Munich Re muss mehr Schäden decken

11.07.2016

Unwetter und Klima sind das eine - beim Aufräumen wird es teuer © kasto - Fotolia.com

Für Unwetter, Erdbeben und Folgen des Klimawandels müssen Versicherer mehr leisten. Ohne die Rückdeckung hätten die Versicherer keine Chance. Das unterstreicht den Sinn der Rückversicherung.

2016-07-12 (fw/db) Der Rückversicherer Munich Re meldet, Naturkatastrophen und der Klimawandel haben im 1. Halbjahr 2016 deutlich höhere Schäden als im Vorjahr verursacht. Insgesamt stieg das Schadensvolumen bis Ende Juni von 59 auf 70 Milliarden US-Dollar, davon waren 27 Milliarden US-Dollar versichert, im Vergleich zum Vorjahr da waren es 19 Milliarden US-Dollar. Schadentreiber waren schwere Erdbeben in Japan und Ecuador, Unwetter in Europa und den USA sowie Waldbrände in Kanada. „Die Ereignisse zeigen, wie wichtig Schadenprävention ist. Das betrifft den Schutz vor lokalen Sturzfluten ebenso wie erdbebensicheres Bauen in Risikogebieten. Eine gute Nachricht ist, dass durch bessere Baustandards und kluges Vorgehen der Katastrophenhelfer und Behörden Menschen heute schon besser geschützt werden als früher“, sagt Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek. „Das ausklingende Klimaphänomen El Niño begünstigte Trockenheit und Hitze und war so mit ursächlich für die Waldbrände in Kanada ebenso wie für Unwetterserien in Texas, jeweils mit der Folge von Milliardenschäden. Auch das Ausbleiben von tropischen Wirbelstürmen im Nordwestpazifik bis zur Jahresmitte dürfte davon beeinflusst worden sein. Der Taifun Nepartak, der Anfang Juli Taiwan und China traf, war damit der erste Taifun seit langer Zeit. Im dritten Quartal wird die Klimaschaukel ENSO im Pazifik nun voraussichtlich in eine La Niña-Phase umschwenken, was weltweit wiederum andere Wetterphänomene beeinflusst. So werden beispielsweise im tropischen Nordatlantik die Entstehung von Hurrikanen und eine höhere Anzahl von Taifunen auf den Philippinen tendenziell begünstigt“, erläutert Peter Höppe, Leiter der Geo Risiko-Forschung von Munich Re.

Wetterereignisse nehmen zu

In der kanadischen Provinz Alberta entstand Anfang Mai bei Hitze und Trockenheit ein verheerendes Buschfeuer, das sich, angefacht durch starke Winde, rasch auf tausende Hektar ausbreitete. Die 80.000-Einwohner-Stadt Fort McMurray wurde komplett evakuiert. Die kanadische Ölproduktion aus Öl Sand sank um 40 Prozent, da die Förderung in der Region erheblich eingeschränkt wurde. Hunderte Häuser brannten nieder. Der direkte Schaden betrug 3,6 Milliarden US-Dollar, davon waren rund 2,7 Milliarden US-Dollar versichert. Einen hohen Anteil an der Schadenbilanz bis Ende Juni hatten Schwergewitter mit Hagel, Starkregen und Sturzfluten, die in den USA und in Europa Gesamtschäden von mehr als 20 Milliarden US-Dollar verursachten. Davon entfielen auf Unwetterserien in Texas und angrenzenden Staaten rund 12,3 Milliarden US-Dollar, der versicherte Anteil betrug 8,8 Milliarden US-Dollar. Die Wetterextreme in südlichen US-Bundesstaaten passen zum Muster einer El Niño-Phase, in der Schwergewitter in diesen Regionen wahrscheinlicher sind als unter neutralen oder La Niña-Bedingungen. Die Unwetterserie in Europa Ende Mai und Anfang Juni wurde überwiegend von einem lange anhaltenden, hochreichenden Tiefdrucksystem über Mitteleuropa ausgelöst. In Deutschland erzeugten die dadurch ausgelösten Gewitter, die sich kaum voran bewegten, vielerorts außergewöhnliche Sturzfluten. Besonders betroffen waren Orte in Süddeutschland wie Braunsbach in Baden-Württemberg und Simbach in Bayern, wo sich kleine Bäche in kürzester Zeit in reißende Ströme verwandelten. In Frankreich führten die Unwetter zu Hochwasser an der Seine und ihren Zuflüssen. Besonders betroffen war die Stadt Nemours südlich von Paris, wo der Fluss Loing Rekordpegel erreichte. Tausende Menschen wurden evakuiert. In Paris wurden nahe der Seine der Louvre und das Musée d’Orsay geschlossen und Kunstwerke in höher gelegene Stockwerke verlegt. Der Pegel blieb jedoch um gut zwei Meter unter dem Rekordhochwasser von 1910. Die Niederlande wurden am 22. und 23. Juni von einer Gewitterfront mit Hagelkörnern bis zur Tennisballgröße getroffen. In Someren in Nordbrabant entstanden vor allem in der Landwirtschaft enorme Schäden. Zahllose Gewächshäuser wurden zerstört, vielfach die komplette Ernte. Erste Schätzungen gehen von Gesamtschäden bis zu einer Milliarde US-Dollar aus. Diese Unwetter hingen mit der höchsten jemals in den Niederlanden gemessenen absoluten Luftfeuchte zusammen. Der Gesamtschaden durch Unwetter in Europa im Mai und Juni betrug 6,1 Milliarden US-Dollar, davon waren drei Milliarden US-Dollar versichert. Auf Deutschland entfielen 2,8 Milliarden US-Dollar der Gesamtschäden und 1,3 Milliarden US-Dollar der versicherten Schäden. „Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass Starkniederschläge in einzelnen Regionen Europas in den vergangenen Jahrzehnten häufiger geworden sind. So nahmen von 1951 bis 2010 Starkniederschlagereignisse im Frühjahr, die sich früher rechnerisch einmal in 20 Jahren ereigneten, bereits um den Faktor 1,7 zu. Daran dürfte der Klimawandel einen Anteil haben“, so Höppe.

Erdbeben töten Menschen

Zwei Erdbeben auf der südjapanischen Insel Kyushu nahe der Stadt Kumamoto verursachten die höchsten Schäden im ersten Halbjahr. Innerhalb von nur zwei Tagen ereigneten sich dort spät am 14. und in den frühen Morgenstunden des 16. April Beben der Magnitude (Mw) 6,2 und 7,0. Zahlreiche Gebäude stürzten ein, 69 Menschen wurden getötet. Zehntausende Menschen wurden zeitweilig in Notunterkünften untergebracht. Auch viele Produktionsanlagen in der Region wurden beschädigt und mussten ihren Betrieb zum Teil über Wochen einstellen. Dies beeinträchtigte auch die Fertigung einiger Autohersteller, da zur Produktion notwendige Komponenten nicht geliefert wurden. Auch ein wichtiger Hersteller von Kameramodulen für Smartphones musste die Produktion stoppen. Der Gesamtschaden der beiden Beben betrug 25 Milliarden US-Dollar, davon waren, wegen der geringen Versicherungsdichte gegen Erdbebenrisiken, nur 5,9 Milliarden US-Dollar versichert. Die meisten Todesopfer forderte ein Erdbeben der Magnitude (Mw) 7,8, das fast zeitgleich mit den Beben in Japan die Pazifikküste von Ecuador erschütterte. Zahlreiche Gebäude wurden zerstört, Dächer von Einkaufszentren stürzten ein. Fast 700 Menschen kamen ums Leben. Von den Gesamtschäden von 2,5 Milliarden US-Dollar war, wie häufig in Schwellenländern, ein relativ geringer Anteil war versichert, es waren etwa 400 Millionen US-Dollar.