Versteckte Unternehmens-Überbewertung als Short-Chance

23.11.2018

Adam Golombek, Geschäftsführer der Giesbrecht & Golombek VermögensManagement GmbH / Foto: © Giesbrecht & Golombek VermögensManagement GmbH

Die RIB Software ist ein Software Unternehmen im Bauwesen, das im Jahr 2017 nach acht Jahren ununterbrochenem Wachstums erstmalig mehr als 100 Mio. Euro Umsatz erreicht hat. Die Entwicklung des Unternehmens ist auch in der breiten Wahrnehmung eine Erfolgsgeschichte, doch bei genauerer Betrachtung ergeben sich einige Auffälligkeiten:

  1. Nach der Gründung des Joint Ventures namens YTWO Formative sind bis heute keine Umsätze mit externen Kunden zu verzeichnen. Dennoch gibt RIB in 2016 und 2017 einen Gewinnanstieg um bis zu 50 Prozent an. Dieser resultiert jedoch lediglich aus den Transaktionen zwischen RIB und YTWO (für Softwarelizenzen und -Wartung). Unserer Rechnung zufolge liegt der bereinigte Gewinn allerdings wesentlich niedriger. Die Bereinigung bezieht sich auf die nicht wiederkehrenden Sondereffekte, die allein durch die Joint Venture – Struktur geschaffen wurden.

In seinem Buch „Financial Shenanigans“ bezeichnet der Autor Howard M. Schilit übrigens eine solche Vorgehensweise als klassische „Boomerang“-Transaktionen, bei der finanzielle Mittel wie ein „Boomerang“ hin und zurückfließen, ohne dass eine messbare Wertschöpfung entsteht.

  1. Die Beteiligung an der Exactal Group wurde zum Jahresende (!) am 15.November 2017 erhöht. Daraus resultierte ein zusätzlicher Gewinn aus der Neubewertung von Finanzerträgen in Höhe von 3.5 Mio. Euro, die hier auch nicht wiederkehrend sind.
  2. Zwischen 2012 bis 2017 wurden Entwicklungskosten jährlich aktiviert, die dadurch über Jahre (5 oder 10 Jahre lt. GB) hinweg als Aufwand gestreckt werden, anstatt sie im selben Jahr komplett gewinnreduzierend zu verbuchen. Dies hat den Effekt, dass der Aufwand in die Zukunft verlängert wird, und somit sich der aktuelle Gewinn erhöht. Nemetschek SE (Konkurrent) macht davon keinen Gebrauch.

Unser Fazit:

RIB Software betreibt einen außerordentlichen Aufwand zur Ausnutzung bilanzieller Spielräume, die nach unserer Analyse zu einer versteckten Unternehmensüberbewertung führt. Nach Bereinigung um die Sonder-Effekte (1.-3.) ist die operative Entwicklung des Unternehmens deutlich schwächer als ausgewiesen. Den Aktionären wurde auf den ersten Blick eine sehr positive Entwicklung präsentiert, was mit einem massiven Anstieg beim Aktienkurs gewürdigt wurde.

Analysten haben zusätzlich mit überhöhten Kurszielen für eine Fehlbewertung gesorgt. Von einer angemessenen Bewertung zu 5,03 EUR je Aktie ist der Aktienkurs von derzeit 14 Euro noch weit entfernt.

Kolumne von Adam Golombek, Geschäftsführer der Giesbrecht & Golombek VermögensManagement GmbH in Aschaffenburg