Wer braucht ein weiteres Zahlungssystem für Internet und Mobile?

19.04.2015

Paul Rothenberger

Mit Hochdruck arbeiten die deutschen Banken derzeit daran, ein eigenes System für das Bezahlen im Internet und für mobile Zahlungen aufzubauen. Höchste Zeit, denn der Markt wird nicht nur von bankfremden Anbietern wie Paypal dominiert. Mit Google, Apple und Samsung drängen nun weitere Player aus der Web- und IT-Welt in dieses Segment.

Die deutschen Finanzdienstleister haben dem bislang wenig entgegenzusetzen – auch rund 20 Jahre nach dem Start des E-Commerce haben sie noch immer keine überzeugende Lösung für eine Aufgabe, die doch zu ihren Kernkompetenzen zählen sollte. Da hat man wohl einen Trend komplett verschlafen.

Die Konsumenten haben sich mittlerweile an die unkomplizierten Verfahren, die ihnen Anbieter wie Paypal zur Verfügung stellen, gewöhnt, so dass sich die Frage stellt, wie Banken jetzt noch, als Nachzügler in einem umkämpften Markt, diese Kunden zurückgewinnen wollen. Zwar ist gerade Paypal hinsichtlich der Sicherheit umstritten, aber es ist die Frage, ob das ausreicht, diesem überaus beliebten Dienst doch noch das Wasser abzugraben. Und auch wenn in einschlägigen Foren immer wieder frustrierte Nutzer über sonderbare Geschäftspraktiken und Vertragsgestaltungen murren, genutzt wird der Dienst ja trotzdem. Mehr Sicherheit und kundenfreundlichere AGBs werden wohl kaum ausreichen, um die abgewanderten Kunden zurückzuholen. Hier sollte man realistisch sein: Auf einen weiteren Internet-Bezahldienst wartet außerhalb des Bankensektors kein Mensch.

Nein, die deutschen Finanzdienstleister werden schon etwas mehr liefern müssen, als die bloße Abwicklung von Zahlungsvorgängen. Gefragt sind innovative Ansätze, echte Mehrwertdienste, die dem Kunden mehr bieten als nur den Transfer von Geld von A nach B. Denkbar sind hier etwa direkt in den Bezahldienst integrierte Bonus- oder Gutscheinsysteme. Solche Lösungen müssen für die Kunden natürlich kostenlos sein und vor allem müssen sie in Sachen Datensicherheit und -schutz Standards setzen. Mit einem weiteren Datenmoloch wird man sich nämlich gerade in Deutschland keine Freunde machen. Aber die Banken könnten in einem Bonussystem ihre vorhandene Position als vertrauenswürdige kontoführende Institutionen ausspielen und die Daten ihrer Kunden in eigenen Händen behalten. Relevanz der Angebote und Komfort sind die beiden entscheidenden Erfolgsfaktoren.

Außerdem muss von Anfang an mobiles Bezahlen immer integrierter Bestandteil einer Bezahl-Lösung sein, denn das private Internet verlagert sich zunehmend auf Smartphones und Tablets, also auch der private E-Commerce. Gerade im mobilen Bereich sind die neuen, bankfremden Player selbst noch nicht optimal aufgestellt, hier experimentieren sie selbst noch und versuchen sich gegenseitig Marktanteile abzujagen. Mit einer integrierten mobilen, institutsübergreifenden Lösung könnte man wieder Boden gutmachen – sofern man bereit ist, endlich flexibel und schnell zu agieren. Viel Zeit bleibt allerdings dafür nicht, denn die erwähnten neuen Player sind aus der Web- und IT-Welt, aus der sie kommen, an eine hohe Schlagzahl gewöhnt.

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Autor: Paul Rothenberger, Head of Banking Pegasystems_