Vergütungsform und Bürokratie als Wunderwaffe

20.08.2014

**Berater die nicht haften sollen und vor allem Honorare wollen. So die Vorstellung der staatlichen und nicht-staatlichen Verbraucherschutz-Organisationen, die ihrerseits Beratung ohne Haftung verkaufen.

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Europäische Verwaltungsbeamte, Politikerinnen und Politiker trauen dem Staat, insbesondere dem Gesetzgeber, erstaunliche Heilungskräfte zu, wenn es um die Lehren aus den Finanzkrisen der Vergangenheit geht.

Wirtschaftswissenschaftler bezweifeln, dass Krisen sich gleichartig wiederholen, so dass mit den Lehren aus der ersten Krise eine zweite vermieden werden kann. Es sei nach Meinung von ökonomischen Experten schon genug gewonnen, wenn man die zweite besser als die erste durchsteht, und dafür kann die Gesetzgebung ein Beitrag sein. Aber nur ein Beitrag, zumeist ist es nicht die finale Lösung.

Regulierungswut ist zumeist eine Verschlimmbesserung erster Güte. Finanzdienstleistungen werden dadurch teurer, in vielen Fällen zu teuer – namentlich für die zahlreichen Privatkunden und kleine Anleger, denen solche Instrumente über die vergangenen Jahrzehnte zur Basisabsicherung, Ertrag und somit zur Erhöhung ihres Wohlstands verholfen haben.

Politische Regelungswut überall

Die Probleme mit Lehman Brothers und Madoff, auf die Verbraucherschutz und Politiker gerne als Begründung verweisen, sind absolut nicht die Regel in der Finanzwirtschaft. Sie sind eher die Ausnahme, Lehman Brothers war als Bank eine erster Adresse, die insolvent wurde, und Madoff ein Krimineller.

Beide bedauerlichen Fälle hätten über eine strikte Regulierung der Branche und deren Vertrieb nicht verhindert werden können, da per Gesetz ein menschliches Fehlverhalten nie auszuschließen ist. Nötig hierzu ist ein Strafrecht, das gröbstes oder gar vorsätzliches Fehlverhalten sanktioniert. Eine entsprechende Gesetzgebung zu Wirtschaftskriminalität ist weitgehend schon vorhanden und muss nicht neu erfunden werden, sondern nur konsequenter und schneller in der juristischen Praxis angewandt werden.

Nötig waren Regeln über die Prüfung von Eignung und Angemessenheit der Anlagestrategie an der individuellen Risikoorientierung für eine Kundin oder einen Kunden, sowie eine Bewilligungspflicht für Vermögensverwalter und diverse sogenannte Anlage- und Finanzberater. Solche Maßnahmen können den Verbraucherschutz teilweise wirklich verbessern und werden insoweit auch von den Assekuranzen und Banken unterstützt.

Verbraucher-Lobby will ohne Sachkundenachweis Finanzmarktwächter sein

Am liebsten soll es nach der Lobby des Verbraucherschutzes eine Ampel für jedes einzelne Finanz- und Versicherungsprodukt sein. Grün steht für unbedenklich, gelb für Vorsicht und Rot für Finger weg – gefährlich. Doch wer legt die Farben fest, wo heute kaum jemand weiß, was in zehn oder 20 Jahren für ein Szenario vorliegt. Der Verbraucherschutz traut sich selbst dies zu, ohne dass dessen Mitarbeiter eine Qualifikation mit einem Sachkundenachweis haben müssen.

Vermittlungsunternehmer dagegen sollen dokumentieren, ihre Betriebe am liebsten täglich überprüfen lassen und ihr Einkommen freiwillig gegen Null absenken. Die Qualität einer Beratung wird wohl kaum besser, wenn ein schwarzes Schaf der Branche mit Zertifikat arbeitet oder wenn Geringverdiener als Berater über hunderttausende von Euro als Altersvorsorge oder bei Kapitalanlage-Verlust den sicheren Weg in die Altersarmut beraten und für die Vermittlung nicht haften.

Medizin und Finanzdienstleistung werden zum Verwaltungsmoloch

Schon in der Schulmedizin zeigt sich wie oft ein Kranker oder Verunfallter froh ist, wenn die lebensnotwendige Operationsmethode seines Arztes nicht erst noch zertifiziert werden muss. Die Wartezeit bis ein Unfallarzt die Verwaltungspapiere ausgefüllt hat ist schon lange genug.

Bei den „Finanzärzten“ soll nun auf Menschen gesetzt werden, die vor allem dann kein Geld verdienen sollen, wenn es um viel Geld, die Altersvorsorge, die Existenz oder das Vermögen der Menschen geht. Welche Logik steckt da dahinter? Vor allem, wenn diese (Honorar-)Berater nicht für eine Vermittlung haften sollen und nur ihre Honorare wollen. Hierüber sollte nachgedacht werden.

(Autor: Dietmar Braun, freier Fachjournalist, Hochschuldozent Assekuranz und Banken)