„Schaut auf die Anzahl der Haushalte“

10.11.2021

John Bothe, CEO Silberlake Real Estate Group GmbH / Foto: © Silberlake Real Estate Group GmbH

Wenn die Bevölkerung wächst, dann steigt auch die Nachfrage nach Wohnraum. Diese einfache Grundregel, die Politik und Immobilienwirtschaft ihren Berechnungen und Forderungen zugrunde legen, mag zwar stimmen. Ich halte sie aber für zu ungenau. Denn nicht die absolute Anzahl der Bevölkerung an einem bestimmten Standort entscheidet über den Wohnraumbedarf, sondern vor allem die Anzahl der Haushalte – und hier ist die Entwicklung deutlich frappierender.

In den vergangenen Jahrzehnten ist die Anzahl an Haushalten in Deutschland massiv gestiegen. Gab es 1991 noch 35,3 Millionen Haushalte, so stieg die Zahl bis 2018 um 6,1 Millionen auf 41,4 Millionen Haushalte. Und diese Tendenz setzt sich, wenn auch etwas abgeschwächt, weiter fort. Bis zum Jahr 2040 wird die Anzahl der Haushalte auf 42,6 Millionen ansteigen.

Der Grund dafür ist so einleuchtend wie folgenschwer. Die Zahl der Haushalte steigt viel stärker als die Bevölkerungszahl, weil immer mehr Menschen allein wohnen. Schon bald werden 25 % der deutschen Bevölkerung in Single-Haushalten leben. Und wenn man zudem berücksichtigt, dass neben immer mehr jungen Single-Haushalten demnächst auch die Babyboomer in ein Alter kommen, in dem sie – wieder – alleinstehend sind, dann wird klar, dass diese Zahlen sogar recht konservativ berechnet sind.

Angepasste Konzepte werden gebraucht

Wohnungswirtschaft und Wohnungspolitik sollten sich diese Entwicklung zu Herzen nehmen. Die steigende Anzahl an Haushalten und die sinkende Haushaltsgröße erfordern angepasste Wohnkonzepte. Fest steht schon jetzt: Mit durchschnittlichen Wohnungsgrößen von beinahe 92 m², wie wir sie aktuell haben, wird sich der Haushaltsbedarf bei weitem nicht abdecken lassen. Denn selbst wenn die Bevölkerungszahlen in den Metropolen in den kommenden Jahren stagnieren oder leicht rückläufig sein sollten, wird das kaum noch Auswirkungen auf die Anzahl der Haushalte haben können.

Wir brauchen daher im Neubau wie im Bestand kleinere Wohnungen und effizientere Grundrisse. Die kommenden Jahre der Modernisierungen des deutschen Wohnbestandes bieten dafür die besten Voraussetzungen. Umso wichtiger ist es, dass die nächste Bundesregierung die energetischen Fördermaßnahmen, die sie für den Wohnraum plant, nicht nur den berechtigten ökologischen Zielsetzungen unterordnet, sondern dafür auch die Entwicklung der Haushaltszahlen und den Bedarf an Wohnfläche je Wohneinheit berücksichtigt. Auch hier ist die Rechnung nachvollziehbar. Auf 200 m² Fläche lassen sich zwei Wohnungen mit 100 m² oder drei Wohnungen mit 67 m² errichten. Für mich steht fest, dass der Investor, der auf gleichem Raum mehr Wohneinheiten schafft, auch mehr Förderung erhalten sollte. Denn je mehr Wohneinheiten es gibt, desto besser wird auch der Bedarf an Wohnraum gedeckt.

Gastbeitrag von John Bothe, CEO der Silberlake Real Estate Group GmbH