Stein auf Stein

12.06.2016

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Betongold ist weiter hoch im Kurs. Für die Altersvorsorge setzen viele Deutsche auf die eigene Immobilie, während sie alternative Vorsorgeprodukte wie Aktien, Fonds oder Lebensversicherungen fast schon verschmähen. Auch professionelle Investoren greifen zu Immobilieninvestments, um Rendite zu erzielen.

Neben den nach wie vor sehr beliebten A-Städten, weichen einige Marktakteure auf der Suche nach risikoadäquaten Investments öfters auf kleinere Märkte aus. In der Pflicht bleibt die Politik, die den Wohnungsbau fördern muss. Das Niedrigzinsumfeld ist kein kurzes Intermezzo. Das Gegenteil ist der Fall. Thomas Voßkamp, Vorstand der unabhängigen Immobilienberatungsgesellschaft bulwiengesa, kommentierte dies im Januar 2016 wie folgt: „Anleger müssen bei den derzeit niedrigen Zinserwartungen rentable Investitionsgüter finden. Und das sind Immobilien.“ Hinzu kommen relativ schwankungsintensive Aktienmärkte. Berater kommen fast nicht umhin, ihren Kunden ein wie auch immer geartetes Immobilieninvestment anzubieten. Andererseits, wie so oft bei vermeintlich stark steigenden Märkten, mehren sich Zweifel an der Nachhaltigkeit des Trends. Sind Wohnimmobilien noch lukrativ? Ja, sie bleiben es. Dennoch lohnt ein Abklopfen der individuellen Standortbestimmungen auf ihre Attraktivität und Renditeträchtigkeit.

Beste Lagen bleiben teuer

Die deutschen Großstädte erfreuen sich großer Beliebtheit. Ob nun im hohen Norden oder in der bayerischen Metropole, viele Menschen zieht es direkt oder zumindest in den Speckgürtel der so genannten A-Standorte. Das Leben in der Großstadt hat aber auch Schattenseiten. Es ist teuer. München ist das London Deutschlands. Laut Statistiken mussten Interessenten für Ein- und Zweifamilienhäuser hier 7.200 Euro pro Quadratmeter zahlen, für eine Eigentumswohnung wurden in der bayerischen Landeshauptstadt durchschnittlich 4.000 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Es geht noch besser: Im beliebten Schwabing entstehen momentan neue Wohnungen, die laut Medienberichten zu Preisen von 7.300 bis 9.000 Euro pro Quadratmeter angeboten werden. Für den Normalverbraucher unerschwinglich. Doch trotz zuletzt gestiegener Preise in den beliebten Großstädten wie München, Hamburg, Frankfurt oder Stuttgart stehen Immobilien auch dort hoch im Kurs. „Deutschland sieht sich einem zweigeteilten Markt gegenüber: Die hohe Nachfrage konzentriert sich auf die Metropolregionen sowie attraktive Mittelstädte. Insbesondere in den 7 A-Städten herrscht akute Wohnungsnot. Abseits der Top 7 sehen wir durchaus interessante Regionen wie Leipzig und Dresden aber auch Mittelstädte wie Freiburg oder Regensburg, die wir allerdings aufgrund ihres aus unserer Sicht in kommenden Jahren eingeschränkten Marktpotenzials nicht berücksichtigen“, sagt Wolfgang Dippold, Vorstand der PROJECT Investment Gruppe. Sven Meier, Vertriebsvorstand GenoBau Zielkauf eG, ergänzt in diesem Kontext: „Ich würde in Bayern aktuell den Standort Kempten im Allgäu als interessant beurteilen, da hier die Grundlagen gerade nach meiner Meinung durch die Erweiterung einer Fachhochschule extrem stimmig sind.“ Insgesamt weist der bulwiengesa-Immobilienindex für 2015 erneut eine deutliche, segmentübergreifende Preissteigerung von +3,7 % aus. Der Teilindex Wohnen liegt mit einer Steigerung von +4,2 % vorn, allerdings falle das Wachstum leicht hinter die Werte der Jahre 2011 bis 2014 zurück, so bulwiengesa.

Nicht nur Metropolregionen interessant

Wesentliche Fragen, die Berater und Investoren weiter umtreiben, betreffen die mögliche Attraktivität einzelner Regionen für Wohnungsanlagen und den Kernpunkt, ob die politischen Entscheidungsträger die richtigen Stellschrauben justiert haben, um den Knappheiten auf den Wohnungsmärkten angemessen zu begegnen. Zum 1. Aspekt ist anzumerken, dass laut einer Postbank-Studie aus dem vergangen Jahr in etwa der Hälfte der 402 deutschen Kreise und Städte Haus- oder Wohnungsbesitzer davon ausgehen können, die eigene Immobilie später mit Gewinn verkaufen zu können. In einem weiteren Viertel finden Immobilieneigentümer immerhin noch gute Bedingungen für eine stabile Wertentwicklung. Demnach sollten Kaufinteressenten mit schmalerem Budget insbesondere in Mainz, Münster und Rostock näher hinschauen, da sich dort attraktive Kaufangebote finden würden, die sich auch als Geldanlage eigneten. In diesen Städten seien die Immobilienpreise im Vergleich zum Mietniveau momentan niedrig, würden aber voraussichtlich schnell steigen, so die Postbank. So ist Münster beispielweise mit den ca. 300.000 Einwohnern die zehntgrößte Stadt Nordrhein-Westfalens. Seit der Jahrtausendwende hat die Stadt 2.400 Einwohner pro Jahr hinzugewonnen. Bei der Attraktivitätsbeurteilung spielt eine große Rolle, dass die Unistadt mit ihren mehr als 50.000 Studenten eine sehr wichtige Nachfragegruppe spielt. Dieses Beispiel untermauert eine Aussage, die ganz zentral und für potenzielle Investoren und Beraterschaft richtungsweisend ist. „Lebensqualität und wirtschaftliche Entwicklung sind Bedingungen, die die Nachfrage der Haushalte maßgeblich beeinflussen“, erläutert Klaus Freiberg, Chief Operating Officer der börsennotierten Vonovia SE. Auf der anderen Seite gibt es in Teilen Ostdeutschlands (Grenzgebiet zu Polen) sowie ausgewählten Gemeinden im Ruhrgebiet nur zaghafte Tendenzen des Wachstums. Ein Kauf in einer wirtschaftlich uninteressanten Gegend ist eben trotz finanzieller Anreize nicht lohnenswert. Das führt zwangsläufig zur Politik, die an den Stellschrauben dreht.

Ausweisung von Bauland beschleunigen

Mit der teilweise seit einem Jahr regional gültigen Mietpreisbremse möchte die Politik per Gesetz den rasant steigenden Mieten in den Großstädten Einhalt gebieten. Doch wirkt sie? Eine aktuelle Studie im Auftrag des Berliner Mietervereins sagt aus, dass die Mieten in unserer Bundeshauptstadt trotz Preisbremse weiter ansteigen. Die Mietpreise in der Hauptstadt seien im Schnitt um 31 % höher als zulässig, so das Fazit. Ähnliche Berichte gibt es aus München. „Die Mietpreisbremse ist ein staatlicher Eingriff in die freie Marktwirtschaft, in der Angebot und Nachfrage den Preis regeln. Viel hilfreicher wäre die beschleunigte Ausweisung von Bauland in den Metropolregionen. Sie ist eine weit effektivere Möglichkeit zur Mietpreisregulierung“, meint PROJECT-Vorstand Dippold. In diesen eher kritischen Tenor stimmt auch Vertriebsvorstand Meier ein und bemerkt, dass sich die Frage stelle, welche realistischen Interessen die Politik vertrete, wenn sie sich in die Wirtschaft einmische, zumal wir im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern ein sehr niedriges Mietniveau hätten. (hsd) Fazit Die Nachfrage nach deutschen Wohnimmobilien bleibt stark. Nicht zuletzt der Mangel an attraktiven Anlagemöglichkeiten lässt das Betongold erstrahlen. Dies gilt sowohl für private Käufer, die entweder für den Eigenbedarf oder als Kapitalanlage in Wohnungen investieren möchten, aber auch für institutionelle Anleger, die verstärkt in Wohnungsportfolios investieren.   (Wohnimmobilien , finanzwelt Special 03/2016 , Sachwertinvestments und Immobilien)