Target2-Securities: Innovationstreiber oder Konsolidierungsdruck?

03.04.2014

Norman Nehls

Wo bislang eine fragmentierte Systemlandschaft sowie heterogene Strukturen den Markt für die Abwicklung von Wertpapieren in Europa prägten, soll mit der Target2-Securitues Initiative für Banken und Abwicklungshäuser (wie Verwahrstellen und Depotbanken) alles besser werden.

Mit der sogenannten „Single Settlement Engine for Europe" wird eine zunehmende Harmonisierung von bestehenden Infrastrukturen und gelebten Marktpraktiken vorangetrieben. All dies bleibt allerdings nicht vollkommen ohne Konsequenzen für die derzeitigen Marktteilnehmer. Der Drang zu einer grenzüberschreitenden Standardisierung bringt auch neue Anforderungen mit sich – wie bspw. an das Message System (SWIFT oder SIA & Colt), die Settlementzeiten (außerhalb von Deutschland gilt häufig noch T+3), die Übertragung von Sicherheiten sowie die Form der technischen Anbindungen an die T2S-Platform. Die Konsequenzen daraus sind nicht immer sofort ersichtlich. Klar ist allerdings: Die Harmonisierungsbestrebungen erhöhen den Konsolidierungsdruck am Markt für Abwicklungsinstitute. Steigende Kosten für die technische Infrastruktur und neue prozessuale Anforderungen erhöhen interne Kosten für die Abwicklung und Übertragung von Wertpapieren. Ferner wird seitens der EZB ein Gebührenmodell für die Einführungsperiode von T2S fest vorgeschrieben, welches es gilt, in die eigene Gebührenstruktur zu integrieren. Abwicklungsinstitute sollten sich überlegen, inwieweit diese Gebühren dazu führen, den Kunden ein neues Modell zu offerieren.

Abwicklungsinstitute, die sich bisher auf den lokalen Markt fokussiert haben, müssen sich Nischen suchen, um durch einen Know-how-Vorsprung bestehende Marktanteile halten zu können. Dennoch ist insbesondere bei den kleinen Instituten derzeit noch eine starke Zurückhaltung zu verzeichnen. Obgleich hier Synergien zu weiteren Investor-Services wie die Abwicklung von Kapitalmaßnahmen (new standards of „Corporate Action Working Group") oder Derivate-Produkten („European Market Infrastructure Regulation") durchaus für spezialisierte Anbieter mit individualisierbaren Lösungen sprechen.

Global agierende Institute können durch die neue T2S-Platform deren Vorteile weiter ausbauen. Hierzu zählen insbesondere die Reduzierung von Abwicklungskosten durch automatisierte Abwicklungsprozesse und Skaleneffekte sowie der länderübergreifende Transfer von Sicherheiten. Ferner ermöglicht T2S ein Abbau vorhandener Liquiditäts- sowie Settlementrisiken und damit eine Entlastung des Eigenkapitals − wie nach Basel II verlangt.

IT-Infrastruktur und Prozesse in der Wertpapierabwicklung gilt es stärker hinsichtlich Innovation und Effizienz auf den Prüfstand zu stellen – anderenfalls wird die Umsetzung von T2S in den nächsten Jahren eine deutliche Marktkonsolidierung erwirken. In anderen Märkten ist dies bereits zur Realität geworden. Während den Abwicklungsmarkt der USA noch wenige Institute dominieren, gibt es in Großbritannien derzeit keinen erwähnenswerten Anbieter mehr. In Europa (außer GB) hingegen zählen derzeit noch eine hohe zweistellige Anzahl an Instituten zu dem Markt der Abwicklungs- und Custody-Services. Insbesondere bei den Ver-wahrstellen werden wir mit T2S einen Verdrängungswettbewerb erleben. Effiziente Geschäftsmodelle werden dabei den Vorrang bekommen und kleine und mittlere Verwahrer vom Markt verschwinden.

Der Countdown läuft! Banken mit Sitz in Deutschland müssen sich bis Mitte 2015 über die Wahl der Anbindung entscheiden. Institute sind gut beraten, sich jetzt über die individuellen Auswirkungen von T2S auf das bestehende Geschäftsmodell die notwendigen Gedanken zu machen, um den Veränderungen aktiv zu begegnen.

(Autor: Norman Nehls, Senior Manager der Severn Consultancy GmbH)