Berg- und Talfahrt in Russland

30.03.2014

Mihai-Bogdan Lazar - Fotolia.com

In den vergangenen Wochen ging es an der russischen Börse auf und ab. Der Markt war in der Vergangenheit schon sehr volatil und dies zeigt sich auch jetzt. Kurzfristig ist am russischen Markt eine gewisse Vorsicht anzuraten. Längerfristig orientierte Anleger könnten jedoch nach Auffassung von ING Investment Management (ING IM) von einem beträchtlichen Aufwärtspotenzial profitieren.

(fw/ah) Nathan Griffiths, Lead Portfolio Manager Emerging Markets Equities bei ING IM, sagt: „Nach unserer Einschätzung hat Russland seine strategischen Ziele mit der Annexion der Krim erreicht. Natürlich lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob Russland wirklich eine Annexion der Krim anstrebte. Möglicherweise wollte Russland auch sicherstellen, dass die Krim – und damit auch Sewastopol – nicht Teil eines erweiterten Bündnisses im Rahmen der North Atlantic Treaty Organization (NATO) wird. Derzeit gehen wir nicht davon aus, dass Russland weitere Ambitionen in Bezug auf die restliche Ukraine hegt."

ING IM weist darauf hin, dass die Sanktionen des Westens bisher auf Schlüsselpersonen der russischen Administration beschränkt waren, die mit der Ukraine zu tun hatten, und zuletzt auch auf einige Mitglieder von Präsident Putins innerem Kreis ausgedehnt wurden. Nach Auffassung von ING IM sind die Sanktionen im Vergleich zur aggressiven Rhetorik der USA und der EU relativ moderat ausgefallen. Allerdings wurde betont, dass es zu weiteren Sanktionen kommen werde, wenn Russland weitere Expansionsschritte unternähme.

Griffiths führte des Weiteren aus: „Die Sanktionen haben nur sehr begrenzte direkte Auswirkungen auf die Wirtschaft, denn sie sollen nur einige Schlüsselpersonen treffen. Allerdings sind indirekte Auswirkungen festzustellen, denn die Zentralbank beschloss, die Finanzmärkte durch eine Zinsanhebung um 1,5 % zu beruhigen.

Dieser Schritt wird die ohnehin lahmende Konjunktur zusätzlich schwächen. Gleichzeitig hat die Situation zu verstärkten Kapitalabflüssen geführt; bisher wurden insgesamt knapp 70 Mrd. USD abgezogen. Außerdem werden internationale Unternehmen wahrscheinlich alle Investitionen in Russland erst einmal aussetzen, was die Konjunktur zusätzlich in Mitleidenschaft ziehen dürfte, so dass es im Jahr 2014 eventuell zu einer Rezession kommen könnte."

ING IM weist darauf hin, dass insbesondere die EU zögert, Maßnahmen zu ergreifen, die stärkere Auswirkungen auf Finanzunternehmen oder den Energiesektor hätten. Mit einem Marktanteil von über 30 % ist Russland der wichtigste Erdgaslieferant für Europa. Derzeit geht ING IM nicht von schmerzhafteren Konsequenzen aus.

Griffiths zog das Fazit: „Trotz der attraktiven Bewertungen sind wir kurzfristig vorsichtig, was den russischen Aktienmarkt betrifft. Bisher ist das Risiko einer Eskalation größer als die Chance auf eine Rücknahme der Maßnahmen. Da die ausländischen Anleger Besorgnis wegen der Risiken für ihre Investitionen in Russland hegen, dürften sie zudem ihr Engagement eher verringern als erhöhen, was den Markt zusätzlich schwächen könnte. Allerdings sind die Aktienmärkte in solchen Krisensituationen im Grunde widerstandsfähig, und Russland ist seit jeher ein Markt mit höheren Risiken."

„Keine Nachrichten sind gute Nachrichten, und wenn sich die Lage nicht verschärft – also es weder zu weiteren Übergriffen Russlands kommt noch schärfere Sanktionen verhängt werden –, sollten die Märkte ihre Verluste in den kommenden Monaten zum Teil wieder wettmachen. Aktuell empfehlen wir als Anlagestrategie, relativ hohe Liquiditätsbestände zu halten, weil die Lage stetig im Fluss ist. Außerdem ziehen wir Unternehmen vor, die nicht russischem Recht unterliegen. Wenn sich die Lage stabilisiert – die Annexion der Krim ist praktisch ein Faktum –, werden wir auch wieder konstruktiver."

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