Trend zu ESG-ETFs hält an

04.08.2020

Stephan Kraus - © Deutsche Börse AG

20 Jahre ETF-Industrie in Deutschland. Ein Grund mehr für ein Kurzinterview mit Stephan Kraus von der Deutschen Börse, der bereits vor zwei Jahrzehnten die Einführung der ersten Produkte begleitete.

finanzwelt: Mit Blick auf das 20-jährige Jubiläum von ETFs in Deutschland. Wie gestaltete sich der Anfang, auch im Vergleich zur ETF-Geschichte in den USA? Stephan Kraus: Bereits 1990 wurde der erste ETF in Kanada gelistet, der TIPs 35 bildete den Aktienmarkt an der Börse in Toronto ab. In den USA kam die Idee, mit einem Produkt einen Index abzubilden, kurze Zeit später auf, das war 1993. Das erste Produkt in New York war der Standard & Poor’s Depositary Receipt, aufgrund seines Börsenkürzels SPDR auch Spider genannt.

Am 11. April 2000 hat die Deutsche Börse dann mit zunächst zwei Produkten den ETF-Handel nach Europa gebracht. Die beiden ersten auf Xetra handelbaren ETFs bildeten die Referenzindizes EURO STOXX 50 und STOXX Europe 50 ab. Emittent der beiden Produkte war Merrill Lynch International mit der LDRS-Produktfamilie, die heute zur iShares-Produktfamilie von BlackRock gehört. Seitdem geht es auch hierzulande ungebremst nach oben. Allein 2019 wurden 183 neue ETFs auf Xetra gelistet, insgesamt notieren heute mehr als 1.500 Produkte bei uns. Mit dieser Auswahl und einem durchschnittlichen monatlichen Handelsvolumen von rund 15 Mrd. Euro ist Xetra der führende Börsenplatz für ETFs in Europa.

finanzwelt: Mittlerweile werden neue ETFs in rasantem Tempo begeben. Welche Bereiche sind derzeit unter den Investoren stark nachgefragt (z.B. Anleihen-ETFs, ESG)? Kraus: ESG-ETFs waren im vergangenen Jahr die mit Abstand wachstumsstärkste Kategorie im ETF-Segment der Deutschen Börse. 65 neue ESG-ETFs wurden allein 2019 gelistet, im ersten Halbjahr 2020 waren es bereits 43. In der Gesamtbetrachtung muss man aber festhalten, dass das in ESG-ETFs investierte Vermögen mit aktuell rund 5 % des gesamten verwalteten ETF-Vermögens noch relativ gering ausfällt. Weiterhin sind auch Anleihen-ETFs stark gefragt. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die rückläufige Liquidität im Handel von einzelnen Anleihen. Gerade für große Transaktionen setzen Investoren deshalb verstärkt auf ETFs statt auf Einzeltitel. Im vergangenen Jahr stieg das verwaltete Vermögen in Anleihen-ETFs deshalb um 33 Prozent auf 187 Milliarden Euro an, 56 Produkte kamen neu hinzu.

Eine große Bedeutung kommt aber auch Themen-ETFs zu, die zum Beispiel innovative Technologien wie künstliche Intelligenz, Robotics oder Blockchain abbilden. In diesem Jahr neu gestartet sind außerdem ETFs auf Medical Cannabis sowie die ersten Exchange Traded Notes (ETN) auf Bitcoin, die unmittelbar ein hohes Interesse bei Anlegern hervorgerufen haben. Zwar erreicht das Vermögen vieler Themen-ETFs häufig nicht das Niveau der großen Benchmark-ETFs, doch immer wieder treffen die Anbieter mit diesen Produkten genau das Interesse der Investoren: So konnten allein die im letzten Jahr neu auf Xetra gestarteten ETFs auf die Themen Video Gaming, künstliche Intelligenz und Blockchain bis dato fast 700 Millionen Euro an Investorengeldern einsammeln. (ah)