China ist auf einem neuen Wachstumspfad

11.11.2021

Andrew Gillan - Foto: © Janus Henderson Investors

China schickt sich an, ganz nach oben zu kommen. Dennoch gab es in jüngerer Vergangenheit vermehrt Skepsis über die Zukunftsaussichten im Reich der Mitte. Wie ist die Situation auf dem dortigen Immobilienmarkt zu bewerten? finanzwelt hakte nach bei Andrew Gillan, Head of Asia ex Japan Equities, Janus Henderson Investors.

finanzwelt: Wie bewerten Sie die ökonomische Situation in China? Andrew Gillan: Strukturell ist das Wirtschaftswachstum niedriger als im letzten Jahrzehnt, und der Schwerpunkt liegt auf der Wachstumsqualität. Die Zentralbank hat im Juli den Mindestreservesatz gesenkt, was darauf hindeutet, dass sich das Wachstum stärker verlangsamt hat, als sie es wollte. In jüngster Zeit hat das Wiederauftreten von Corona zu vermehrten Lockdowns geführt und die Wirtschaftstätigkeit beeinträchtigt. Wir erwarten für die Zukunft ein konstanteres, aber niedrigeres BIP-Wachstum und eine anhaltende Ausrichtung auf Nachhaltigkeit sowie eine geringere Abhängigkeit von der Neuverschuldung, wie die Restriktionen im Immobiliensektor zeigen.

finanzwelt: Evergrande – Einzelfall? Mit welchen Auswirkungen ist zu rechnen? Gillan: Evergrande ist kein Einzelfall, denn es gibt viele chinesische Immobilienunternehmen, die Zugang zu den Kreditmärkten haben. Das schiere Ausmaß der Gesamtverschuldung von Evergrande ist jedoch ziemlich einzigartig, und wir rechnen mit einem weiteren Schuldenabbau in der Branche. Wir betrachten die Situation von Evergrande nicht als systemisches Risiko und glauben, dass die Auswirkungen auf den gesamten Finanzsektor überschaubar sein werden.

finanzwelt: Wie schätzen Sie insgesamt die Situation auf dem chinesischen Immobilienmarkt? Gillan: Als Wachstumsinvestor haben wir in der Vergangenheit angesichts der Zyklizität und der Auswirkungen der Regierungspolitik nicht viel Kapital in diesen Sektor investiert. Für dividendenorientierte Anleger bieten sich jedoch Chancen bei Unternehmen mit soliden Bilanzen und gutem Betriebskapital, da die Bewertungen des gesamten Sektors relativ niedrig sind.

finanzwelt: Wie sind Sie derzeit mit Ihrem Fonds positioniert? Gillan: Wir sind gegenüber China nach wie vor etwas vorsichtiger und haben eine untergewichtete, aber immer noch beträchtliche Position in unserer Asia Growth-Strategie. Wir haben mehr A-Aktien beigemischt und weniger Exposure in chinesischen Internet- und E-Commerce-Unternehmen als in der Vergangenheit. Der Rest unserer Positionierung ist konsistenter mit einer anhaltenden Übergewichtung von Indien und Taiwan, wobei wir in Indien Finanzwerte des privaten Sektors und IT-Dienstleistungen bevorzugen, während wir in Taiwan Halbleiter, andere Bereiche der Technologie-Hardware und einige Konsumwerte bevorzugen. (ah)