Sportwetten sind keine seriöse Finanzanlage

05.06.2018

Lars Brandau, Geschäftsführer Deutscher Derivateverband / Foto: © Deutscher Derivateverband

Nahezu Halbzeit im Kapitalmarktjahr 2018. Zeit für ein kleines Zwischenfazit. Was läuft gut auf dem Markt für strukturierte Wertpapiere? Wo geht die Reise hin? Und sind Sportwetten eine für jedermann sinnvolle, seriöse Portfoliobereicherung? Im Vorfeld der Fußball-WM sprachen wir hierzu und zu weiteren Aspekten mit Lars Brandau, Geschäftsführer Deutscher Derivate Verband.

finanzwelt: Herr Brandau, der bisherige Jahresverlauf ließ uns immer wieder aufhorchen. Politische Spannungen rings um den Globus, doch die Anleger scheint das bis dato nur wenig aus der Ruhe zu bringen. Täuscht der Eindruck?

Brandau: Zumindest wurden diejenigen eines Besseren belehrt, die für die ersten Monate in 2018 heftige und nachhaltige Kursrücksetzer erwartet hatten. Und es überrascht schon, dass die nunmehr seit neun Jahren andauernde Aufwärtsbewegung an den Märkten noch immer weitgehend intakt zu sein scheint. Jenseits des kurzzeitigen Abschwungs im Februar hält sich der Markt doch vergleichsweise stabil. So notiert der DAX aktuell um den Jahresauftakt. Und dennoch sollten Anleger, trotz verhältnismäßig guter wirtschaftlicher Daten, speziell die politischen Turbulenzen beispielsweise in Italien und Spanien nicht aus dem Blick verlieren.

Insofern könnten uns ereignisreiche Wochen bevorstehen; einen vergleichsweise nachrichtenarmen Sommer sehe ich nicht. Das bedeutet für Anleger, dass es nicht schaden kann, immer mal ein Auge auf die Märkte zu werfen und das Portfolio entsprechend abzusichern oder zu reallokieren.

finanzwelt: Welche Trends zeichnen sich vor diesem Hintergrund auf dem Markt für strukturierte Wertpapiere ab?

Brandau: In den zurückliegenden Monaten haben wir durchaus einen bewegten Handel verzeichnet. In der Spitze lagen die monatlichen Handelsumsätze bei knapp 4 Mrd. Euro. Indizes und Aktien als Basiswerte dominieren weiterhin eindeutig, das sowohl bei den Anlage- als auch Hebelprodukten. Insgesamt pendelt das Zertifikate-Volumen um die 70 Mrd. Euro, aber auch hier sind Verschiebungen durchaus sichtbar. So steigen beispielsweise die in strukturierte Anleihen investierten Gelder seit geraumer Zeit. Auch Express-Papiere erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit. Gut ein Fünftel des in Anlagezertifikate investierten Volumens (13,5 Mrd. Euro) waren im ersten Quartal in diese Strukturen allokiert. Und in seitwärtslaufenden Märkten könnten auch die Klassiker Discount und Bonus vermehrt im Fokus der Anleger stehen. Insofern findet jeder sein passendes Produkt; vorausgesetzt, er hat eine dezidierte Marktmeinung.

finanzwelt: In den kommenden Wochen dominiert die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland das öffentliche Interesse. Welche Rolle spielen Finanzprodukte rund um dieses Ereignis?

Brandau: Spätestens mit dem Anpfiff des Eröffnungsspiels schlägt wieder die Stunde der Wettprofis, die beispielsweise mit Fußball-Zertifikaten auf den Titelgewinn eines der Teilnehmerländer spekulieren. Allerdings dienen Fußball-Zertifikate keinesfalls dem Vermögensaufbau oder der Altersvorsorge. Auch wenn Millionen Fußballfans und Anleger beim größten Sportereignis der Welt mitfiebern, so muss jedem auch klar sein, dass Sportwetten-Zertifikate keine sinnvolle Bereicherung in der klassischen Finanzanlage sind. Mit seriöser Geldanlage haben diese Finanzprodukte trotz ihres Börsenlebens nichts zu tun.

finanzwelt: Abseits des Marktgeschehens, was bewegt Sie derzeit im Verband?

Brandau: Auf der einen Seite ist da natürlich das omnipräsente Thema der Regulierung. Nun ist die MiFID II-Richtlinie seit Januar in Kraft, aber es ist wohl nicht vermessen zu sagen, dass die Regulierungsflut damit nicht gestoppt ist. Allein schon die Umsetzung von MiFID II war für die gesamte Finanzbranche, vom Vertrieb über die Emittenten bis hin zu Dienstleistern, mit erheblicher Mehrarbeit verbunden. Nun wäre es wohl ganz angebracht, eine Beurteilung des Nutzens dieses Großregelwerks vorzunehmen. Inwieweit nutzen die Regularien dem Berater und Anleger? Kann überhaupt noch eine nutzenstiftende Beratungsleistung vorgenommen werden? Das gilt es sorgsam abzuwägen.