Sarasin: Rettung Italiens nötig und möglich

07.02.2013

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Dr. Jan Amrit Poser, Chefökonom bei der Bank Sarasin & Cie AG, fordert in einer aktuellen Kolumne ein klares Bekenntnis der europäischen Politiker zur Rettung Italiens. Die entscheidende Rolle käme hierbei der EZB zu.

(fw/ah) "Am Montag hat der italienische Staat bei der Begabe zwölfjähriger Anleihen 7,3 Prozent zahlen müssen. Dieses Zinsniveau hat in der Vergangenheit ausgereicht, Griechenland, Irland und Portugal unter den Schutz des EU-Rettungsschirms zu stellen. Der Durchschnitt der Zinsen, die Italien auf seine gesamten Schulden zahlt, liegt nach Daten des Internationalen Währungsfonds (IMF) momentan bei 4 Prozent. Müsste es ab 2012 durchschnittlich 7 Prozent Zinsen zahlen, würde sich der Schuldenstand auf einen explosiven Pfad begeben. Sollte Italien gerettet werden? Die Antwort ist ein klares Ja. Das Problem sind die selbsterfüllenden Erwartungen der Investoren. Denn auch wenn Italien ein exorbitanter Schuldenstand von 120 Prozent vom BIP drückt, und auch wenn der Internationale Währungsfonds (IMF) das Wachstum in den nächsten Jahren auf schneckenhafte 1,2 Prozent schätzt, hat Italien einen Vorteil, den nur wenige andere Industriestaaten (Deutschland, die Schweiz und Schweden) mit ihm teilen: einen staatlichen Primärüberschuss (Staatssaldo vor Zinszahlungen), der 0,5 Prozent vom BIP beträgt. Wenn dieser gemäß den Zahlen des IMF ab 2013 auf über 4 Prozent vom BIP steigt, wird der Schuldenberg im Vergleich zum BIP von seinem Gipfel von 121,4 Prozent im Jahr 2012 auf 114,1 Prozent im 2016 fallen. Der Befund ist klar: Italien hat während der letzten Jahre keine exzessive Schuldenmacherei betrieben und ist solvent. Italiens größtes Problem war bislang die Politik. Solange der sprunghafte Silvio Berlusconi regierte, zweifelten die Finanzmärkte nicht nur an Wachstumspotenzial und Sparwillen Italiens, sondern auch daran, dass die EU-Behörden und der IMF im Notfall einspringen würden. Durch die Ernennung Mario Montis zu einem unparteiischen und technokratischen Premierminister, dessen einziges Ziel es ist, das Spar- und Reformprogramm auf den Weg zu bringen, hat Euroland nun einen Garanten für die Reformpolitik erhalten. Jetzt sind die europäischen Partner Italiens am Zuge ihren Beitrag zu leisten, dass Italien nicht zum Opfer sich selbst erfüllender Erwartungen wird. Das Problem ist jedoch, dass Europa aus vertraglichen Gründen die Hände gebunden sind. Eurobonds können nicht ohne Vertragsänderungen eingeführt werden. Die letzte Aufstockung des Euro-Rettungsschirms war nicht ausreichend, um die immer tiefer in die Krise fallenden Eurostaaten zu retten. Durch die angedachte Versicherungslösung, welche die Mittel der EFSF effizient nutzen soll, stehen lediglich EUR 800 Mrd. und nicht die erwartete Billion zur Verfügung. Es muss ein größeres Kaliber her, um eine Panik an den Finanzmärkten abzuwenden. Nur die Europäische Zentralbank (EZB) kann durch Anleihenkäufe die Zinsen in Schach halten. Angesichts der Tatsache, dass sie sich damit zur Geisel der Politik machen könnte, ist ihre Zurückhaltung jedoch verständlich. Doch im Extremfall wird sie der Kreditgeber der letzten Zuflucht sein müssen - wie in anderen Währungsgebieten üblich."

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