Unfallversicherung: Zum Inhalt einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung (OLG Dresden)

11.05.2022

Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Parnterschaft mbB / Foto: © Jöhnke und Reichow Rechtsanwälte

Das OLG Dresden hatte darüber zu entscheiden, welchen Inhalt die ärztliche Feststellung einer Invalidität haben muss, damit dies als Unfall im Sinne einer Unfallversicherung zu bewerten ist (OLG Dresden, Beschluss v. 02.11.2020 – 4 U 1586/20).

Der Sachverhalt vor dem OLG Dresden

Der klagende Versicherungsnehmer erlitt einen Unfall. Der Versicherungsnehmer ging in ärztliche Behandlung. Es erging ein unfallchirurgisches Gutachten, das eine Innenmeniskushinterhornläsion (Riss im Meniskus) belegt. Der ärztlichen Feststellung ist kein Hinweis auf die Ursächlichkeit des Unfalls mit der konkreten Verletzung zu entnehmen. Viel mehr ist dort vermerkt, dass die konkrete körperliche Folge durch Gelenkverschleiß eintrat. Dem Versicherungsvertrag liegt in den AVB in Ziff. 2.2.1 folgende Klausel zugrunde:

„Die Invalidität ist innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von Ihnen schriftlich bei uns geltend gemacht worden.“

Diese Anzeigefrist lief nach Verstreichen von 15 Monaten ab. Der Versicherungsnehmer beruft sich darauf, dass die Unfallursächlichkeit der Invalidität der ärztlichen Feststellung der Meniskusschädigung zu entnehmen ist. Das OLG Dresden folgte dem jedoch nicht.

Invaliditätsfeststellung in der Unfallversicherung

Das OLG Dresden bewertete die fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität als Anspruchsvoraussetzung der Versicherungsleistung. Die Anzeigefrist lief am 03.01.2017 ab. Es lag keine ärztliche Feststellung einer unfallbedingten Invalidität vor. Hier ist zu differenzieren zwischen der Invalidität einerseits und der Unfallbedingtheit andererseits.

Das OLG Dresden stellte klar, dass an den Nachweis der Invalidität keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Ein ärztliches Gutachten reicht aus. Die in der ärztlichen Invaliditätsfeststellung beschriebenen Dauerschäden werden zur Grundlage des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung.

Zusätzlich muss die Dauerschädigung auf einen Unfall zurückzuführen sein. Vorliegend ergab sich nach Befragung eines Sachverständigen, dass die Innenmeniskushinterhornläsion nicht auf ein äußeres Einwirkungsmoment zurückzuführen ist, sondern verschleißbedingt eintrat.

Der Versicherer hat mit der Einreichung eines Formblatts zum Schadensantrag den Versicherungsnehmer hinreichend gem. § 186 VVG auf die laufende 15-Monatsfrist hingewiesen. Zudem stellt das Bemühen des Versicherers über die Anerkennung einer Invalidität den Unfallhergang zu ermitteln kein verbindliches Anerkenntnis der Leistungsverpflichtung dar.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Kommt es infolge eines Unfalls zu einer körperlichen Schädigung sollten die folgenden ärztlichen Begutachtungen den Rückschluss drauf erlauben, dass gerade der Unfall für die konkrete Verletzung ursächlich wird. Die reine Feststellung einer Invalidität genügt nicht. Verweigert ihre Versicherung die Schadenregulierung sollte ein Fachanwalt für Versicherungsrecht mit der Klärung betraut werden.

Weiterführende interessante versicherungsrechtliche Artikel und Urteilszusammenfassungen können nachfolgend in einem Leitartikel nachgelesen werden: Unfallversicherungen.

Kolumne von Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke Fachanwalt für Versicherungsrecht Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz Fachanwalt für Informationstechnologierecht Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB