SV lehnt neue Pflichtversicherung ab

28.06.2016

Pflichtversicherung - Nein danke. Die Assekuranz kann Risiken managen © Marco2811 - Fotolia.com

Die Idee einiger Politiker die Absicherung der Folgen von Schäden durch Unwetter und Starkregen über eine Versicherungspflicht zu lösen, halten die Experten der Assekuranz für völlig überflüssig.

2016-06-29 (fw/db) Die schweren Unwetter am vergangenen Wochenende lassen die Schadenzahlen der SV Sparkassen Versicherung nach oben schnellen. Die Assekuranz kann die Risiken und Schäden aber bestens managen. In Baden-Württemberg sind Elementarschäden sogar zu 95 Prozent als Risiken gedeckt. Die Politiker aus Stuttgart können sich darüber gerne in der SV-Zentrale am Löwentor aus erster Hand informieren lassen. Baden-Württemberg ist da bundesweit ein Vorbild. "Wir rechnen mittlerweile mit rund 18.000 Schäden aus der gesamten Unwetterserie seit dem 27. Mai. Damit wird der Aufwand für die Schäden über der 100-Millionen-Marke liegen. Genauere Zahlen können wir erst nach Abschluss der Trocknungen nennen", sagt Dr. Klaus Zehner, als verantwortlicher Vorstand Schaden/Unfall der SV Versicherung. Die häufigste Schadenursache sind Überschwemmungen durch Starkregen, nur ein kleiner Anteil ist auf Sturm und Hagel zurückzuführen.

Trocknung ist eine lösbare Herausforderung

"Ein Problem der vielen Überschwemmungen ist die Trocknung. Wir haben mittlerweile über 25.000 Trocknungsgeräte im Einsatz und schaffen auch aus dem Ausland neue Kapazitäten heran, da es  in ganz Deutschland keine Geräte mehr gibt", so Zehner. Eine Trocknung nach einem Überschwemmungsschaden dauert im Normalfall etwa vier Wochen. So lange müssen die Geräte laufen, bis es an die Renovierung gehen kann. Erst dann ist die Feuchtigkeit aus Wänden und Böden. "Wir prüfen die Feuchtigkeitswerte regelmäßig, erst wenn diese gut sind, kann mit der Sanierung begonnen werden. Das ist für viele Betroffene ein echtes Geduldspiel. Aber nur so können wir sicherstellen, dass sich auf den  renovierten Wänden kein Schimmel bildet. Denn damit wäre auch niemandem geholfen", sagt Peter Philipp, Hauptabteilungsleiter des Schadenbereichs. Die SV stellt nicht nur die Trocknungsgeräte, sondern erstattet auch die Stromkosten dafür.

Elementarschäden gilt es für jedes Haus sind zu decken

"Leider sind noch nicht alle Kunden gegen Überschwemmung versichert", sagt Zehner. Im bundesweiten Durchschnitt haben nur etwa 38 Prozent die nötige Elementarschadendeckung abgeschlossen. Eine Ausnahme bildet aus historischen Gründen Baden-Württemberg, wo die Quote einer erweiterten Deckung für Elementarschäden bei 95 Prozent liegt.  In Rheinland-Pfalz liegt die Quote bei 24 Prozent, in Hessen bei 27 Prozent und in Thüringen bei 44 Prozent.

Elementar-Risiken ohne Pflichtversicherung decken

Zu den wiederkehrenden Forderungen aus der Politik nach einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden hat die SV Versicherung als öffentlicher Versicherer eine klare Position. "Die Frage nach einer Versicherungspflicht für Elementarschäden stellt sich aus unserer Sicht nicht. Rechtlich ist sie nach breiter Einschätzung kaum durchsetzbar. Nicht umsonst hat sich das EU-Parlament schon 2014 gegen die Einführung einer europaweiten Pflichtversicherung ausgesprochen.  Dem hat sich auch die deutsche Justizministerkonferenz angeschlossen und sich deshalb gerade erst im Jahr 2015 klar gegen eine Pflichtversicherung für Deutschland ausgesprochen", so der Experte Dr. Klaus Zehner. Die SV Sparkassen Versicherung hält eine Pflichtversicherung für Elementarschäden nicht für sinnvoll.  Nahezu 99 Prozent der Risiken in Deutschland sind sehr einfach „vom Schreibtisch aus“ mit Hilfe von Geoinformationssystemen gegen Naturgefahren mit Standardprodukten versicherbar. Für die verbleibenden Risiken sind individuelle Lösungen im Zuge einer Risikobesichtigung vor Ort möglich. "Anders als in der Autohaftpflichtversicherung, in der es um den Schutz des Unfallopfers geht, ginge es bei einer Elementarschadenpflichtversicherung  um  den Schutz des eigenen Eigentums, wozu niemand gezwungen werden sollte.  Sein Hab und Gut zu versichern liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen. Pflichtversicherung bedeutet auch Aufbau von Bürokratie, das hieße - alles wird umständlicher und teurer. Es gibt dafür in der Wohngebäudeversicherung in Deutschland einen funktionierenden Markt. Daher gibt es in Deutschland aus unserer Sicht keinen Bedarf für eine Pflichtversicherung gegen Naturgefahren", kommentiert Experte Dr. Klaus Zehner die Wünsche und Vorstellungen aus der Politik. "Als einer der größten Gebäudeversicherer Deutschlands halten wir eine Pflichtversicherung zudem aus Anreizperspektive nicht für eine adäquate Lösung des Problems. Welcher Versicherungsnehmer würde denn in einer solchen Situation freiwillig in Schutzvorrichtungen investieren? Gleichzeitig kann es nicht Aufgabe der Politik sein, bei Naturkatastrophen dauerhaft Menschen mit Steuermitteln zu begünstigen, die keinen Versicherungsschutz abgeschlossen haben, obwohl sie dies hätten tun können. Bei der SV kostet beispielsweise die Versicherung eines normalen Einfamilienhauses in der gefährlichen Risiko Zone 4 in der Gebäudeversicherung 1 Euro und 36 Cent am Tag. Es ist deshalb richtig, dass sich die Politik vor allem auf die Ausweitung der Schutzmaßnahmen konzentriert. Dazu sollten etwa eine restriktive Ausweisung von Bauland und die Ausweitung von Überflutungsflächen neben Flüssen gehören. Der Neubau von Gebäuden in Überschwemmungsgebieten sollte als Tabu gelten. Und ein wirksamer Hochwasserschutz mittels Dämmen sollte ergänzt werden durch eine Renaturierung von Gewässern. Diesen Weg gilt es konsequent weiter zu verfolgen", fordert Zehner.

Unwetter verursachen in Regionen auch Schäden an Fahrzeugen

Die Westfälische Provinzial meldet dass durch die schweren Gewitter in Westfalen allein für das vergangene Wochenende mit 7.500 Schäden in Höhe von 25 bis 30 Millionen Euro gerechnet werde. Die Unwetter von Mitte Mai bis Anfang Juni schlagen zudem nach Unternehmensangaben mit rund 18 Millionen Euro zu Buche. Besonders betroffen waren Coesfeld, Lienen, Bocholt, Steinfurt, Borken, Rahden, Espelkamp, Stemwede und Rheine. Neben den Überschwemmungen sowie Sturm- und Blitzschäden wurden laut der Provinzial vor allem in Coesfeld, Ibbenbüren und Espelkamp zahlreiche Fahrzeuge durch Hagel erheblich beschädigt. Aufgrund der Vielzahl von Hagelschäden werden in Coesfeld, Ibbenbüren und Espelkamp auch Sammelbesichtigungen durchgeführt. Insgesamt rechnet die Provinzial allein mit rund 2.000 Schäden an den versicherten Kraftfahrzeugen am vergangenen Wochenende.