„ZZR ist Bankrotterklärung“

15.09.2020

Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten / Foto: © BdV

In den nächsten fünf Jahren wird sich nach Einschätzung des Bundes der Versicherten (BdV) die Zinszusatzreserve (ZZR) der Lebensversicherer fast verdoppeln – mit negativen Folgen die Liquiditätslage der Unternehmen. Allein schon die Existenz der ZZR ist für den BdV ein schlechtes Zeichen.

Derzeit beträgt die ZZR der Lebensversicherer gut 81 Mrd. Euro. Allein in diesem Jahr müssen noch einmal 15,3 Mrd. Euro dafür aufgebracht werden, im nächsten Jahr dann 14,1 Mrd. Euro. Bis zum Jahr 2024 wird der Reservepuffer damit um 75 Mrd. Euro wachsen. Das geht aus der aktuellen „Versicherungsstudie 2020“ hervor, die vom Analysten Dr. Carsten Zielke erstellt wurde. „Die Zinszusatzreserve explodiert. Es ist unklar, wie sie finanziert werden soll. Die Konsequenz sind Lebensversicherer ohne genügend Solvenz und Lebensversicherte als Spielball von Interessen“, mahnt BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein.

Zum Vergleich: Der Sicherungsfonds Protektor Lebensversicherungs-AG als Auffanggesellschaft hat derzeit ein Sicherungsvermögen von 1,04 Mrd. Euro, das per Gesetz auf 2,08 Mrd. Euro erhöht werden kann. Inklusive „freiwilliger Selbstverpflichtung“ lässt sich diese, wenn alle Unternehmen mitmachen, auf ca. 10 Mrd. Euro erhöhen. Jedoch übersteigen bereits die in diesem Jahr der ZZR zufließenden Gelder alles, was im Sicherungsfonds jetzt ankommen wird. Laut der Solvenzstudie von BdV und Zielke Research Consult GmbH ist bereits jetzt ein Viertel der Lebensversicherungsunternehmen angezählt.

„Wir haben uns im letzten Jahr dafür starkgemacht, dass eine Entschärfung bei der ZZR eintritt. Doch die Lebensversicherer haben die dadurch gegebene Chance nicht genutzt, um glaubhafte Lösungen zu entwickeln“, kritisiert Kleinlein. Schlimmer noch: „Die Cheflobbyisten der Lebensversicherer tun weiterhin so, als hätten sie alles im Griff. Tatsächlich haben sie aber keine Ahnung, wie sie die zusätzlichen Reserve-Zuführungen der nächsten Jahre bezahlen sollen.“ Der Verkauf an eine Run-Off-Plattform oder die Abwicklung von Lebensversicherungsbeständen im Protektor sind dann zu erwarten.

Der BdV fordert für den Fall, dass Bestände auf den Protektor übertragen oder auf eine Run-Off-Plattform überführt werden, bessere Wechselrechte für Versicherte, damit diese eine Chance haben, den nötigen Versicherungsschutz bei einem anderen Versicherer aufrecht zu erhalten.

Die Zinszusatzreserve, zu deren Bildung die Unternehmen angesichts der Niedrigzinsphasen seit 2011 verpflichtet sind, soll Kalkulationsfehler der 80er- und 90er-Jahre ausgleichen. „Alleine die Existenz der Zinszusatzreserve ist eine Bankrotterklärung der Versicherungsbranche“, kritisiert Kleinlein. Sie würde dadurch finanziert, dass den Versicherer den Kunden Überschüsse vorenthalten würde. (ahu)