Türkei muss dringend Reformen umsetzen

13.08.2018

Paul Greer, Fondsmanager für Schwellenländer Fidelity International / Foto: © Fidelity

Die Türkei befindet sich in einer ausgewachsenen Währungskrise. Die Behörden, die für die Wirtschaft und die Finanzen des Landes verantwortlich sind, scheinen die Kontrolle über ihre Währung verloren zu haben. Die Rhetorik der vergangenen Tage hat einen Mangel an Verantwortung erkennen lassen, die Krise zu lösen. Kurzfristig wird erwartet, dass sich die Inflation in Richtung von 20 Prozent bewegt. Das zeigt, wie unangemessen der Zinssatz der Zentralbank von 17,75 Prozent wirklich ist. Die Märkte haben mit ihren Füßen abgestimmt und die ausländischen Geldgeber ziehen nun ihre Gelder aus dem Land ab – genau das Gegenteil von dem, was die Türkei jetzt braucht, wenn man an ihre instabile Zahlungsbilanz denkt.

Während die grundlegenden Herausforderungen der Türkei zahlreich sind, gibt es viele einfache Lehrbuchlösungen, die die Abwärtsspirale des Anlegervertrauens und der Vermögenspreise aufhalten können.

  • Eine aggressive Zinserhöhung der Zentralbank von etwa +1.000 Basispunkten wäre ein guter Anfang. Dies würde die Konjunktur zwar verlangsamen. Doch das könnte die unaufhörliche Nachfrage nach Importen eindämmen und das Problem des Leistungsbilanzdefizits abmildern.
  • Nützlich wären auch strukturelle Reformen, die zu einer Ausweitung der verarbeitenden Industrie und des Exportsektors führen. So würde die türkische Wirtschaft besser diversifiziert, weg von Konsum und Bautätigkeit.
  • Die heiklen diplomatischen Beziehungen der Türkei zum Westen, insbesondere zu den USA, müssen angegangen werden.
  • Finanzpolitische Sparmaßnahmen wären auch willkommen, besonders wenn man an die hohe Schuldenlast des Privatsektors denkt. Weitere nützliche Maßnahmen sind Steuerreformen, um mehr Steuern einzunehmen, die Sparquote des Landes zu erhöhen, sich klar zur Unabhängigkeit der Zentralbank zu bekennen sowie den Arbeitsmarkt zunehmend zu flexibilisieren.
  • Kapitalkontrollen allein sind angesichts der sehr offenen Wirtschaft der Türkei und der hohen externen Finanzierungsanforderungen keine angemessene Lösung.
  • Externe Finanzhilfen vom Internationalen Währungsfonds (IWF) oder wohlhabenden bilateralen Partnern wären wünschenswert, aber nicht notwendig, sofern die Türkei angemessen auf die Realitäten der Märkte reagieren würde.

Insgesamt hat die Wirtschaft der Türkei viele ausgleichende Faktoren. Dazu gehören ein starker Fokus auf die Wirtschaft, eine günstige Demographie, eine gebildete Bevölkerung und ein gut kapitalisiertes Bankensystem. Die Lösungen zur jüngsten Krise sind eigentlich offensichtlich, aber die Frage ist, ob die Regierung gewillt ist, die Maßnahmen anzugehen.

Marktkommentar von Paul Greer, Fondsmanager für Schwellenländer bei Fidelity International