Es ist an der Zeit mit einem Klischee aufzuräumen.

30.06.2015

Es kommt bei unseren Reden und Antworten nicht zu 93% auf das äußere Erscheinungsbild an. Nein. Wir können 7% Unsinn, den wir verzapfen, nicht durch eine brillant geknotete Krawatte wett machen um auf 100% Performance zu kommen.

Wir können nicht unser Publikum beleidigen und darauf hoffen, dass man uns wegen der glänzend gebürsteten Schuhe und des akkuraten Haarschnitts schon verzeihen wird. Wir können beim Bewerbungsgespräch ebenso wenig wie bei der Präsentation vor dem Klienten erwarten, dass man uns den Vorzug vor dem Mitbewerber gibt, nur weil wir erfreulicherweise angenehm riechen und ein gebügeltes Hemd tragen.

Nein, verehrte Damen und Herren, so einfach ist es leider nicht. Enttäuscht? Ich vermute: eher nein. Insgeheim wissen wir doch, dass „Kleider machen Leute" eine Binsenweisheit ist, die nur so lange trägt, wie das geneigte Publikum sich von der glänzenden Hülle blenden lässt. Wer aber jetzt schon die zerrissene Jeans hervorholen wollte, das Jackett mit den Applikationen an den Ellenbogen oder die abgelatschten Schuhe, dem sei jedoch auch dieser Zahn gezogen: Auf eine runde Gesamterscheinung kommt es an, das ist doch klar! Dresscode und Style zahlen aber die Miete nicht allein, gehören aber dennoch dazu.

Welcher Kragen passt zu welchem Krawattenknoten, zu welcher Gesichtsform, zu welchem Anzug, und andererseits: Wann wird Gürtel, wann Weste, wann Hosenträger getragen, was ist Trend und wann darf man den Trend brechen? Die Details sind das A & O. Und eines ist sicher: Je höher in der Hierarchie, desto strenger die Regeln. Ob Politiker, TV-Moderatoren, Spitzenmanager – mittlerweile werden alle professionell beraten, die sich öffentlich zeigen. Meiner Meinung nach ein Riesenfehler. Nicht, dass exponierte Personen sich professionell beraten lassen. Nein, das kann ich nur gutheißen – ist ja letztlich auch gut für mein Geschäft. Was ich für einen Fehler halte: Interner und externer Dresscode sind immer noch viel zu oft strikt getrennt. Da schlurft einer in den in völlig verwatzten Klammotten ins Büro – Macht ja nix: „Wir haben eigentlich kaum Kundenverkehr bei uns im Haus". Ich kenne einen Fall, da ist der Counter-Assistant einer Autovermietung tatsächlich kurz nach Hause gerannt um sich eine Krawatte zu holen, wenn die Geschäftsführung ihren Besuch ankündigte.

Als wäre der Dresscode eine Verkleidung, die ich mal eben überziehe, wenn ich kurz mal „Business Woman" spielen muss. Mal ganz im Ernst: Viele von uns arbeiten mehr Stunden in der Woche als sie ihre Kinder sehen, Bücher lesen und Yoga machen zusammen. Da sollten doch Dresscode & Style im Business zumindest so viel mit uns zu tun haben, dass wir nicht sofort das Bedürfnis haben alles von uns zu schmeißen, wenn uns gerade keiner sieht der uns feuern oder den Urlaub kürzen kann. Zu Hause auf der Couch passt die Strickjacke dann ja auch wieder hin.

Sabina Wachtel,

Gründerin des Labels ManagerOutfit