Traumhaus oder Luftschloss?

10.12.2015

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Es spricht viel dafür, das aktuelle Zinsumfeld für den Bau oder Kauf einer Immobilie zu nutzen. Nicht wenige unterschätzen dabei die Folgen anstehender Prolongation wie mögliche unvorhersehbare Ereignisse.

Ein Blick auf die Immobilienentwicklung in Deutschland verdeutlicht: Insbesondere in Ballungsgebieten ziehen die Preise weiterhin massiv an. Dessen ungeachtet bildet Wohneigentum generell eine sichere und begehrte Vermögensanlage, wie eine Vielzahl von aktuellen Studien belegt. Passend hierzu bescheren derzeitige Entscheidungen der Europäischen Zentralbank ein anhaltend günstiges Niedrigzinsszenario für Immobilienkäufer. So erhalten potenzielle Häuslebauer ein zehnjähriges Darlehen zur Baufinanzierung idealweise bereits für unter 1,5 %. Zum Vergleich: Vor nicht einmal 10 Jahren mussten Kunden hierfür noch Zinssätze von deutlich über 4 % bei ihrer Bank zahlen. Selbst wer heute kaum bis gar kein Eigenkapital zur Verfügung hat, kann – unter gewissen Rahmenbedingungen – bei mancher Kreditanstalt mit einem Zins von unter 2 % sein Wunschobjekt verwirklichen.

Spare in der Zeit, so hast du in der Not.

Den derzeitigen Umständen geschuldet werden somit auch in 2016 abermals viele Deutsche den günstigen Zinssatz für sich nutzen, um ihren Traum vom Haus zu erfüllen. Laut aktuellem Dr. Klein Trendindikator Baufinanzierung (Stand Oktober 2015) liegt die durchschnittliche Sollzinsbindung bei 12 Jahren und 9 Monaten und der Tilgungssatz bei 2,96 %. Folglich ist im Vergleich zu den Vorjahren ein Trend zu höheren Sätzen wie längeren Zeiträumen feststellbar. Grundsätzlich lässt sich jedoch bis dato konstatieren, dass nur wenige Darlehensnehmer den zinsbasierten Rückenwind vollständig nachhaltig nutzen und sich etwa eine möglichst lange Zinsfestschreibung wie hohe Tilgungsrate bis hin zur vollständigen Rückzahlung der Baufinanzierung sichern. In der Konsequenz bleibt für viele Immobilienbesitzer im Anschluss an die erste Zinsbindungsphase eine erhebliche Restschuld. Teilweise weit über 70 % der Darlehenssumme gilt es, in einer zweiten Phase mittels Anschlussfinanzierung weiter abzubezahlen. Ob in diesem Zusammenhang anstehende Prolongationen zu derzeitigen Niedrigzinskonditionen auch in 10 oder 20 Jahren zur Verfügung stehen, bleibt fraglich.

Rechtzeitig an die Anschlussfinanzierung denken.

Gut beraten sind diejenigen Immobilienbesitzer wie Vermittler, die sich frühzeitig mit dem Thema Anschlussfinanzierung auseinandersetzen. Um sich hierbei das derzeitige Tiefzinsniveau für eine Anschlussfinanzierung zu sichern, zeigt sich der klassische Bausparvertrag mitsamt seiner notwendigen Eigenkapitalbildung als beliebte Variante. Auch das so genannte Forward-Darlehen erlebt einen gesteigerten Zuspruch. Der Anteil besagter Hypothekenart liegt laut Dr. Klein Trendindikator inzwischen bei 16,64 % – was einem Nachfragewachstum gegenüber des vergleichbaren Vorjahreszeitraums von beinahe 5 % entspricht. Die Entwicklung zeigt, dass Immobilienkäufer sich tendenziell intensiver gegen steigende Zinsen abzuschirmen versuchen.

