt einen Unterschied?

Ja! – Zumindest finden drei von fünf der Befragten, dass der Kauf nachhaltiger Produkte einen Unterschied machen kann. Verschiedene Label, Bio-Siegel, Angaben zu Tierhaltungsformen oder andere Produktkennzeichnungen sollen den Verbrauchern dabei helfen. In der Realität funktioniert das allerdings nur mäßig gut. Über die Hälfte der Befragten findet es schwierig, Produkte im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu beurteilen. Nur 14 % finden sich im Label-Dschungel zurecht. Zudem stimmen fast zwei Drittel der Aussage zu, dass nachhaltige Produkte teurer sind, ein Drittel gibt sogar an, dass es sich nachhaltigere Produkte nicht leisten kann.

Regierung ist gefragt

Die Ergebnisse zeigen, dass trotz der Einstellung, dass ein nachhaltiger Umbau der Wirtschaft auch zulasten des Wachstums gehen darf, die Konsumentenentscheidungen anders ausfallen, wenn es um den eigenen Geldbeutel geht. Diese Lücke zwischen Meinung und eigenem Verhalten passt zu der Auffassung, dass nicht nur die Verbraucher mit ihrem Konsumverhalten, sondern vor allem die Regulatorik hier Abhilfe schaffen muss. (lb)