Alternative zur Zinssicherung: Wohnungsgenossenschaften

Dieses Modell will den Umweg über Banken bei der Eigenheimrealisierung oder Sicherung langfristig vermeiden. Beispielhaft bietet an dieser Stelle GenoBau Zielkauf über sein genossenschaftliches Nachhaltigkeitskonzept entsprechende Möglichkeiten zur Absicherung einer Anschlussfinanzierung an. Laut eigenen Angaben handelt es sich hierbei um eine Art von Zinsversicherung mit Beitragsrückgewähr. „Mitgliedern, die regelmäßig Genossenschaftsanteile erwerben, steht schon nach wenigen Jahren eine stattliche Investitionssumme für eine planbare zinssichere Anschlussfinanzierung des Eigenheims zur Verfügung“, erklärt Sven Meier, Vorstand Vertrieb der GenoBau Zielkauf eG. Der Eigenkapitalanteil des Mitgliedes sollte hierbei mindestens 10 % der Investitionskosten betragen. Eine Einmalzahlung des Eigenkapitals ist ausgeschlossen. „Die Grundidee ist eine respektvolle Weiterentwicklung des ‚Bausparen 2.0‘ mit geringerem Eigenkapital und einer viel längeren Zinssicherheit von 25 Jahren für die Investitionskosten“, so Meier.

Gleich ob Bank, Bausparkasse oder Genossenschaft …

Nicht nur, da jede Finanzierung einzigartig und individuell ist, wird vom Vermittler in diesem Zusammenhang erwartet, dass er den Kunden über Möglichkeiten als auch Verlustrisiken der differenten Anschlussfinanzierungsarten berät. Was geschieht mit der Finanzierung beziehungsweise Immobilie, wenn ein Kunde das Modell nicht mehr bedienen kann oder will? Was ist, wenn der Anbieter in Schieflage gerät? Fragen wie diese gilt es, im Sinne des Kunden umfassend zu beantworten. Einhergehend zur Zinssicherung kommt es für Eigenheimbesitzer darauf an, frühzeitig notwendiges Vermögen für etwaige Sondertilgungen innerhalb der Prolongation oder zur Verringerung der Darlehens- beziehungsweise Restschuld- rate aufzubauen. Die Anlageoptionen sind unterdessen vielfach wie komplex. Dies zeigt sich etwa über den in der Vergangenheit gern gewählten Weg, die Baufinanzierung über eine Lebensversicherung laufen zu lassen (s. finanzwelt-Ausgabe 05/2015 „Baufinanzierung – Fallstrick Hypothekenvortilgung & Co.“).

Nichts ist für immer.

Innerhalb des Finanziermodells als Ganzes sind es am Ende nicht selten unvorhersehbare Vorkommnisse oder Lebenssituationen wie Krankheit, Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Tod, die für eine Vielzahl von laufenden Baufinanzierungen Schwierigkeiten mit sich bringen. Nicht ohne Grund wechselten allein im ersten Halbjahr 2015 einmal mehr rund 20.500 Immobilienobjekte – und dies zu 30 % unter Verkehrswert – via Zwangsversteigerung den Besitzer. Umso bedeutsamer wird an dieser Stelle die Aufgabe eines profunden Beraters, der innerhalb einer bedarfsorientierten Beratung zusätzlich zur Vielzahl an Finanzierungsmöglichkeiten ganz und gar alle notwendigen Haftungsabsicherungen hinsichtlich möglicher unvorhersehbarer Ereignisse beim Kunden anspricht.

Ebenso gilt es, regelmäßig das bestehende Versicherungsverhältnis des Kunden zu überprüfen und gegebenenfalls zu modifizieren. Und so unromantisch es auch klingen mag: Bereits beim Immobilienkauf und der zumeist einfließenden Baufinanzierung sollten Kunden an die Folgen einer Scheidung denken. Laut aktuellem Zahlenwerk des Statistischen Bundesamtes wird mehr als jede dritte Ehe inzwischen geschieden. Nicht selten sind von dieser Entscheidung auch die eigenen vier Wände betroffen. Juristen raten an dieser Stelle, sämtliche Fakten via Ehevertrag zu sichern, damit es zumindest beim eigenen Haus nicht zum Rosenkrieg kommt und das Traumhaus nicht zum Luftschloss wird. (mo)

finanzwelt Special 06/2015 | Sachwertinvestments und Immobilien